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Umgang mit Kinderarmut am Beispiel von <strong>Göttingen</strong><br />

zu gewährleisten nur darauf, dass Menschen sich mit ihrer „Leistungsfähigkeit“ am<br />

Arbeitsmarkt anbieten „dürfen“, damit keine Produktivkräfte verloren gehen (vgl.<br />

Beisenherz 2002: 9, Lessenich 2008: 106).<br />

Das Ideal der gleichen „Lebenschancen“ (S. 10) für alle Kinder wird dann reduziert auf<br />

die Chance, sich in der Aktivgesellschaft zu bewähren. Chancengleichheit als Problem<br />

der Marktwirtschaft zu betrachten und auch zu kritisieren, dass reichen Kinder eine<br />

bessere Ausbildung und damit bessere Ausgangsbedingungen für den Arbeitsmarkt zu<br />

teil werden, ist an sich nicht falsch. Es wäre aber zu kurz gedacht, den Schlüssel gegen<br />

Armut in einer Chancengleichheit im Wettbewerb um die besten Arbeitsplätze zu sehen.<br />

Selbst wenn „der Markt“ allen die Möglichkeit geben würde in einem guten oder<br />

schlechten Lohnverhältnis zu arbeiten – je nach „Leistungsfähigkeit“ der/des Betroffenen<br />

- gäbe es immer noch Verlierer/innen. Die Verlierer/innen wären wohl die am wenigsten<br />

„Leistungsfähigen“. Dann stellt sich allerdings die Frage, ob Menschen eine Abwertung<br />

erfahren dürfen, nur weil sie im Sinne der Wettbewerbslogik der Marktwirtschaft weniger<br />

leistungsfähig sind? Im Sinne der Menschenwürde wäre dies sicher nicht.<br />

Bildungsgerechtigkeit ist förderungswürdig, weil Chancengleichheit im Bildungssystem<br />

für mehr Chancengleichheit am Arbeitsplatz sorgt. Aber obwohl Bildung als so<br />

bedeutend empfunden wird, sollen Schulen sensibilisiert werden armen Familien keine<br />

unnötigen Kosten für „teure Fahrten, Taschenrechner, Lap-Tops, Kopierkosten oder<br />

Arbeitshefte“ (S. 23) aufzubürden. Die Möglichkeit, dass diese Kosten von der Kommune<br />

übernommen werden, steht nicht zur Diskussion.<br />

Die Bildungsbenachteiligung armer Kinder soll auch durch eine Änderung des<br />

individuellen Verhaltens bzw. der Lebensführung ihrer Eltern bekämpft werden.<br />

Elternbildung spielt hierbei eine entscheidende Rolle. „Eltern mit einem niedrigen<br />

Qualifikationsniveau fällt es aufgrund fehlender eigener Erfahrungen deutlich schwerer<br />

als anderen, ihre Kinder im Schulalltag zu unterstützen“ (Stadt <strong>Göttingen</strong> 2008: 11).<br />

Wenn die Qualifikationen der Eltern fehlen, können sie die Fördermöglichkeiten in<br />

Anspruch nehmen oder diese greifen von selbst, durch die von Merchel beschriebene<br />

Ausweitung von Kompetenzen der freien Träger (Merchel 2008: 15 ff.). Der<br />

Bildungsauftrag von Kindertagestädten wird in diesem Zusammenhang betont, weil hier<br />

eine Früherkennung von Problemfällen gewährleistet werden kann. Die Diskussion um<br />

die wachsende Erziehungsfunktion freier Träger hat gezeigt (vgl. Merchel 2008: 11 ff.),<br />

dass Eingriffe von Erziehungseinrichtungen besonders die armen Bevölkerungsteile<br />

treffen. In Verbindung mit dem Abwertungsdiskurs über die „Unterschicht“, den Chassé<br />

beschreibt, werden Eingriffe auf das Erziehungsverhalten des abgehängten Prekariats<br />

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