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Assessorkurs Bayern<br />

Klausur Nr. <strong>1091</strong> / Lösung Seite 3<br />

Eine Kündigungserklärung gegenüber der Beklagten<br />

zu 2 war dagegen nicht notwendig, da sie nicht Partei<br />

des Mietvertrags wurde. Diesen hat der Beklagte<br />

zu 1 alleine abgeschlossen, und die Beklagte zu 2<br />

als zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nichteheliche<br />

Lebensgefährtin war Dritte i.S.d. §§ 540, 553 I<br />

BGB. 9<br />

2. Im grds. maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der<br />

Kündigung lag der Kündigungsgrund Eigenbedarf<br />

i.S.d. § 573 II Nr. 2 BGB vor.<br />

9<br />

Gemäß § 573 I BGB ist der Vermieter bei Wohnraum<br />

zur ordentlichen Kündigung berechtigt, wenn<br />

er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des<br />

Mietverhältnisses hat. Ein solches ist gemäß<br />

§ 573 II Nr. 2 BGB u.a. dann zu bejahen, wenn der<br />

Vermieter die Räume als Wohnung für seine Familienangehörigen<br />

benötigt.<br />

Der Kläger wollte mit der vermieteten Wohnung<br />

den Wohnbedarf seiner Mutter decken, die Familienangehöriger<br />

ist und diese Wohnung auch benötigte.<br />

Aufgrund der durch Art. 14 I 1 GG geschützten<br />

Freiheit des Eigentümers, sein Eigentum selbst<br />

zu nutzen, ist dessen Absicht, das Mietobjekt durch<br />

den in § 573 II Nr. 2 BGB privilegierten Personenkreis<br />

bewohnen zu lassen, im Falle eines Rechtsstreits<br />

von den Gerichten grds. zu akzeptieren.<br />

Dem steht vorliegend auch nicht die alleine mögliche,<br />

sich aus der Sozialbindung des Eigentum gemäß<br />

Art. 14 II GG ergebende Missbrauchskontrolle<br />

entgegen. Diese beschränkte gerichtliche Überprüfungsbefugnis<br />

bezieht sich lediglich auf die Fragen,<br />

ob der Eigennutzungswunsch überhaupt ernsthaft<br />

verfolgt wird und ob der Eigenbedarf sowohl bzgl.<br />

seiner Begründung (des „Warum“) als auch bzgl.<br />

Ausfüllung des Kündigungsgrundes auch noch im Prozess<br />

nachgeschoben werden (Pal./Weidenkaff § 573, RN 48).<br />

Liegt eine Mehrheit von Mietern (also nicht nur Mitnutzern!)<br />

vor, so ist nur ein einheitliches Verhalten von oder<br />

gegen alle möglich, § 425 BGB gilt hier also gerade nicht.<br />

Die Kündigung muss dann grds. an beide erklärt werden,<br />

sonst ist sie bereits formell unwirksam (Pal./Weidenkaff<br />

§ 542, RN 18; BGH NJW 2005, 1715). Dies gilt aber<br />

nicht für Dritte i.S.d. § 540 BGB, obwohl auch gegen solche<br />

Dritte ein Vollstreckungstitel erforderlich ist, für den<br />

dann der Anspruch aus § 546 II BGB ins Spiel gebracht<br />

werden muss (s.u.). Vorliegend kam es auch nicht auf die<br />

Streitfrage an, ob § 1357 BGB auf den Abschluss eines<br />

Mietvertrags anwendbar ist (richtigerweise abzulehnen,<br />

vgl. Pal./Brudermüller § 1357, RN 13), da die Beklagte<br />

zu 2 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht<br />

Ehefrau war.<br />

seines Umfangs (des „Wieviel“) vernünftig und<br />

nachvollziehbar ist. 10<br />

Am Selbstnutzungswille zu dem Zweck der erleichterten<br />

Betreuung der pflegebedürftigen Mutter kann<br />

vorliegend nicht gezweifelt werden, zumal deren<br />

Tod durch Herzversagen in näherer Zukunft nicht<br />

voraussehbar war.<br />

Auch liegt kein rechtsmissbräuchlich überzogener<br />

Wohnbedarf vor. Es ist grds. Sache des Vermieters,<br />

darüber zu entscheiden, welchen Raumbedarf er für<br />

sich oder seine Angehörigen als angemessen ansieht.<br />

11 Schädlich ist nur ein missbräuchlicher, weit<br />

überhöhter Wohnbedarf, doch kann davon bei einem<br />

Wohnraum von 75 qm für eine Einzelperson<br />

nicht die Rede sein. Hierbei muss zusätzlich berücksichtigt<br />

werden, dass es dem Kläger aufgrund der<br />

Rollstuhlabhängigkeit seiner Mutter gerade auf eine<br />

Erdgeschosswohnung ankam, und insoweit bestand<br />

gar keine alternative Möglichkeit innerhalb seines<br />

Eigentums.<br />

Hinweis: Der sog. Sozialwiderspruch des Mieters<br />

gemäß § 574 BGB wurde nicht vorgebracht und ist<br />

befristet (vgl. § 574b II BGB). Die Belange des<br />

Mieters und seiner Familie sind nicht im Rahmen<br />

des § 573 II BGB, sondern einzig über die §§ 574 ff<br />

BGB zu prüfen. 12<br />

3. Auch den Ablauf der Kündigungsfrist des § 573c I<br />

BGB zum Ende Februar 2013 hat der Kläger korrekt<br />

berechnet. 13<br />

Da die Kündigung am 26. November 2012 gemäß<br />

§ 130 I 1 BGB zuging, war auf den dritten Werktag<br />

des Folgemonats Dezember 2012 abzustellen, so<br />

dass der Ablauf des übernächsten Monats Februar<br />

2013 maßgeblich ist. Insbesondere lief das Mietverhältnis<br />

zu diesem Zeitpunkt noch keine fünf Jahre,<br />

so dass keine Verlängerung der Kündigungsfrist<br />

gemäß § 573c I 2 BGB einschlägig ist.<br />

4. Schließlich ist auch keine nachträgliche Unwirksamkeit<br />

der Kündigung wegen Wegfalls von Eigenbedarfs<br />

gegeben.<br />

10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

Zum Zeitpunkt des Todes der Mutter des Klägers<br />

am 4. Mai 2013 war das Mietverhältnis bereits für<br />

Vgl. BVerfG NJW 1988, 1075; 1990, 3259; BGH Z 103,<br />

91 [96]; Pal./Weidenkaff § 573, RN 28.<br />

Vgl. BGH Z 103, 91 [95].<br />

Vgl. etwa BGH Z 103, 91 [101].<br />

Dies sollte man vor dem Problem „Wegfall des Eigenbedarfs“<br />

prüfen, da dort die Kündigungsfrist eine ganz entscheidende<br />

Bedeutung bekommen wird (s.u.).<br />

© RA Ingo Gold / Juli 2013

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