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zwillingsformeln im deutschen und schwierigkeiten bei der ... - Matarka

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222 Silke Gester<br />

an<strong>der</strong>e Wortarten: nach <strong>und</strong> nach, dann <strong>und</strong> wann, nach wie vor, mir nichts dir nichts, ab<br />

<strong>und</strong> an, ab <strong>und</strong> zu, an <strong>und</strong> für sich, auf <strong>und</strong> davon, aus <strong>und</strong> vor<strong>bei</strong>, dies <strong>und</strong> jenes, so<br />

o<strong>der</strong> so.<br />

Busse schreibt: „Die Einteilung <strong>der</strong> Phraseologischen Wortpaare nach Wortarten kann nicht<br />

befriedigen, da daraus keine eindeutige Aussage über die syntaktische Position <strong>der</strong> idiomatisierten<br />

Kombinationen geschlossen werden kann“ (Busse 2002, 409). So lässt sich in<br />

syntaktischer Hinsicht feststellen, dass die meisten Zwillingsformeln entwe<strong>der</strong> adverbial<br />

verwendet werden: sich Hals über Kopf in jemanden verlieben, o<strong>der</strong> in prädikativer Funktion<br />

erscheinen: fix <strong>und</strong> fertig sein. Die Verben finden vor allem infinitivische Verwendung,<br />

seltener treten sie als finiter Verbteil eines Satzes auf, was nicht zuletzt dadurch deutlich<br />

wird, dass sich unter den Substantiven ebenfalls zahlreiche substantivierte Infinitive feststellen<br />

lassen: Ich habe es gehegt <strong>und</strong> gepflegt. Er konnte schalten <strong>und</strong> walten, wie er wollte.<br />

Das war ein einziges Kommen <strong>und</strong> Gehen.<br />

Zwillingsformeln mit substantivischen Bestandteilen sind meist an eine best<strong>im</strong>mte<br />

Präposition geb<strong>und</strong>en, die dann als Teil des Phrasems betrachtet werden müsste: <strong>bei</strong> Nacht<br />

<strong>und</strong> Nebel, nach Jahr <strong>und</strong> Tag, an Ort <strong>und</strong> Stelle. Nicht selten besteht eine feste Bindung<br />

des phraseologischen Wortpaares an ein Verb: alles kurz <strong>und</strong> klein schlagen, <strong>bei</strong> jmdm. ist<br />

Hopfen <strong>und</strong> Malz verloren, von Tuten <strong>und</strong> Blasen keine Ahnung haben.<br />

In semantischer Hinsicht besteht zwischen den gedoppelten Konstituenten eine<br />

semantische Verwandtschaft bzw. Nähe. Sie sind entwe<strong>der</strong> Synonyme o<strong>der</strong> Antonyme o<strong>der</strong><br />

in an<strong>der</strong>er Weise (häufig als Komplementärbegriffe) durch die Übereinst<strong>im</strong>mung semantischer<br />

Merkmale lexikalisch miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en. Die Bedeutung des Phrasems kann eine<br />

an die Kombination <strong>bei</strong><strong>der</strong> Komponenten geb<strong>und</strong>ene Metapher sein: zwischen Tür <strong>und</strong><br />

Angel, o<strong>der</strong> es handelt sich um eine Verstärkung, Expressivierung o<strong>der</strong> sonstige Nuancierung<br />

<strong>der</strong> Bedeutung einer <strong>der</strong> Komponenten: Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden, Hab <strong>und</strong> Gut, null <strong>und</strong><br />

nichtig. Die emphatische Funktion <strong>der</strong> Zwillingsformeln wird gestützt durch charakteristische<br />

phonologische <strong>und</strong> morphologische Merkmale, d.h. Alliteration bzw. Stabre<strong>im</strong>: Kind<br />

<strong>und</strong> Kegel, Mann <strong>und</strong> Maus, Endre<strong>im</strong>: dann <strong>und</strong> wann, Knall <strong>und</strong> Fall, kombiniert: geschniegelt<br />

<strong>und</strong> gestriegelt, Assonanz: angst <strong>und</strong> bange. Auch dort, wo keine lautliche Ähnlichkeit<br />

besteht, wie z. B. <strong>bei</strong> Hab <strong>und</strong> Gut, ab <strong>und</strong> zu, gibt es zumindest eine morphophonologische<br />

Strukturähnlichkeit. Einen morphologischen Son<strong>der</strong>typ stellen die Klammerfügungen<br />

dar: hieb- <strong>und</strong> stichfest. Die phonologischen Verhältnisse lassen sich auf das<br />

Entstehen vieler deutscher Zwillingsformeln in einer mündlichen Sprach- <strong>und</strong> Gedächtniskultur<br />

zurückführen, in <strong>der</strong> Laut- <strong>und</strong> Strukturähnlichkeit die Funktion <strong>der</strong> Gedächtnisstütze<br />

hatten. Im Mittelalter <strong>und</strong> in <strong>der</strong> frühen Neuzeit waren Zwillingsformeln <strong>im</strong> Deutschen<br />

hochfrequent, beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Rechtssprache. Hier spielt jedoch auch die pragmatische<br />

Funktion <strong>der</strong> Bekräftigung von Rechtsakten hinein: null <strong>und</strong> nichtig, Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden<br />

(vgl. Busse 2002).<br />

Das hohe Alter zahlreicher Zwillingsformeln schlägt sich in einem hohen Anteil<br />

idiomatisierter Phraseme nie<strong>der</strong> <strong>und</strong> bewirkt dadurch ein Weiterbestehen unikaler Elemente:<br />

mit Kind <strong>und</strong> Kegel, wo<strong>bei</strong> Kegel hier nicht als „spitz zulaufen<strong>der</strong> Körper mit r<strong>und</strong>er<br />

o<strong>der</strong> ovaler Gr<strong>und</strong>fläche“, son<strong>der</strong>n als „uneheliches Kind“ (vgl. Wahrig 1997) gemeint ist,<br />

o<strong>der</strong> mit Fug <strong>und</strong> Recht. Fug ist hier nicht die Kurzform von Fuge als „Öffnung zwischen

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