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Friedrich Wilhelm Hackländer. Unter dem Stadtgraben.

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— 49 —<br />

schon sieben Uhr sei, und er um diese Zeit gewöhnlich<br />

sein Nachtessen bekomme.<br />

Jungfer Kiliane, welche ihrem Gehör nicht recht<br />

traute, blickte die Uhr einen Augenblick durch ihre<br />

Brille fest an und sagte: »Wahrhaftig, es ist schon sieben<br />

Uhr, ich weiß nicht, wo die Frau bleibt.«<br />

»Die Frau,« entgegnete der Schneider, »bleibt selten<br />

über sieben Uhr aus, und ich glaube fassss-t, es issss-t<br />

ihr etwas Sonderbares begegnet.«<br />

»Sie werden sie im Gasthof lange aufgehalten haben,<br />

es ist eine englische Familie dort mit drei erwachsenen<br />

Töchtern und die können mit ihrer Wäsche nie ein Ende<br />

finden.«<br />

»Es sind überhaupt gar sonderbare Leute, diese Engländer,<br />

bessss-tändig mißvergnügt, haben viel Geld<br />

und sind dabei sehr knauserig. Gott, wenn ich so viel<br />

Geld hätte! ich habe mir oft gedacht, Jungfer Kiliane,<br />

wenn ich viel Geld hätte, was das für ein Leben gäbe.«<br />

»Nun, was wär’ es weiter?« fragte die alte Jungfer.<br />

»Zu erben habe ich eigentlich gar nichts,« seufzte der<br />

Schneider, »und wenn die ganze Welt ausssss-türbe, so<br />

bekäme ich doch in rechtmäßiger Weise keinen Kreuzer;<br />

aber die Lotterie, das issss-t mein Trost, meine<br />

Hoffnung.«<br />

»So? spielt Er in der Lotterie?« fragte die Kiliane.<br />

»Das nicht,« entgegnete der Schneider, »man muß<br />

das Glück seinen eigenen Weg gehenlassen, ihm bei<br />

Leibe nicht vorgreifen, auch hab’ ich kein Geld dazu;

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