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Friedrich Wilhelm Hackländer. Unter dem Stadtgraben.

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— 58 —<br />

Winklere und hat auf der Herrgottswelt nichts zurückgelassen,<br />

als das kleine Mädchen, das ich eben mitgebracht;<br />

ich frag’ Sie jetzt, Kiliane, was soll ich mit <strong>dem</strong><br />

armen, kleinen Geschöpf anfangen, soll ich es nur für<br />

diese Nacht hier behalten und es morgen der Armen-<br />

Kommission übergeben, oder was meint Sie?«<br />

Die Kiliane stemmte die linke Hand in die Seite,<br />

stützte mit der rechten das Kinn, wie sie gewöhnlich<br />

that, wenn sie nachzudenken pflegte, dann sprach sie<br />

ziemlich rasch und heftig: »Frau, darin kann ich nicht<br />

rathen, Sie hat selbst drei Kinder, und wenn Ihr Einkommen<br />

auch ziemlich ist, so muß man sich doch nicht<br />

leichtsinniger Weise fremder Leute Kinder auf den Hals<br />

laden, und obendrein welcher Leute Kind!«<br />

»Die Marie war doch ein braves Mädchen.«<br />

»Bis sie sich verführen ließ,« entgegnete die Kiliane,<br />

»und das Mädchen dort in die Welt setzte; aber was<br />

geht das mich an. Sagt mir Eure feste Meinung, Frau,<br />

und dann will ich Euch sagen, was ich denke, aber lasset<br />

Euch durch Euer gutes Herz nicht hinreißen; man<br />

kann der ganzen Welt nicht helfen, und wenn man das<br />

Seinige vor Gott redlich thut, so könnte man, mein’ ich,<br />

schon zufrieden sein.«<br />

Die Waschfrau legte ihre beiden Hände auf den<br />

Rücken und spazierte mit großen Schritten im Zimmer<br />

auf und ab; die Kiliane ließ den Kopf sinken und blinzelte<br />

unter ihrem mächtigen Haubenstreif mit einem

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