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Friedrich Wilhelm Hackländer. Unter dem Stadtgraben.

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gebot; überhaupt schien diese wirklich sehr alte Frau<br />

in Abwesenheit der Herrin des Hauses die Aufsicht zu<br />

führen. Sie saß an einem kleinen Tischchen in der Nähe<br />

eines der gothischen Fenster, und ihr schneeweißes<br />

Haar, das sie zurückgestrichen unter einer altmodischen,<br />

sehr reinlichen Haube trug, sowie die eingeschnittenen<br />

Gesichtszüge zeigten ihr sehr hohes Alter.<br />

Wenn ich sie vorhin Frau nannte, so habe ich sehr<br />

Unrecht gethan, denn sie war die vierundachtzig Jahre<br />

alte Jungfer Kiliane und ihres Zeichens erste Büglerin,<br />

als welche sie in der ganzen Stadt bekannt und respectirt<br />

war. Ihr Anzug bestand in einem altmodischen<br />

Cattun-Ueberrock und gekräuselten Busenstreifen von<br />

<strong>dem</strong>selben Stoff, mit sehr kurzer Taille; vor sich hatte<br />

sie feine Damenwäsche, der sie mit einem kleinen zierlichen<br />

Bügeleisen die letzte Vollendung gab; zu ihrer<br />

Linken war eine Näherin, der die fehlerhaften Stücke<br />

hingereicht wurden, und welche Knöpfe und Bändel<br />

hinnähen mußte. Jungfer Kiliane trug eine große Brille<br />

und hatte trotz der starken Hitze, die im Zimmer<br />

herrschte, die Füße auf einer Wärmflasche stehen. Zu<br />

ihrer rechten Seite saß an einem größeren Tische eine<br />

andere Gestalt, die wir etwas näher ansehen müssen.<br />

Es bedarf nur eines Blickes auf die Nadel, welche<br />

dieselbe, ein junger Mann von vielleicht dreiundzwanzig<br />

bis vierundzwanzig Jahren, in der Hand hielt, sowie<br />

auf seine nach orientalischer Weise untergeschlagenen<br />

Beine, um vollkommen gewiß zu sein, daß wir

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