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Friedrich Wilhelm Hackländer. Unter dem Stadtgraben.

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— 41 —<br />

<strong>dem</strong> ersten Stocke und dann auf <strong>dem</strong> zweiten, und<br />

wenn ihnen die unerbittliche, finstere Nacht überall<br />

geheimnißvoll und düster folgte, so saßen sie zuletzt<br />

noch an <strong>dem</strong> großen Dachbodenfenster und schauten<br />

in die goldene Abendluft und ließen ihre Gesichtchen<br />

bestrahlen von der letzten Gluth der untergehenden<br />

Sonne. In solchen Momenten stockte die lustige <strong>Unter</strong>haltung<br />

der Kleinen, und aus <strong>dem</strong> dunkeln Treppenhause<br />

schienen schwarze Schatten emporzusteigen<br />

und mischten sich in die kindlich-frohen Gespräche;<br />

alsdann fröstelte es sogar den kecksten unter den Buben,<br />

die Kinder jedes Stockwerks drängten sich eng zusammen<br />

und suchten hastig, den Beherztesten an der<br />

Spitze, ihre Stuben auf, und bald war die Treppe leer<br />

und lag einsam und ausgestorben da.<br />

Es ging nämlich die Sage, es sei in <strong>dem</strong> alten Kloster<br />

zur Nachtzeit nicht geheuer, und die verstorbenen<br />

Kapuziner wandelten oft gespensterartig darin herum;<br />

namentlich wäre, so hieß es, der Bruder Pförtner ein<br />

unruhiger Gesell und erscheine allabendlich auf der Erde,<br />

um sich schmerzlich zu überzeugen, daß die Thür,<br />

die er so sorgfältig verschlossen, allnächtlich offen stehen<br />

bliebe. Der Bruder Pförtner, dessen Ebenbild aus<br />

Holz geschnitzt mit einem großen Schlüsselbund am<br />

Gürtel unten an der Treppe stand, war übrigens ein<br />

harmloses Gespenst und hatte nie Jemanden etwas zu<br />

Leide gethan; viele Bewohner des Hauses erzählten

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