August/September 2010 - CVJM Liedolsheim

trug, die allerdings nicht angezündet war. "Beim Mondschein werden wir die Abzweigung
in den Wald leichter finden," flüsterte er zurück. Ich fragte mich, wer wohl dieses
mal die Bibel dabeihatte. Sie wurde immer heimlich weitergegeben. Auf diese Art
konnte jeder von uns, der gefragt wurde, ganz ehrlich sagen, dass er es nicht wisse. Ich
behielt den Waldrand am Hang zu unserer Rechten unablässig im Auge,- ein perfektes
Versteck für einen Kader, um uns aufzulauern. Meine Schuhe waren nass vom Tau und
quietschten bei jedem Schritt. Dort bewegte sich etwas. Vater blieb unvermittelt stehen
und ich schmiegte mich an ihn. Ich deutete zu den Büschen auf der rechten Seite.
Da war es wieder. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Vater gab mir ein Zeichen
und wir legten uns beide auf den Boden. Ich lag ganz flach da und mein Herz schlug
bis zum Hals. Mit dem Bauch im Matsch krochen wir seitwärts an das Zuckerrohrfeld,
um Deckung zu finden. Einige Sekunden lagen wir regungslos da. Was wäre, wenn sie
uns jetzt erwischen würden?, fragte ich mich. Würde ich mich unter den Schlägen ihrer
Elektroschocker vor Schmerz winden?
Persönliche Stellungnahme: Da prallen Dimensionen aufeinander: Während wir uns
sonntagmorgens mit dem Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß auf einen ruhigen und entspannten
Weg, mit netten Plaudereien, zum Gottesdienst machen, gestaltet sich Mei
Lins "Reise" zum wöchentlichen Gottesdienst ganz anders. Eine packende Geschichte
von einem jungen Mädchen, das seinen Weg als Christin geht; mutig, entschlossen
aber auch geknüpft an tiefe Schmerzen, seien es körperliche oder seelische, verbunden
mit einer unendlichen Sehnsucht. Wird sie jemals wieder den Mann sehen, den sie
liebt? Eine mitreißende und tragische Geschichte, die zugleich ermutigt, den eigenen
Glauben, die Gesellschaft und das eigene Land in einem ganz anderen Licht zu sehen
und Glauben neu zu entfalten.
Christiane Lukas
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