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1091_Loesung

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I. Zur Widerklage:<br />

Teil 3: Hilfsgutachten<br />

1. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts folgt<br />

aus §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG, da der Streitwert der<br />

Widerklage, die nicht mit der Klage addiert werden<br />

darf (vgl. § 5 2. Hs. ZPO), nicht über 5.000 € liegt.<br />

Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich bereits gemäß<br />

§§ 12, 13 ZPO über den Wohnsitz des Klägers (in<br />

seiner Rolle als Widerbeklagter). 36<br />

2. Der gemäß § 33 ZPO erforderliche Zusammenhang<br />

zwischen Klage und Widerklage muss vorliegend<br />

bezweifelt werden, denn die beiden Streitigkeiten<br />

haben außer der bloßen Parteiidentität keinerlei Berührungspunkte.<br />

Allerdings ist zu berücksichtigen,<br />

dass der Mandant keine bloße Formalentscheidung<br />

(etwa ein nicht die Sache selbst klärendes Prozessurteil)<br />

wünscht. Daher ist vorliegend – wie im<br />

Schriftsatz bereits geschehen – eine rügelose Einlassung<br />

zur Sache empfehlenswert. Eine solche ist<br />

selbst nach Ansicht des BGH, der den Zusammenhang<br />

zwischen Klage und Widerklage als eine besondere<br />

Sachurteilsvoraussetzung für die Widerklage<br />

ansieht, möglich: dann tritt eine Heilung nach<br />

§ 295 ZPO ein. 37<br />

3. Auswirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses<br />

(PÜB) auf die Widerklage:<br />

a. Infolge des PÜB ist eine Umstellung des Widerklageantrags<br />

einerseits unvermeidbar 38 , andererseits hat<br />

der Beklagte aber auch nicht seine Prozessführungsbefugnis<br />

für die Widerklage verloren, weil er sich<br />

auf die gesetzliche Prozessstandschaft gemäß<br />

§ 265 II 1 ZPO stützen kann.<br />

36<br />

37<br />

38<br />

Rechtliche Überlegungen, deren Ergebnis für den eigenen<br />

Mandanten nachteilig sind (in einer Replikklausur ist das<br />

u.a. die Zulässigkeit einer Widerklage, soweit man diese<br />

nicht angreift), gehören keinesfalls in den Schriftsatz an<br />

das Gericht, sondern – je nach Bearbeitervermerk – entweder<br />

in ein Mandantenschreiben oder ins Hilfsgutachten.<br />

Alles andere ist völlig praxisfern und im Übrigen auch<br />

nicht vom Wortlaut des examenstypischen Bearbeitervermerks<br />

(„stützen“!) gedeckt. Siehe hierzu auch Assessor-Basics,<br />

Anwaltsklausur, § 1, RN 134 und § 2, RN 65.<br />

Vgl. hierzu ThP § 33, RN 7. Nach h.L., die § 33 ZPO nur<br />

als besonderen Gerichtsstand der Widerklage ansieht, also<br />

nicht als eine besondere Prozessvoraussetzung, käme es in<br />

diesem Fall „maximal“ auf § 39 ZPO an. Selbst diese Regelung<br />

wäre im vorliegenden Fall nicht notwendig, weil<br />

sich die Zuständigkeit – wie eben gezeigt – bereits aus<br />

anderen Vorschriften ergibt.<br />

Vgl. einerseits ThP § 265, RN 13, andererseits ThP § 836,<br />

RN 2 bzw. BGH NJW 2001, 2178 [2179].<br />

39<br />

40<br />

Assessorkurs Bayern<br />

Klausur Nr. <strong>1091</strong> / Lösung Seite 8<br />

Die Forderung war streitbefangen i.S.d. § 265 I<br />

ZPO, da die Aktivlegitimation des Widerklägers<br />

unmittelbar auf ihr beruht. Der Begriff „Abtretung“<br />

ist weit auszulegen und erfasst selbstverständlich<br />

auch die Rechtsübertragung durch Hoheitsakt. Erfasst<br />

ist auch der vorliegende Fall, denn der (Wider)-Kläger<br />

verlor infolge der Pfändung gemäß<br />

§ 828 ff ZPO (Verstrickung) und der Überweisung<br />

zur Einziehung gemäß § 835 I 1. Alt. ZPO im Ergebnis<br />

unstreitig die Befugnis, Zahlung an sich<br />

selbst zu fordern. 39<br />

Anmerkung: Der (Wider)-Kläger bleibt bei der<br />

Überweisung zur Einziehung gemäß § 835 I 1. Alt.<br />

ZPO rein formell Inhaber der Forderung: Ein Unterschied<br />

zur Überweisung an Zahlung statt gemäß<br />

§ 835 I 2. Alt. ZPO. Er macht also – anders als im<br />

Regelfall der Prozessstandschaft – kein „völlig<br />

fremdes“ Recht geltend. Nach h.M. behält er aufgrund<br />

dieser Rechtsstellung zusätzlich sogar noch<br />

ein Klagerecht dahingehend, dass er auch ohne Zustimmung<br />

des Vollstreckungsgläubigers auf Leistung<br />

an diesen klagen kann. 40 Nach dieser h.M.<br />

kann er also auch dann im Wege der Prozessstandschaft<br />

vorgehen, wenn die Pfändung und Überweisung<br />

vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgte und<br />

deswegen kein Fall von § 265 II 1 ZPO vorliegt;<br />

diese Prozessstandschaft folgt dann unmittelbar aus<br />

den Grenzen der Wirkung des § 835 I 1. Alt. ZPO.<br />

Wegen dieser verbliebenen Restbefugnisse des Klägers<br />

wäre es auf den ersten Blick nicht völlig unvertretbar,<br />

den § 265 ZPO nur im Falle der Überweisung<br />

an Zahlung statt anzuwenden und die Prozessstandschaft<br />

im Falle der Überweisung zur Einziehung<br />

direkt auf § 835 I 1. Alt. ZPO zu stützen (also<br />

wie bei Pfändung vor Rechtshängigkeit; s.o.). Auswirken<br />

würde sich diese Frage im hier gegebenen<br />

Regelfall der beabsichtigten Fortsetzung des<br />

Rechtsstreits durch den bisherigen Kläger gar nicht.<br />

Dies ist hier auch in der Tat nach Rechtshängigkeit<br />

erfolgt, nämlich durch Beschluss vom 20. Mai 2013,<br />

zugestellt am 21. Mai 2013. Die Zustellung der Widerklage,<br />

auf die hier nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut<br />

des § 265 I ZPO abzustellen ist (vgl.<br />

So (ohne Problemdiskussion) BGH NJW 2011, 2649<br />

[2651]; Brox/Walker Zwangsvollstreckung, RN 640. Zöller/Greger<br />

§ 265, RN 6a scheint bereits die bloße Pfändung<br />

als einen Fall des § 265 ZPO anzusehen, weil auch<br />

diese bereits die bisherigen Befugnisse beschränkt und<br />

nur noch eine eingeschränkte Vorgehensweise des Vollstreckungsschuldners<br />

zulässt (Klage auf Hinterlegung).<br />

Vgl. BGH NJW 2001, 2178 [2179]; ThP § 836, RN 2.<br />

© RA Ingo Gold / Juli 2013

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