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Kommunikations- Kulturen - profi-L

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4<br />

Grundlagenartikel<br />

<strong>Kommunikations</strong>kulturen in der digitalen Gesellschaft<br />

Noch fehlt der Knigge<br />

Eine gute <strong>Kommunikations</strong>kultur zeichnet sich dadurch aus, dass alle, die miteinander<br />

in einem sozialen Netzwerk zusammen leben und lernen, sich artikulieren können, einander<br />

Aufmerksamkeit schenken, bei Konflikten rasch nach Lösungen suchen und – auch bei<br />

unterschiedlichen Meinungen und Ansprüchen – einander Wertschätzung ausdrücken.<br />

Die Schule ist ein soziales Netzwerk, in<br />

ventionen einzuhalten sind und wie<br />

aus einer Gesprächssituation herausreis­<br />

welchem intensiv kommuniziert wird.<br />

sie die Schreib- und Gesprächsanlässe<br />

sen lässt durch einen Signalton, der sich<br />

Dasselbe gilt für virtuelle Räume, wie<br />

richtig einordnen. Dabei hilft es, die in­<br />

ins Bewusstsein drängt. In einer Studie<br />

zum Beispiel Facebook. Heranwach­<br />

formellen Sprachgewohnheiten nicht<br />

zum Handyumgang von Schweizer Ju­<br />

sende bewegen sich immer häufiger in<br />

abzuwerten, sondern spezifischen Si­<br />

gendlichen haben wir festgestellt, dass<br />

medialen <strong>Kommunikations</strong>räumen, und<br />

tuationen zuzuordnen.<br />

dies bis zu Symptomen einer Verhaltens­<br />

Prof. Dr. Daniel Süss,<br />

Professor für Medienpsychologie<br />

an der<br />

Zürcher Hochschule für<br />

Angewandte Wissenschaften<br />

und Professor<br />

für Publizistik- und<br />

<strong>Kommunikations</strong>wissenschaft<br />

an der<br />

Universität Zürich<br />

dort sind anerkannte <strong>Kommunikations</strong>regeln<br />

erst im Entstehen begriffen. Ein<br />

Knigge für die mobile Kommunikation<br />

oder eine «Netiquette» fürs Internet<br />

werden von den <strong>Kommunikations</strong>teilnehmenden<br />

durch Versuch-und-Irrtum<br />

ausgehandelt. Manche erwachsenen<br />

«Digital Immigrants» befürchten, dass<br />

die <strong>Kommunikations</strong>formen in den di­<br />

Die «Kanalreduktion» der Kommunikation<br />

via SMS oder Chat (d.h. man kann<br />

sich nicht über alle Sinne wahrnehmen)<br />

etwa führt zu einer Enthemmung. Man<br />

kommuniziert impulsiver, sei dies bei<br />

positiven wie auch bei negativen Stimmungen,<br />

zum Beispiel wenn man sich<br />

über etwas oder jemanden ärgert und<br />

sucht führen kann und dass es manche<br />

Jugendlichen schlecht ertragen, nicht<br />

innert Sekunden auf eine SMS reagieren<br />

zu können. Die Konsequenz vieler Schulen,<br />

die Handys ganz aus dem Schulalltag<br />

zu verbannen, trägt allerdings nicht<br />

dazu bei, einen selbstgesteuerten und<br />

reflektierten Umgang mit diesen konkurrierenden<br />

<strong>Kommunikations</strong>offerten<br />

gitalen Medien zu einem Verfall von<br />

dem Vis-à-vis nicht direkt gegenüber<br />

zu erlernen. In der Schule sollten sol­<br />

<strong>Kommunikations</strong>kultur führen, weil<br />

steht. Da Signale von Autorität wie<br />

che Herausforderungen gemeinsam<br />

in den virtuellen Räumen informeller,<br />

Bekleidung oder Arrangements von<br />

angeschaut werden, und es sollte ein<br />

rascher und impulsiver kommuniziert<br />

Besprechungsräumen wegfallen, ent­<br />

Bestandteil der <strong>Kommunikations</strong>kultur<br />

wird. Unsere Studien zeigen, dass sich<br />

steht der Eindruck, dass man mit allen<br />

der Schule sein, Regeln zu entwickeln,<br />

die <strong>Kommunikations</strong>kompetenzen nicht<br />

«auf gleicher Augenhöhe» kommunizie­<br />

wann volle Aufmerksamkeit erforder­<br />

generell verschlechtern, aber dass Kin­<br />

ren kann. Dabei werden die Anreden<br />

lich ist und man sich deshalb von allen<br />

der, Lehrpersonen und Eltern die Vielfalt<br />

und Formulierungen kumpelhafter, als<br />

möglichen Störungen abgrenzen will,<br />

der heutigen <strong>Kommunikations</strong>formen<br />

dies in einer Face-to-Face-Situation der<br />

aber auch, in welchen Situationen die<br />

und -anforderungen miteinander klären<br />

Fall wäre.<br />

ständige kommunikative Erreichbarkeit<br />

müssen. Tun sie dies nicht, dann treten<br />

Missverständnisse und Irritationen auf.<br />

Sprech- und Schreibanlässe<br />

unterscheiden<br />

Aufmerksamkeit fokussieren<br />

Kinder bekommen in der Regel mit<br />

neun Jahren ihr erstes Handy, manche<br />

gar nicht auf eigenen Wunsch, sondern<br />

via Medien akzeptabel oder sinnvoll ist.<br />

Auf der digitalen Probebühne<br />

Social Media-Plattformen – allen voran<br />

Facebook – sind ein Kommunikati­<br />

Chat-Kommunikation wird zum Beispiel<br />

auf Wunsch der Eltern, weil diese ihre<br />

onsraum für junge Menschen, in dem<br />

meist in Mundart geschrieben, und die<br />

Kinder jederzeit wollen erreichen kön­<br />

Erfahrungen gesammelt werden, die<br />

Rechtschreibregeln spielen keine Rolle.<br />

nen. Fast alle Schweizer Jugendlichen<br />

zentralen Entwicklungsaufgaben die­<br />

Chats laufen schnell und sind eher mit<br />

besitzen ein Handy, und 80 Prozent die­<br />

nen. Das Internet ist zu einer Probebüh­<br />

gesprochenen Aussagen vergleichbar<br />

ser Geräte sind Smartphones. Eine He­<br />

ne geworden, auf der man die eigene<br />

als mit geschriebenen. Abkürzungen<br />

rausforderung für die Gesprächskultur<br />

Identität inszeniert und sorgfältig dar­<br />

und Emoticons tragen dazu bei, schnell<br />

ist der Trend zum Multitasking, welcher<br />

auf achtet, was auf positive Resonanz<br />

kommunizieren zu können. Analysiert<br />

durch die permanente Verfügbarkeit<br />

(Likes) stösst, was auf negative und was<br />

man den Satzbau gesprochener Spra­<br />

von mobilem Internetzugang via Smart­<br />

ignoriert wird. Diese sozialen Feedbacks<br />

che, dann findet man auch hier oft<br />

phones gefördert wird. «Always on»<br />

sind für die Heranwachsenden so wich­<br />

unvollständige Sätze und grammati­<br />

kann dazu führen, dass man nie die vol­<br />

tig, dass sie es oft als Druck empfinden,<br />

kalische Nachlässigkeiten. Die Heraus­<br />

le Aufmerksamkeit auf einen Kommuni­<br />

wenn sie während der Schulzeit nicht<br />

forderung besteht darin, dass Kinder<br />

kationspartner richtet, sondern oft die<br />

immer wieder überprüfen können, was<br />

lernen müssen, wann welche Kon­<br />

Aufmerksamkeit teilt oder sich jederzeit<br />

im Netz läuft. 50 Prozent der jungen<br />

<strong>profi</strong>-L 2 / 13 © Schulverlag plus AG

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