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Albvereinsblatt_2008-6.pdf

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Auch Raben sind Singvögel<br />

Es mag schon etwas verwundern, dass die Rabenvögel mit ihrem<br />

Gekrächze zu den Singvögeln gehören sollen. Das fünf<br />

Gramm leichte Goldhähnchen und der 1,5 Kilogramm schwere<br />

Kolk rabe sollen näher mit einander verwandt sein? Dem ist tat -<br />

säch lich so! Denn schon die ersten Systematiker haben bei dieser<br />

Vogelgruppe Gemeinsamkeiten in Anatomie und Verhaltens -<br />

weisen festgestellt. Hauptmerkmale sind natürlich die mehr oder<br />

minder schönen Artgesänge zur Brutzeit. Was hat das aber mit<br />

den Rabenvögeln zu tun, mag sich mancher fragen? Das ist nun<br />

das Überraschende: Auch sie singen! Sie tun das nur nicht so öffentlich<br />

und so vollendet wie Nachtigall und Co. Die Männchen<br />

bezirzen ihre Partnerinnen mit leisen, krakelnden Tönen. Ihr Gesang<br />

hat auch weniger mit Revierbehauptung zu tun. Sie müssen<br />

nicht jährlich mit ihrer akustischen Werbung eine neue Le -<br />

bens abschnittsgefährtin gewinnen. Denn die Angehörigen dieser<br />

Familie leben meist in Einehe. Die meisten Rabenvögel sind<br />

dennoch gesellige Federtiere. Manche brüten sogar in Kolonien.<br />

Besonders im Herbst gesellt sich Gleiches gern zu Gleichem. Das<br />

täuscht dann fälschlicherweise ein Überhandnehmen dieser Vögel<br />

vor. Das wiederum fordert das Konkurrenzdenken des Menschen<br />

heraus. Denn im Nahrungs er werb stehen sie in einem gewissen<br />

Wettbewerb mit Landbau und Jägerschaft. Auch in unserer<br />

Zeit wird diesen intelligenten Vögeln noch mit Misstrauen<br />

begegnet. Die verständliche Angst der Landwirte vor Ernteschäden<br />

ist nachvollziehbar. Und wo untrag bare Einbußen entstehen<br />

könnten, ist Abwehr von nöten. Dennoch: diese Vögel<br />

gehören seit Anbeginn mit zum großen Ar tengefüge unseres Lebensraums.<br />

Da ist es auch naturgegeben, wenn bei der Jungenaufzucht<br />

auch Kleinsäuger und -vögel zum Beuteschema zählen.<br />

Sie selbst passen in das jenige größerer Beutegreifer. Logischerweise<br />

trifft es meist die häufigeren Arten, die damit in einem<br />

gewissen Gleichgewicht gehalten werden. Als Allesfresser helfen<br />

sie mit, Mäusekalamitäten zu vermeiden und halten die Landschaft<br />

von Aas sauber. Die Redensart von den bösartigen Rabeneltern<br />

ist übrigens eine üble Nachre de. Die Raben sorgen<br />

sich um ihren Nachwuchs genau so liebevoll wie andere Elterntiere.<br />

Noch vor wenigen Jahrzehnten waren einige Rabenvogel -<br />

arten vogelfrei. Da ihre Verfolgung aber auch geschützte Arten<br />

traf, musste eine andere Lösung gefunden werden. Im Rahmen<br />

der Bundesartenschutzverordnung und der Vogelschutz richtlinie<br />

der EG wurden auch alle Rabenvögel<br />

geschützt. In Ausnahmefällen sind<br />

aber Bestandsregulierungen bei Rabenkrähe<br />

und Elster nach der Rabenvogelverordnung<br />

durch Bejagung<br />

möglich. Sieben Mitglieder der Raben -<br />

vogelfamilie leben in unserem Land.<br />

Es sind alles Arten, die das ganze Jahr<br />

über anzutreffen sind. Nur eine Art,<br />

die Saatkrähe, bekommt im Herbst<br />

Ver stärkung aus dem Osten. Zu Hunderten<br />

überwintert sie in der offenen<br />

Kultur land schaft auf Wiesen und Feldern.<br />

Brutkolonien gibt es nur in Oberschwaben<br />

und am Oberrhein. In den<br />

gleichen Lebensräumen lebt die Rabenkrähe.<br />

Beide Arten brüten auf höheren<br />

Bäumen. Das kleinste Familienmitglied,<br />

die kaum taubengroße Dohle<br />

mit dem grauen Hinterkopf, ist<br />

Höh len brüter an Felsen, hohen Gebäu -<br />

den und in hohlen Bäumen lichter Wälder und Park anlagen. Ein<br />

weiterer schwarzer Geselle ist der bussardgroße Kolk rabe. Er<br />

war in Süddeutschland schon einmal ausgerottet. Durch Schonung<br />

hat er sich wieder angesiedelt. Den Menschen meidet er<br />

und hält sich meist in felsigen Gegenden auf. Bei seinen Flugspielen<br />

ist sehr gut sein keilförmig zulaufender Schwanz zu sehen,<br />

in der Nähe der mächtige Schnabel. Er horstet gern in Felsnischen<br />

und auf hohen Bäumen. Auf der Schwäbischen Alb, in<br />

Oberschwaben und im Schwarzwald hat er wieder Fuß gefasst.<br />

Das schwarz-weiße Gefieder der Elster kennt wohl jeder. Sie wiederum<br />

liebt die strukturreiche Landschaft, hat sich aber auch in<br />

die Außenbezirke der Ortschaften und Städte verbreitet. In Hecken<br />

und Bäumen baut sie mehrere Nester, um dann doch nur<br />

in einem zu brüten. Am buntesten zeigt sich der Eichelhäher, ein<br />

Vogel der Mischwäl der und Parkgehölze. Seit Jahrtausenden<br />

pflanzt er Eichenwälder, weil er viele der vergrabenen Eicheln<br />

nicht mehr wieder findet. Den Waldwanderer narrt er mit dem<br />

täuschend imitierten Bussardruf und verrät ihn mit seinem lauten<br />

Warngeschrei. Die robusten Rabenvögel behaupten sich gut<br />

in unserer Kulturlandschaft. Und ohne die schwarzen Gesellen<br />

wäre die winterliche Landschaft um einiges ärmer.<br />

Kurt Heinz Lessig<br />

Die Saatkrähen-Altvögel<br />

sind an der weißen<br />

Schnabelbasis zu erkennen.<br />

Jungvögel und Ra -<br />

ben krähen haben einen<br />

rein schwarzen Schnabel.<br />

Schwäbische Pflanzennamen<br />

von Prof. Dr. Theo Müller<br />

Die Kleine Traubenhyazinthe (Muscari botryoides)<br />

Die besonders geschützte Kleine Traubenhyazinthe, eine<br />

bis 20 cm hoch werdende Pflanze mit 2 –3 Blättern ist ein<br />

Zwie belgewächs aus der Familie der Liliengewächse (heute<br />

öfters davon abgetrennt und als Familie der Spargelgewächse<br />

ausgewiesen). Die kugelförmigen blauen Blüten stehen in<br />

einer dichten Blütentraube. Die Pflanze war einst auf der<br />

Alb häufig und weit verbreitet, und die Wiesen im April oder<br />

Mai waren erfüllt von ihrem Blau. Wären die »Sieben Schwaben«<br />

nicht am Bodensee, sondern auf der Alb gewesen, dann<br />

wären sie nicht ins Flachsfeld, sondern in eine Baurabüebleswiese<br />

gefallen. »Baurabüeble« ist eine der vielen schwäbischen<br />

Bezeichnungen für die Kleine Taubenhyazinthe, die<br />

auf das Blauhemd mit dem weißen Saum zurückgeht, das<br />

Bauern, Fuhrleute und vor allem Buben trugen. Inzwischen<br />

fand infolge der Wiesenintensivierung ein dramatischer Rückgang<br />

der Kleinen Traubenhyazinthe statt, vielerorts ist sie<br />

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ganz verschwunden oder sehr selten<br />

geworden. Viele schwäbische<br />

Namen beziehen sich auf den Blütenstand<br />

(Träuble, Katzaträuble),<br />

die Form der Einzelblüten (Krügle,<br />

Wasserkrügle, Baurakrügle, Kessele,<br />

Maiaglunker, Schmalzhäfele,<br />

Schmerbäuch) oder auf die Blütezeit<br />

(Aprilaträuble, Aprilablümle,<br />

Aprilakrügle, Blaues Mailetztle,<br />

Gug gugsblümle, Georgele, hergeleitet<br />

vom Georgstag am 23. April).<br />

Von der Farbe abgeleitet sind die<br />

Namen Himmelsrös le, Tintaträuble,<br />

Tintafässle, Kaminfeger oder<br />

Kemich-kehrar le, Pfaffarösle, Kohlrö(ai)dle.<br />

Weil die Kleine Trau ben -<br />

hyazin the auf der Alb gerne auf Friedhöfen angepflanzt wurde,<br />

erhielt sie die Namen Kirchhofrösle und Gottsackerkrügle.<br />

Auf die angebliche Giftigkeit der Pflanze gehen die<br />

Namen Henne-Verrecker und Schaf-Schaicherle zurück.<br />

Thomas Pfündel

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