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tennis - ETUF Essen

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Segeln<br />

Nachruf<br />

Karl-Heinz Blumenstein<br />

ist für immer von Bord gegangen<br />

Kalle Blumenstein auf der JHV der <strong>ETUF</strong><br />

Segelriege 2010<br />

Am 16.02.2013 ist Karl Heinz Blumenstein,<br />

genannt Kalle, oder auch von seinen<br />

Freunden Charly genannt, im 88.<br />

Lebensjahr zu seinem letzten Törn aufgebrochen.<br />

Vor über 73 Jahren trat Kalle als Jugendlicher<br />

der Segelriege im <strong>ETUF</strong> bei.<br />

Durch seinen Nachbarjungen Hans-Georg<br />

Messer (auch er verstarb unerwartet<br />

6 Wochen später) wurde Kalle in seiner<br />

Jugend bereits während eines gemeinsamen<br />

Urlaubs an der Nordsee durch<br />

ein dort geliehenes Segelboot vom Segelvirus<br />

erfasst. 1949 kehrte er nach<br />

Kriegsdienst und 5-jähriger russischer<br />

Kriegsgefangenschaft aus dem 2. Weltkrieg<br />

zurück, leider zu spät, denn sein<br />

Vater wurde kurz zuvor beerdigt. So<br />

konnte Kalle erst spät als 24-jähriger<br />

junger Mann mit einer kaufmännischen<br />

Ausbildung auf einer der Zechen in <strong>Essen</strong><br />

beginnen. Auf der Kommandantur<br />

trank sein Vorgesetzter einen Kasten<br />

Bier jeden Tag während der Arbeit.<br />

Nach 6 Wochen schaffte sein Lehrling<br />

das auch. Das Biertrinken, wenn auch<br />

im geringeren Umfang, wurde seine 2.<br />

Leidenschaft, von der er nie mehr, wie<br />

auch dem Segeln, los kam.<br />

Mit seinem Jugendfreund Hans-Georg<br />

Messer konnte sich Kalle 1949 in Hamburg<br />

eine gebrauchte 12m² Sharpie-Jolle<br />

kaufen, eine zu damaliger Zeit weit<br />

verbreitete Bootsklasse. Diese Jolle<br />

brachten beide per Eisenbahn nach <strong>Essen</strong>.<br />

Gott sei Dank gab es am Baldeneysee<br />

eine Zechenbahn. So konnte die<br />

Sharpie-Jolle direkt vor dem <strong>ETUF</strong> angeliefert<br />

werden. In den 50-zigern kaufte<br />

Kalle sich dann ein sehr betagtes<br />

schweres Boot, ähnlich einem Jollenkreuzer<br />

allerdings mit Kiel und nannte es<br />

Racker. Auf dieses Boot heuerte er zwei<br />

15-jährige Jungs an (meinen Onkel<br />

Manni Heermann & Jürgen Reimann),<br />

diese lernten - besser gesagt - verdingten<br />

sich dort mit ersten Hand- und<br />

Spanndiensten, mit Takelarbeiten, waschen<br />

und lackieren. Im Gegenzug<br />

brachte er ihnen das Segeln bei. Zu Beginn<br />

der 60er Jahre, angeregt durch die<br />

Deutsche Meisterschaft der O-Jollen,<br />

die Ende August 1957 auf dem Baldeneysee<br />

stattfand (Deutscher Meister:<br />

Ernst Soltau), kaufte Kalle sich seine nagelneue<br />

O-Jolle G-363 der Bootswerft<br />

Fricke. Mit ihr nahm er an zahlreichen<br />

nationalen und internationalen Regatten<br />

in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden<br />

teil. Er fuhr einem VW Käfer<br />

mit Schiebeverdeck und Anhängerkupplung,<br />

hieran hängte er einen mittels Grubenstempel<br />

zum Bootstrailer umgebauten<br />

Anhänger mit seiner O-Jolle.<br />

Mit seinem Käfer und der Olympiajolle<br />

auf dem Bootsanhänger erlebt Kalle damals<br />

die große Freiheit. Diese für Ihn<br />

tollen Erlebnisse in der O-Jollenszene<br />

prägten ihn so stark, dass er bis zu seinem<br />

Tod der Olympiajollen-Klasse über<br />

mehr als 53 Jahre lang treu verbunden<br />

blieb. Ab 1962 engagierte sich Kalle<br />

mehr als 10 Jahre lang als 1. Vorsitzenden<br />

für die O-Jollenflotte <strong>Essen</strong>. Auch<br />

als Kalle schon lange keine O-Jolle<br />

mehr aktiv segelte, hielt er seinen<br />

Freunden in dieser Klasse die Treue.<br />

Keine Jahreshauptversammlung ließ er<br />

sich entgehen und bei den Regatten<br />

nahm er gern als Schlachtenbummler<br />

teil.<br />

Spektakulär war seine Entscheidung<br />

zum fünfzigsten Geburtstag: Kalle stieg<br />

auf den damals boomenden Laser um,<br />

die damals neu aufsteigende One-Design<br />

Einhandklasse. Mit über 50 Jahren<br />

war er zu der Zeit mit Abstand der älteste<br />

Segler in dieser Klasse am Baldeneysee<br />

und wurde von einigen Spöttern<br />

nun der „Segel Opa“ genannt. Im Nachhinein,<br />

ca. 20 Jahre später, bezeichnete<br />

er dies selber als eine Schnapsidee.<br />

Mitte der 80er Jahre entschied Kalle<br />

sich dann doch lieber für ein Folkeboot<br />

in Eignergemeinschaft mit Günter Vogt.<br />

Auf meine Nachfrage welche Hälfte<br />

denn nun ihm gehöre, betonte er stets<br />

„die Steuerbord Seite natürlich!“, (auf<br />

Traditionsschiffen schläft der Captian an<br />

Steuerbord).Noch in der Segelsaison<br />

2009 sah man ihn mit dem Folkeboot<br />

auf seinem so geliebten Baldeneysee<br />

segeln.<br />

Innerhalb der Segelriege des Etuf war er<br />

mit über 73 Mitgliedsjahren derjenige,<br />

der die Geschichte dieser Riege am<br />

längsten begleitet hat, dicht gefolgt von<br />

Hans-Georg. Auch hier brachte sich<br />

Kalle in den 70´er Jahren ehrenamtlich<br />

im Vorstand der Segelriege ein z.B. als<br />

Stegwart. Kalle Blumenstein stiftete<br />

zahlreiche Preise und Wanderpokale für<br />

die O-Jollen sowie für die wieder eingeführte<br />

Krupp-Regatta beim <strong>ETUF</strong>. Seine<br />

O-Jollenfreunde vergessen nicht das<br />

Sommerfest 2009 anlässlich seiner 50<br />

jährigen Zugehörigkeit. Zu diesem Anlass<br />

bekam er auch die goldene Ehrennadel<br />

verliehen.<br />

Kalle liebte es wie schon in den 50´er<br />

Jahren mit Jüngeren zu segeln. Tatsächlich<br />

war er ein streitbarer Mensch,<br />

im besten Sinne des Wortes. Der Aufschießer<br />

zum Anlegen musste auf Anhieb<br />

klappen, das Folkeboot musste vor<br />

dem Steg so zum Stillstand kommen,<br />

dass man bequem aussteigen konnte.<br />

Falls es einem ungeübten nicht auf Anhieb<br />

gelang war gleich Holland in Not.<br />

Gegessen durfte warmes <strong>Essen</strong> immer<br />

nur drinnen, in geschlossenen Räumen.<br />

Ob im Segelschuppen der Segelriege<br />

oder im Clubhaus des Yachtclub Ruhrland,<br />

besonders bei schönstem Sonnenwetter,<br />

wo alle andern Segler auf<br />

der Terrasse aßen. Da gab es kein Vertun.<br />

Mit dem Du anbieten war er auch<br />

sehr eigen. Als ich ihn mal mit seinem<br />

Spitznamen Kalle anredetet, nach langjähiger<br />

Mitsegelei auf dem Folkeboot,<br />

wir waren zu Fuß auf dem Weg zum<br />

Steg, wollte er mir ernsthaft das Du verweigern.<br />

Erst als ich ihn darauf hinwies<br />

wie lange er mit meiner Familie schon<br />

verbunden war, er brachte meinem Onkel<br />

„Manni“ in den 50´er Jahren das Segeln<br />

bei, und ging damals in dessen Elternhaus<br />

ein und aus, stimmte er<br />

mürrisch zu. Vielleicht lag es aber auch<br />

nur an unserem Altersunterschied von<br />

weit mehr als 40 Jahren.<br />

Seine schwindende Sehfähigkeit und<br />

körperlichen Kräfte ließen dann vor einigen<br />

Jahren das Segeln leider nicht<br />

mehr zu. Von nun an erfüllte ihn eine<br />

Leere in seinem Leben. Das Thema junge<br />

Menschen brach gerade zu wieder<br />

aus Ihm her raus. Er hätte so gerne mit<br />

Hans-Georg & Kalle auf der 12m² Sharpie-Jolle<br />

jüngeren Menschen zusammen gelebt.<br />

Erst als seine Kräfte weiter schwanden<br />

fügte er sich nur widerwillig seinem<br />

Schicksal. Ungefähr 4 Wochen nach<br />

Kalles Tod, verließen auch seiner Frau<br />

Margarete die Kräfte, so dass wir sie<br />

neben Kalle beerdigten.<br />

Unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl<br />

gilt der Familie Blumenstein, besonders<br />

seiner Tochter Andrea und seinem<br />

Enkel Lars, die ihn stets<br />

unterstützten. Dieses gilt natürlich auch<br />

für die Familie Messer, insbesondere<br />

seiner Frau Dorle mit den beiden Töchter<br />

Dorothee & Ulrike und deren Familien.<br />

Zu Kalles Beerdigung war Hans-<br />

Georg noch eigens mit dem Auto<br />

gekommen, zur Beerdigung Margaretes<br />

entschuldigt er sich persönlich telefonisch.<br />

Die Segelriege des <strong>ETUF</strong> verliert mit<br />

Karl Heinz Blumenstein und Hans-Georg<br />

Messer die letzten zwei Clubmitglieder<br />

aus der Vorkriegszeit (welche<br />

die Segelriege am längsten begleitet<br />

haben) und eins seiner verdienten Ehrenmitglieder<br />

Kalle Blumenstein.<br />

Die Olympiajollen-Flotte <strong>Essen</strong> verliert<br />

sein wohl, mit über 53 Jahren zeitlich<br />

am längsten zugehöriges Mitglied, obwohl<br />

er davon die meiste Zeit nicht aktiv<br />

die O-Jolle segelte. Auch Hans-Georg<br />

war vor ein paar Jahren in die<br />

O-Jollenflotte <strong>Essen</strong> eingetreten. Er<br />

wollte wieder dazu gehören, da er früher<br />

auch einmal O-Jolle gesegelt hatte.<br />

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