BOLD THE MAGAZINE No.10
ÄSTHETIK VERSCHMELZUNG DES SCHÖNEN | FIGURATIV: PAUL SMITH | IM GESPRÄCH MIT BENNO FÜRMANN | FASHION FOR MEN & WOMAN | WALLIS: KÄMPFENDE KÜHE | MALEDIVEN: IN TOUCH WITH MANTA RAYS
ÄSTHETIK
VERSCHMELZUNG DES SCHÖNEN | FIGURATIV: PAUL SMITH | IM GESPRÄCH MIT BENNO FÜRMANN | FASHION FOR MEN & WOMAN | WALLIS: KÄMPFENDE KÜHE | MALEDIVEN: IN TOUCH WITH MANTA RAYS
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44 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kunst & Kultur | im Gespräch<br />
mitten im Syriendesaster um Spenden<br />
für den Südsudan geworben und<br />
gesehen, wie schwer es um die Generierung<br />
von Aufmerksamkeit steht.<br />
Kein Gefühl von Vergeblichkeit, das<br />
Kämpfen gegen Windmühlen?<br />
Das wiederum kenne ich auch. Daher<br />
schätze ich Aktionen wie die von amnesty,<br />
mit dem Prinzip des Briefmarathons, wozu<br />
dann 50.000 oder 150.000 Leute Briefe<br />
an die jeweilige Regierung oder Behörde<br />
schreiben, um ihren Protest zu übermitteln.<br />
Wenn man die alle zusammen nimmt, sind<br />
es ein paar Millionen, die etwas bewirken.<br />
Mich hat eine Geschichte beeindruckt:<br />
Joey Simpson, Bergsteiger und Autor von<br />
„Touching the Void“, ist einmal in einer Gletscherspalte<br />
verunglückt, nachdem ihn sein<br />
Kumpel nach zwei Stunden ohne Lebenszeichen<br />
vom Seil geschnitten hat. Da lag er<br />
dann mit gebrochenen Knochen im Eis und<br />
kämpfte sich auf seinen Ellbogen robbend<br />
zwei Tage lang zurück in die Zivilisation. Er<br />
hat genau das Richtige gemacht, indem er<br />
sich immer kleine Ziele setzte und immer<br />
nur an die Strecke der nächsten 10 Minuten<br />
gedacht hat, sonst hätte er das wahrscheinlich<br />
auch nicht geschafft.<br />
Jetzt stehen wir quasi wieder mitten am<br />
Berg. Sie haben gesagt, dass die Reisen<br />
für Sie eine Art sind, Ihre Dankbarkeit<br />
zu zeigen. Aber ist es nicht einfach auch<br />
eine Form von Egoismus, weil man da,<br />
wie Sie meinten, eigentlich auch nichts<br />
zu suchen hat?<br />
Linie ist man für sich selber verantwortlich.<br />
Nehmen Sie das Beispiel eines Flugzeugabsturzes.<br />
Zuerst musst du die Atemmaske<br />
zu dir ziehen, dann erst hilfst du deinem<br />
Nachbarn. Das fand ich immer schon<br />
Blödsinn. Keine Frage: Ich würde immer<br />
erst meinem Kind die Maske aufziehen,<br />
dann mir.<br />
Genau. Stellen Sie sich vor, dass dann<br />
Ihr Kind zwischen all den Trümmern<br />
überlebt, Sie aber nicht. Wer kümmert<br />
sich dann?<br />
Wenn ich überlebe, aber mein Kind ist tot<br />
– diese Vorstellung allein ist nur schrecklich.<br />
Ein anderes Beispiel: Beim Tsunami<br />
2004 in Thailand kannte ich ein Elternpaar;<br />
beide hielten sich im Chaos irgendwo<br />
fest und sahen gerade noch, wie sich ihre<br />
kleine Tochter an eine Palme klammerte.<br />
Sie konnte nicht schwimmen. Der Vater<br />
löste sich, um ihr zu helfen, beide ertranken.<br />
Die Mutter überlebte. Ich muss Ihnen nicht<br />
sagen, an welcher Stelle ich gewesen wäre:<br />
Ich würde sofort mein Leben für meine<br />
Tochter geben.<br />
Aber bei solchen Gedankenmodellen<br />
geht es nicht um den Instinkt, sondern<br />
um die Frage nach dem, was das<br />
Klügste in dieser Situation ist. Für das<br />
Kind hatten Sie gerade eine Träne im<br />
Auge ...<br />
Das kommt vom Wein ... oh je, wie unprofessionell.<br />
Luft holen und auf eine andere Ebene<br />
kommen: Wann waren Sie das letzte<br />
Mal außer sich?<br />
Letzte Woche. Meine Familie hat mir<br />
nachträglich zum Geburtstag einen Kindle<br />
geschenkt. Ich freue mich über diesen<br />
Reader. Ich kann damit meine E-Mails<br />
runterladen. Aber dann habe ich gemerkt,<br />
dass der die gleiche Größe wie ein iPad<br />
mini hat. Was ist denn da jetzt besser?<br />
Dann ging es los in meinem Kopf. Die<br />
Erfahrungsberichte von Freunden wurden<br />
zu Rate gezogen. Auf einmal steckte ich<br />
mitten in einer völlig unnötigen Konsumschleife<br />
fest. Meine Welt war in Ordnung,<br />
bis ich dieses Geschenk bekam.<br />
Ich bin schlimmer Weise ein Optimierer.<br />
Das Messer, das ich mir gekauft habe,<br />
besitzt die beste, absolut rostfreie Klinge,<br />
die sich schon bei zarter Berührung öffnet.<br />
Aber kaum sehe ich eins, das besser wirkt,<br />
kann ich händeringend versuchen, es zu<br />
ignorieren. Es gelingt mir nicht.<br />
Seltsamerweise scheint das ein Problem<br />
von vielen Männern zu sein, sich mit<br />
diesen Produktvergleichen auseinanderzusetzen.<br />
Gab es denn auch mal<br />
einen Moment, in dem Sie eine Frau<br />
sein wollten?<br />
Klar, beim Sex (lacht laut schallend) ... und<br />
dann mit mir schlafen.<br />
Verstehe. Und im Ernst?<br />
Bescheidenheit hat viele Gesichter: Ich<br />
bin mir doch auch was schuldig. In erster<br />
Wir sind also am Bodensatz angelangt.<br />
Lassen Sie uns lieber mal schnell<br />
Ich meine schon, dass der Perspektivwechsel<br />
eine tolle Erfahrung wäre, um quasi