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Sicherheit finden - AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft

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Gruppe – sicherer Hafen<br />

oder stürmisches Gewässer?<br />

Die therapeutische Arbeit in<br />

Gruppen hat sich schon vor einigen<br />

Jahrzehnten vor allem<br />

im stationären Bereich etabliert.<br />

Und doch hören die Gruppentherapeuten<br />

bis heute, v.a.<br />

zu Behandlungsbeginn, immer<br />

wieder von den Patienten<br />

den Satz: „Das sag ich aber<br />

nicht vor der Gruppe!“ Warum<br />

lenkt da nicht endlich jemand<br />

ein, warum wird das Gruppenkonzept<br />

nicht über Bord<br />

geschmissen? Eine mögliche<br />

Erklärung könnte der Satz der<br />

Patienten zu Behandlungsende<br />

sein, den Therapeuten auch<br />

immer wieder hören: „Die<br />

Gruppe hat mich unheimlich<br />

unterstützt!“ Es lohnt sich<br />

also mal genauer hinzuschauen:<br />

Was macht eine therapeutische<br />

Gruppe besonders?<br />

Wie kann eine Gruppe den Einzelnen<br />

unterstützen? Was<br />

braucht sie dazu?<br />

Unabhängig vom therapeutischen<br />

Setting ist eine Gruppe<br />

zunächst mal eine Ansammlung<br />

von zwei oder mehr Menschen,<br />

die miteinander in Interaktion<br />

stehen und in dem<br />

Sinne voneinander abhängig<br />

sind, dass ihre Bedürfnisse<br />

und Ziele eine gegenseitige<br />

Beeinflussung bewirken<br />

(Cartwright & Zander, 1968;<br />

Lewin, 1948). Schwerer Satz,<br />

bedeutet aber erst mal nur,<br />

dass mehrere Personen zusammen<br />

treffen und sich gegenseitig<br />

beeinflussen (trifft<br />

auch auf Familien, Sportteams,<br />

Cliquen zu). Evolutionspsychologen<br />

argumentieren, dass<br />

es uns seit der Steinzeit ein inneres<br />

Grundbedürfnis ist, einer<br />

Gruppe zugehörig zu sein, um<br />

zu überleben. Tatsächlich ist<br />

kulturübergreifend die Motivation<br />

erkennbar, Beziehungen<br />

zu anderen Menschen einzugehen<br />

und diese aufrechtzuerhalten.<br />

Durch die Zugehörigkeit<br />

zu einer Gruppe entsteht<br />

ein Gefühl von <strong>Sicherheit</strong>,<br />

unsere eigene Identität<br />

wird klarer definiert und in der<br />

Abgrenzung zu anderen Gruppen<br />

erleben wir Unterstützung<br />

(Beispiel: Fußballfans). So<br />

bemühen wir uns auch, nicht<br />

ausgestoßen zu werden, in<br />

dem wir uns an soziale Normen,<br />

d.h. klar definierte Regeln<br />

halten. Wenn ich als Fußballfan<br />

plötzlich das Trikot des<br />

gegnerischen Teams trage,<br />

wird wohl jede Fußballfreundschaft<br />

auf eine harte<br />

Probe gestellt.<br />

Bis hierhin ist verständlich,<br />

warum jeder von uns sich irgendeiner<br />

Gruppe anschließt<br />

und diese Bindung aufrechterhält,<br />

anstatt sich als einsamer<br />

Pirat durchs Leben zu<br />

schlagen (und selbst der<br />

braucht eine Crew). Doch warum<br />

soll Therapie in Gruppen<br />

statt<strong>finden</strong>? Warum soll ich<br />

mich als Betroffener in meinen<br />

Schwierigkeiten und Problemen<br />

dem „harten Wind“ der<br />

Gruppe aussetzen?<br />

Unbestritten unter Experten ist<br />

zunächst mal: Das Gruppenkonzept<br />

ist erfolgreich! „Aufgrund<br />

vorliegender Forschungsergebnisse<br />

ist davon<br />

auszugehen, dass Gruppenpsychotherapie<br />

für die meisten<br />

psychischen Störungen als<br />

eine gleichrangige Alternative<br />

zur Einzeltherapie angesehen<br />

werden kann und dass sie für<br />

eine Reihe von Störungen sogar<br />

als Methode der Wahl anzusehen<br />

ist.“ (Fiedler, 2005).<br />

Heiß diskutiert unter Experten<br />

ist mittlerweile jedoch die Annahme,<br />

dass eine Gruppe allein<br />

durch ihre Dynamik heilsam<br />

wirkt, d.h. dass die Gruppe<br />

und deren Dynamik ein Abbild<br />

der Konfliktmuster und Problemlagen<br />

der Patienten aus<br />

ihrem Lebensalltag darstellt<br />

(„Mikrokosmos“) und durch<br />

ein Arbeiten im „Hier und<br />

Jetzt“ diese Probleme gelöst<br />

werden können. Ich möchte<br />

mir an dieser Stelle nicht anmaßen,<br />

in die Diskussion einzusteigen.<br />

Klar sollte jedoch<br />

sein, dass keine Gruppe frei<br />

von Dynamik ist, bspw. in<br />

Form der Entwicklung eigener<br />

Regeln und Normen, Rollenverteilungen<br />

oder des Umgangs<br />

mit anderen Gruppen.<br />

Wichtig ist und bleibt aber<br />

auch, dass jeder einzelne unabhängig<br />

von der Gruppendynamik<br />

Unterstützung hinsichtlich<br />

seiner alltäglichen<br />

Lebenslagen bzw. Konflikte<br />

erhält, nur so ist ein Transfer<br />

des Gelernten „außerhalb der<br />

Käseglocke“ für jeden Einzelnen<br />

möglich.<br />

Damit eine Gruppe erfolgreich<br />

und zielorientiert arbeiten<br />

kann und alle Beteiligten das<br />

Gefühl haben, zu profitieren,<br />

müssen einige „heilsame“ Faktoren<br />

unbedingt erfüllt sein.<br />

Fiedler (2005) hat diese treffend<br />

zusammengestellt, die<br />

wichtigsten möchte ich im<br />

Folgenden in eigenen Worten<br />

wiedergeben:<br />

1. Gruppenkohäsion<br />

Die Gruppe entwickelt ein eigenes<br />

„Wir-Gefühl“, es entsteht<br />

Zusammenhalt. In Folge<br />

hat jeder Einzelne das Gefühl,<br />

sich und seine Probleme<br />

darstellen zu können und Unterstützung<br />

durch die Gruppe<br />

zu erhalten, ohne sich ver-<br />

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