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Umgang mit Kinderarmut am Beispiel von <strong>Göttingen</strong><br />
3.3.4 Zunehmende Unsicherheit (Zwischenfazit)<br />
Eine Zunahme von brüchigen Erwerbsverhältnissen, der Abbau und der Rückbau, bzw.<br />
die Privatisierung staatlicher, sozialer Sicherungssysteme, die Flexibilisierung der zuvor<br />
tarifvertraglich abgesicherten Beschäftigungsverhältnisse führen vermehrt zu<br />
Unsicherheiten (vgl. Butterwegge/Klundt/Belke-Zeng 2008: 61; Hirsch 2002: 105). Die<br />
Maßnahmen, um staatliche Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern betreffen<br />
Arbeitnehmer/innen nicht nur unmittelbar. Die Privatisierung öffentlicher Dienstleitungen<br />
und allgmeiner Lebensrisiken beispielsweise von Rentenversicherungen, schaffen<br />
zusätzliche Einschränkungen der gesellschaftlichen Teilhabe. Durch die Flexibilisierung<br />
von Kapitalströmen, beispielsweise durch Freihandelszonen, begeben sich Staaten<br />
verstärkt in die Abhängigkeit von multinationalen Unternehmen, um Investitionen im<br />
Zuge der Standortkonkurrenz zu sichern (vgl. Hirsch 2002: 111). „Aus der Perspektive<br />
finanzmarktgetriebener Akkumulation 10 werden Löhne, Arbeitszeiten und<br />
Arbeitsbedingungen zu einer Restgröße, die flexibel an Markterfordernisse angepasst<br />
werden müssen“ (Dörre 2005: 185). Es kommt also zu einer Prekarisierung der<br />
Lebensverhältnisse von Lohnarbeiter/innen als Form der Marktanpassung; die mit<br />
zunehmender Überwachung der Arbeitnehmer/innen und ihren Angehörigen einhergeht<br />
und eine Einbindung und Anpassung - also Flexibilität, Mobilität und Eigenverantwortung<br />
- von nahezu allen gesellschaftlichen Gruppen verlangt.<br />
Die Maßnahmen aus Arbeitszwang, veränderten Zumutbarkeitskriterien, Sanktionen bei<br />
Unwilligkeit und häusliche Kontrollen entsprechen einer verschärften<br />
„Sozialdisziplinierung“ (vgl. Groh-Samberg 2009: 32). Die Maßnahmen durch die Agenda<br />
2010 und die „Hartz-Gesetze“ legen mit einem Blick in die Historie von Sozialpolitik<br />
nahe, „[…] dass die neuzeitliche Armenfürsorge über weite Strecken viel weniger dem<br />
Zweck diente, ein materielles Existenzminimum zu garantieren, als vielmehr dazu, den<br />
Unterschichten die Mindestnormen der modernen Arbeits- und Familienmoral<br />
beizubringen“ (Groh-Samberg 2009: 31).<br />
3.4 Chancengleichheit<br />
Die Vertreter/innen des Aktivierungskonzepts scheinen von einer „heilenden Kraft“ des<br />
Marktes auszugehen. Die Idee vom „Allheilmittel“ Markt findet sich in der Debatte um<br />
Chancengleichheit wieder. Diese Diskussion hat im letzen Jahrzehnt einen neuen<br />
10<br />
„Finanzmarktgetriebene Akkumulation“ ist eine häufige Bezeichnung für das derzeitige<br />
Akkumulationsregime und lehnt sich an Analysen der Regulationstheorie an.<br />
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