Benefizgala - Elternvereinigung für das herzkranke Kind
Benefizgala - Elternvereinigung für das herzkranke Kind
Benefizgala - Elternvereinigung für das herzkranke Kind
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Tod bei angeborenem Herzfehler<br />
zugemessene Lebenszeit zu sein angesichts<br />
der stummen, Jahrmillionen<br />
alten Bergmassive. Dahingehaucht<br />
mag uns unser Leben erscheinen in<br />
dem riesigen Strom der Zeit, dessen<br />
erstarrte Zeugen die Berge sind ...<br />
Aufzuschauen zu den Bergen, <strong>das</strong><br />
mag uns leise erschauern lassen.<br />
Und wir erkennen immer wieder neu<br />
unsere GeschÖpflichkeit. So mag es<br />
ihnen gehen, liebe Trauernde, beim<br />
Aufschauen zu den Bergen, so geht<br />
es jedenfalls mir manchmal.<br />
Ich hebe meine Augen auf zu den<br />
Bergen ... : es kann dann schon sein,<br />
<strong>das</strong>s ich mich frage: woher den wird<br />
mir Hilfe kommen? Wo bin ich gehalten<br />
in diesem Mahlstrom der Zeit, ich,<br />
<strong>das</strong> kleine, kurzlebige Menschlein, einer<br />
von Milliarden Menschen, hervorgebracht<br />
von der Natur, aber nie als<br />
Einzelner von ihr gemeint. Woher wird<br />
mir Hilfe kommen? Wer hält mich, der<br />
ich hineingehaucht bin in undenkbar<br />
grosse Räume und Zeiten, sterblich<br />
hineingehaucht?<br />
So mögen wirfragen, liebe Trauernde,<br />
beim Aufschauen zu den Bergen. Und<br />
vielleicht waren <strong>das</strong> auch manchmal<br />
Annelies Roeschlis Gedanken und<br />
Fragen . Vielleicht. Vom Tode Colettes<br />
an jedoch, so schien mir, war<br />
Annelies in ihrer Trauer gehalten, in<br />
ihrer nie erlöschenden Sehnsucht<br />
nach Colette. Annelies Roeschlis<br />
Halt, so dünkt mich, waren ihre Erinnerungen<br />
an Colette, ihr Halt war<br />
ihre Hoffnung auf ein Wiedersehen.<br />
Meine Hilfe kommt von dem Herrn,<br />
der Himmel und Erde gemacht hat.<br />
So fährt der Beter des 121. Psalms<br />
fort. Dem Beter lebt ein grosses Gegenüber,<br />
ein grosses, erschaffendes<br />
Du, erschaffend Erde und Himmel.<br />
Und der Beter ahnt, er denkt sich<br />
dieses Du derart gross, <strong>das</strong>s es ihm,<br />
dem kleinen Menschen, zugewandt<br />
und zugeneigt ist. Weder seine Wichtigkeit<br />
in Bezug auf seine alltäglichen<br />
Sorgen und Nöte noch seine Verlorenheit<br />
der gewaltigen Natur gegenüber<br />
sollen sein Dasein gestimmt sein<br />
lassen, sondern <strong>das</strong>s er, der betende<br />
Mensch, in diesem erschaffenden<br />
Gegenüber, in Gott, die entscheidende<br />
Hilfe hat, <strong>das</strong> gründet ihn . Weder<br />
unsere Geringfügigkeit dem Naturprozess<br />
gegenüber noch unsere<br />
Grösse in unseren Entscheidungen<br />
bestimmen <strong>das</strong> Lebensverständnis<br />
dieses Beters, sondern <strong>das</strong>s er, als<br />
unverwechselbarer Einzelner, gewollt<br />
und gesucht ist von seinem Gott, und<br />
ihm Hilfe kommt von dem Herrn, der<br />
Himmel und Erde gemacht hat, Hilfe<br />
über sein Sterben hinaus.<br />
Nicht nur ein unverwechselbarer einzelner<br />
Mensch war Colette <strong>für</strong> Annelies<br />
Roeschli, sondern ein unaufgebbarer<br />
Mensch; und dies, <strong>das</strong>s ein<br />
Mensch unaufgebbar ist, in der Trauer<br />
und im Schmerz um den Verlust<br />
eines Menschen wird <strong>das</strong> bezeugt.<br />
Auf ihre schmerzlich leidende Weise<br />
hat Annelies in ihrem Festhalten an<br />
Colette etwas von dem gelebt, was<br />
der Beter des Psalms im Blick auf<br />
22