Dezember 2003 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Dezember 2003 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Dezember 2003 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
studentisches<br />
Stets offene Ohren für Probleme<br />
Die SprecherInnen des Studierendenrats<br />
Der Studierendenrat der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> hat drei neue Allgemeine<br />
SprecherInnen. Sie heißen Anne Neumann,<br />
Anja Worm und Dirk Missal.<br />
Studierende können an sie alle Anfragen,<br />
Probleme und Ideen herantragen<br />
....................................................................................................<br />
(Sprechzeit: dienstags 18–20 Uhr, Studierendenrat,<br />
<strong>Universität</strong>splatz 7,<br />
Raum 26, 1. Etage).<br />
E-Mail-Anfragen können an die Adresse<br />
sprecher@stura.uni-halle.de geschickt<br />
werden. Und zur Sprechzeit<br />
sind sie natürlich auch telefonisch unter<br />
der Nummer 0345 55-21411 erreichbar.<br />
Im olgenden stellen sich die<br />
SprecherInnen persönlich vor.<br />
Anne Neumann<br />
Ich studiere Dipl.-Psychologie im fünften<br />
Semester. Ich möchte mich für die<br />
Interessen der Studierenden einsetzen<br />
und alle demokratischen Möglichkeiten<br />
nutzen, um diese zu vertreten. Deshalb<br />
bin ich Allgemeine Sprecherin des<br />
Studierendenrates geworden und vertrete<br />
diesen nach außen. Da ich mich<br />
nicht nur politisch sondern auch sozial<br />
gern engagiere, bin ich zusätzlich daran<br />
interessiert, den Studentinnen und<br />
Studenten so gut wie möglich in problematischen<br />
Lebenssituationen und<br />
In <strong>Halle</strong> zu Hause<br />
Wie ein ausländischer Unistudent unsere Stadt erlebt<br />
Die Wahrscheinlichkeit, eine fremde<br />
Sprache auf <strong>Halle</strong>s Straße zu hören,<br />
ist, im Vergleich zu andern Städten –<br />
besonders zu denen in den alten Bundesländern<br />
– ziemlich gering. Dort<br />
....................................................................................................<br />
wissen manche Leute nicht einmal, wo<br />
<strong>Halle</strong> liegt. Es interessiert sie nicht,<br />
dass vor mehr als 500 Jahren ganz in<br />
der Nähe ein Mann gelebt und gewirkt<br />
hat, dem sie es zu verdanken haben,<br />
sich heute Protestanten nennen zu dürfen.<br />
Sie wissen nicht, dass der Komponist,<br />
der die Wassermusik und den<br />
Messias mit seinem berühmten <strong>Halle</strong>luja<br />
geschrieben hat, in dieser Stadt<br />
geboren wurde. Mit <strong>Halle</strong> verbinden<br />
sie nur „ehemalige DDR“ und „Industriestadt“.<br />
Gut, <strong>Halle</strong> ist nun mal so bekannt, wie<br />
es ist; es hat angeblich „nicht viel zu<br />
bieten“, so dass Ausländer kaum angeregt<br />
werden, hierher zu kommen. In<br />
<strong>Halle</strong> gibt es zwar die <strong>Universität</strong>, zwei<br />
künstlerische Hochschulen und die<br />
ranckeschen Stiftungen, die in ihrer<br />
Art und als Wiege des Pietismus in der<br />
Welt einmalig sind. Aber ist das alles<br />
so sensationell, um den Blick der Welt<br />
auf diese Stadt zu lenken? Trotzdem –<br />
ein „verschlafenes Nest“ ist <strong>Halle</strong> auf<br />
bei ihrer Planung des Studiums helfen.<br />
Ich bin deshalb stellvertretende Sprecherin<br />
für Soziales und wirke bei der<br />
Vergabe der Sozialdarlehen und in der<br />
Sozialberatung der Studenten mit.<br />
Anja Worm<br />
Ich studiere im Hauptfach Politikwissenschaft<br />
(viertes achsemester) und<br />
bin seit Mai im StuRa vertreten. Als Allgemeine<br />
Sprecherin arbeite ich in den<br />
überregionalen studentischen Gremien<br />
mit. Die SprecherInnen wirken zudem<br />
als Repräsentation des StuRas gegenüber<br />
der <strong>Universität</strong> und dem Land. Inhaltlich<br />
wichtig ist dabei immer die<br />
Hochschulpolitik. Ich übernehme<br />
hauptsächlich die Öffentlichkeitsarbeit<br />
der Allgemeinen SprecherInnen, deren<br />
Aufgabe vor allem die Außenrepräsentation<br />
des Studierendenrates ist.<br />
Dirk Missal<br />
Ich studiere im siebenten Semester Ingenieur-Informatik<br />
am achbereich Ingenieurwissenschaften.<br />
ür diesen<br />
achbereich bin ich in der dritten Legislatur<br />
im Studierendenrat. Zum StuRa<br />
bin ich ursprünglich gekommen, um<br />
mich gegen Kürzungen und für meinen<br />
oto: Margarete Wein<br />
keinen all und für seine Bewohner ist<br />
es ein Ort voller Veränderung.<br />
Vielleicht ist das Hören einer fremden<br />
Sprache für die <strong>Halle</strong>nser nichts Besonderes,<br />
aber für mich als Ausländer<br />
ist es das. Wenn ich irgendwo, bei einer<br />
Tasse Kaffee, ranzösisch oder<br />
Englisch höre, lausche ich genau und<br />
mich überkommt die Lust mitzureden.<br />
Das tue ich natürlich nicht, weil ich<br />
überhaupt keinen Grund dazu habe.<br />
Vielleicht verstehe ich ja gar nicht, was<br />
da gesprochen wird. Dann schließe ich<br />
eine Wette mit mir selbst ab: Ich versuche<br />
zu erraten, welche Sprache gesprochen<br />
wird. Ich versuche Sprachnuancen<br />
herauszuhören: Sprechen die<br />
Menschen gerade kanadisches oder<br />
französisches ranzösisch, kanadisches<br />
oder südafrikanisches Englisch,<br />
Norwegisch oder Schwedisch? Oder<br />
sind es österreichische Besucher?<br />
Kommen sie aus Wien, Linz, Salzburg<br />
oder Innsbruck?<br />
Man liest Zeitungen, man hört ernsehberichte,<br />
man kennt Statistiken und<br />
man kennt die öffentliche Meinung ...<br />
Das alles ist nicht sehr rosig. <strong>Halle</strong> soll<br />
ja tatsächlich eine „gefährliche Stadt“<br />
sein – Ausländern gegenüber. Um ehr-<br />
oto: Jan Wioland<br />
Die drei Allgemeinen SprecherInnen des Studierendenrats, von links unten nach rechts oben: Anne Neumann,<br />
Anja Worm, Dirk Missal<br />
achbereich stark zu machen. Schnell<br />
habe ich erkannt, wie wichtig der<br />
Studierendenrat für die Vertretung der<br />
Interessen der Studierendenschaft ist,<br />
um z. B. gute Studienbedingungen zu<br />
erhalten und für den freien Bildungszugang<br />
zu kämpfen. Als Allgemeiner<br />
Sprecher bin ich nun schon das zweite<br />
Jahr gewählt.<br />
Monika Lindner/Anne Neumann/<br />
Anja Worm/Dirk Missal<br />
Gegen Kaputtsparzwang:<br />
Protest von 8 000 Uni-Angehörigen<br />
Vom Uniplatz über Opernhaus, Hansering, Waisenhausring, Schmeerstraße und<br />
Markt zum Steintor – das war die Route der Studierenden, Lehrenden und anderen<br />
<strong>Universität</strong>sangehörigen am Donnerstag, dem 20. November <strong>2003</strong>. Allen<br />
voran ein Schinderkarren, auf dem „der Kultusminister“ wechselweise die Peitsche<br />
schwang und Bonbons in die Menge schmiss.<br />
Motiviert vom eigenen Zorn und ermutigt von Grußadressen aus Berlin, Augsburg,<br />
Mainz und anderen <strong>Universität</strong>en, redeten die Studis Klartext: Plakate gaben<br />
kund „Ich bin doch zu viel“, „Nur eins ist teurer als Bildung: Keine Bildung!“,<br />
„Bädschlehr & Mahsda – klar: ohne Englisch!“ Eine drastische Karrikatur prangerte<br />
die „Kastration der Bildung“ an.Bei der Abschlussdemo sprach Rektor<br />
Grecksch von der schwierigen „Gratwanderung zwischen Kreativität und Steuerung“.<br />
Auch ihm war klar: „Das ist erst der 1. Streich“. MaWe<br />
Zur Person:<br />
Der Autor ist rumänischer Staatsbürger, lebt seit<br />
drei Jahren in <strong>Halle</strong> und studiert an der <strong>Martin</strong>-<br />
<strong>Luther</strong>-<strong>Universität</strong> Musik und ranzösisch auf Lehramt.<br />
Gegenwärtig bemüht er sich um die deutsche<br />
Staatsbürgerschaft bzw. um die „frühzeitige Einbürgerung“.<br />
lich zu sein, habe ich die Ausländerfeindlichkeit<br />
oder -freundlichkeit nicht<br />
ausgereizt, aber mir ist noch nie etwas<br />
Unangenehmes passiert. Ich habe auch<br />
Acht gegeben, indem ich in gewissen<br />
Situationen einfach den Mund gehalten<br />
habe.<br />
Was letztlich diese Stadt von andern<br />
unterscheidet, ist die Offenheit, auf die<br />
man hier unverhofft stößt. Im Stadtbild<br />
tummeln sich eine Vielzahl von Menschentypen,<br />
denen man nie im Leben<br />
unterstellen könnte, sie hätten dem<br />
„Nullachtfünfzehn-Ausländer“ gegenüber<br />
einen bösen Gedanken. Außerdem:<br />
Wie kann ein Hiesiger einen Ausländer<br />
erkennen, wenn er dieselbe<br />
Sprache spricht und genau so aussieht<br />
wie er selbst?<br />
Seit dem ich meine Heimat verlassen<br />
habe, fühlte ich mich noch nie so wohl<br />
wie in <strong>Halle</strong>. Diese Stadt ist zu meiner<br />
neuen Heimat geworden. Vielleicht<br />
klingt das etwas pathetisch oder sogar<br />
kitschig, aber es ist so. Zu Hause ist<br />
man immer dort, wo man sich wohl<br />
fühlt, weil die Umgebung dafür spricht<br />
und weil man von den andern angenommen<br />
wird. In den andern Orten, in<br />
denen ich bis jetzt gelebt habe, stimmte<br />
alles, außer der Tatsache, dass dort<br />
die Menschen sehr unfreundlich waren.<br />
Als ich einmal gefragt wurde, weshalb<br />
ich von Salzburg nach <strong>Halle</strong> gewechselt<br />
habe, antwortete ich ganz einfach:<br />
„Ich ging nach <strong>Halle</strong>, weil dort die<br />
Menschen eine Seele haben, die sie<br />
auch bereit sind zu zeigen ...“<br />
Stefan Nistor Popa