VORSTAND GESUCHT - Bündnis 90/Die Grünen Nürnberg
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Männerdiskriminierung<br />
Leserbrief: Eine Antwort auf den<br />
letzten Zwischenruf<br />
von Peter Hirscher<br />
<strong>Die</strong> Märzausgabe des Zwischenruf<br />
trug unübersehbar eine feministische<br />
Handschrift. Diskriminierung auf Grund des<br />
Geschlechts ist jedoch kein exklusives Frauenproblem.<br />
Nahezu unbeachtet werden<br />
auch Männer in unserer Gesellschaft benachteiligt.<br />
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, so steht es in<br />
Artikel 3 des Grundgesetzes. Man(n) sollte davon ausgehen,<br />
dass dies eine für alle anderen Gesetze verbindliche Grundlage<br />
ist. Doch das ist ein großer Irrtum.<br />
Diskriminierung von Gesetzes wegen<br />
Nur wenige Paragraphen später ist es mit der Gleichberechtigung<br />
schon wieder vorbei. So heißt es in Artikel 6: "Jede<br />
Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der<br />
Gemeinschaft." Verdienen Väter weder Schutz noch Fürsorge?<br />
Der nachträglich eingefügte Artikel 12a treibt es<br />
noch weiter: Nur Männer werden zum Wehrdienst oder einem<br />
alternativen <strong>Die</strong>nst gezwungen. Wer sich als Totalverweigerer<br />
unter Berufung auf Artikel 3 widersetzt, wird<br />
kriminalisiert. Viele EU-Länder haben die ungerechte Wehrpflicht<br />
abgeschafft.<br />
Selbst neue Gesetzesvorlagen, die nach EU-Vorgaben „gegendert“<br />
werden müssen, ignorieren die Belange von Männern.<br />
Ein Beispiel ist die Gesetzesinitiative zur Einführung<br />
des § 226a in das Strafgesetzbuch (Bundesrats-Drucksache<br />
867/09). Hier soll ausschließlich die Genitalverstümmelung<br />
bei Frauen unter Strafe gestellt werden. Dass die Beschneidung<br />
männlicher Genitalien einen genauso schweren Eingriff<br />
in das Recht auf körperliche Unversehrtheit darstellt,<br />
wird vollkommen ignoriert.<br />
Woran liegt es, dass geschlechtsspezifische Benachteiligung<br />
nahezu automatisch mit Benachteiligung von Frauen assoziiert<br />
wird?<br />
Vorurteile und Mythen<br />
Frauen betreiben seit vielen Jahrzehnten eine intensive Lobbyarbeit.<br />
Es ist unbestritten völlig legitim, auf Benachteiligung<br />
hinzuweisen und deren Beseitigung zu fordern.<br />
Problematisch wird es allerdings, wenn mit falschen Fakten<br />
argumentiert wird. Hartnäckig hält sich die Behauptung,<br />
Frauen würden für gleiche Arbeit 23 % weniger verdienen.<br />
<strong>Die</strong>se Zahl stammt aus einer Rede der ehemaligen Familienund<br />
Frauenministerin Ursula von der Leyen. Ihr damaliges<br />
Ministerium stellte wenig später klar: "<strong>Die</strong> … Aussage von<br />
Frau Ministerin von der Leyen, dass ,Frauen noch immer nur<br />
77 % des männlichen Einkommens verdienen,<br />
wohlgemerkt für gleiche Arbeit'<br />
ist daher in dieser Form nicht richtig und<br />
missverständlich, auch wenn er sich in<br />
den Medien oft so oder ähnlich findet."<br />
Studien des Institut für Arbeitsmarkt- und<br />
Berufsforschung der Bundesagentur für<br />
Arbeit wie auch der DGB-nahen Hans-<br />
Böckler-Stiftung kommen zu dem Schluss,<br />
dass eine Lohndifferenz, wenn überhaupt,<br />
unter 7 % im Westen bzw. 2,5 % im Osten<br />
liegen dürfte.<br />
Männer sind immer die Täter und Frauen immer die Opfer.<br />
Wie tief dieses Vorurteil in unseren Köpfen verankert ist und<br />
wie wenig es den realen Tatsachen entspricht, zeigt das Problemfeld<br />
„häusliche Gewalt“. Wer assoziiert hier nicht sofort<br />
das Bild des alkoholisierten Mannes, der auf eine<br />
wehrlose Frau einprügelt? Über 200 Studien belegen, dass<br />
in heterosexuellen Beziehungen die Gewalt zu gleichen Teilen<br />
von Männern wie von Frauen ausgeht. Während es für<br />
Frauen inzwischen zahlreiche Hilfsangebote, wie z.B. Frauenhäuser,<br />
gibt, fehlen diese für Männer vollkommen. Hier<br />
ist man in der Schweiz bereits weiter. Dort gibt es Beratungsstellen<br />
für männliche Gewaltopfer und Ende 2009 eröffnete<br />
in Zürich das erste Männerhaus.<br />
Grüne Geschlechtergerechtigkeit?<br />
Für <strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong>/<strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong> ist Geschlechtergerechtigkeit ein<br />
wichtiges Thema. Aber wie sieht es in der realen politischen<br />
Arbeit aus? Es gibt Frauenbeauftragte und Arbeitskreise für<br />
Frauenpolitik. Aber wo sind die Gremien, die sich für Männerthemen<br />
stark machen? Zwar schreibt sich der bayerische<br />
Landesarbeitskreis Frauenpolitik auf die eigenen Fahnen,<br />
„mit allen Facetten und Themen der Gleichstellung zwischen<br />
(!) Frauen und Männern“ zu befassen, aber eine echte<br />
Kompetenz oder Sensibilität in Sachen<br />
Männerdiskriminierung darf angesichts von 100 % Frauendominanz<br />
berechtigt in Zweifel gezogen werden. Sollen grüne<br />
Männer als Gegenpol eigene Arbeitskreise bilden und<br />
Männerbeauftragte auf Landes- und Bundesebene fordern?<br />
Oder sollen sie analog zu manchen Feministinnen aus der<br />
grünen Jugend zur Bandenbildung gegen frauenbündisches<br />
Verhalten aufrufen?<br />
Frauen und Männern, die an einer echten Genderpolitik interessiert<br />
sind, wissen, dass eine derartige Polarisierung genauso<br />
wenig zum Ziel führt wie eine einseitige Betrachtung<br />
aus rein frauenpolitischem Blickwinkel. Männer und Frauen<br />
müssen im Dialog ein Gefühl und ein Verständnis für die Situation<br />
und die Bedürfnisse des jeweils anderen Geschlechts<br />
entwickeln. Um wirklich gerechte Lösungen zu finden, bedarf<br />
es einer offenen und vor allem ideologiefreien Diskussion.<br />
Nur so kann Genderpolitik glaubhaft sein.<br />
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Zwischenruf 2 / 2010 April / Mai