Sicherheit finden - AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft
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Grenzen sichern -<br />
Tatbestand oder Befehl?<br />
Grenzen verunsichern -<br />
Gefahr oder Notwendigkeit ?<br />
Grenzen erkennen – in Freiheit<br />
leben! Vergiss es nicht: „Das<br />
Gegenteil von Abhängigkeit<br />
ist Freiheit!“ Und darum geht´s;<br />
Abstinenz ist (nur?) der Weg<br />
dahin. Und diese Freiheit will<br />
und soll und muss gesichert<br />
werden; sozusagen in „trockenen<br />
Tüchern“ sein.<br />
Freiheit ist d a s Thema des<br />
Suchtkranken schlechthin, der<br />
ja das Paradebeispiel darstellt<br />
für jemanden, der keine Grenzen<br />
(mehr) anerkennt oder<br />
anerkennen konnte und in<br />
seiner grenzenlosen Maßlosigkeit<br />
sich und seine Welt<br />
zum Sterben führt; Sterben<br />
heißt hier die endgültige Aufhebung<br />
menschlicher Grenzen,<br />
Tod.<br />
Der Alkoholiker hat in einem<br />
nicht gut vorstellbaren Maße<br />
Grenzen nicht anerkannt, aufgehoben,<br />
zumindest zeitweise,<br />
oder einfach „weggesoffen“.<br />
©Andreas Senftleben | pixelio.de<br />
Berthold Kilian, Therapeut und<br />
Suchtexperte (jetzt im UnruheZustand),<br />
sagte auf meine<br />
Frage in einer Talkshow:<br />
„Wer sich selbst keine Grenzen<br />
setzt, wer, wie der Süchtige<br />
(gleichwohl welcher Art) grenzenlos<br />
geworden ist, der<br />
braucht fremde Grenzzieher,<br />
damit er überlebt!“ Grenzen<br />
sind nicht nur notwendig, sondern<br />
wie hier im Fall des Süchtigen<br />
notwendig.<br />
Ist das so, dass Freiheit nur innerhalb<br />
von (gesicherten)<br />
Grenzen möglich ist, dass<br />
Grenzen notwendig sind, um<br />
überhaupt leben zu können, einerseits<br />
– und andererseits,<br />
dass der Mensch Grenzerfahrungen<br />
machen muss, damit er<br />
zum wirklichen Leben kommen<br />
kann? Die Antwort ist eindeutig.<br />
Es scheint paradox: Erst dann,<br />
wenn der Mensch seine Grenzen<br />
(wie immer die auch sind)<br />
akzeptiert, erst dann gewinnt<br />
er den Raum, in dem er leben<br />
kann. Grenzenlosigkeit führt<br />
zum Zerfall, zum Verlust, Grenzenlosigkeit<br />
führt sogar in den<br />
Tod.<br />
Das hat der Süchtige am eigenen<br />
Leib erfahren müssen.<br />
Erst als er in der ersten Kapitulation<br />
die Tatsache des<br />
„ N i c h t - M e h r - T r i n k e n -<br />
Könnens“ und „Nicht-Mehr-<br />
So-Leben-Könnens“, diese tödliche<br />
Grenze akzeptiert hat,<br />
erst dann konnte er beginnen<br />
zu leben oder leben zu üben.<br />
Vielen ist das Wissen, wie<br />
man „richtig“ lebt, abhanden<br />
gekommen.<br />
Grenzziehungen/Grenzen haben<br />
durchaus Positives. Mit<br />
Grenzen assoziiert man leicht<br />
Negatives: Verbote, Einschränkungen,<br />
Regeln, Unfreiheit<br />
(siehe auch den Kommentar<br />
von OCHSENTOUR).<br />
Die ehemalige Chefärztin der<br />
Fachklinik Bad Tönisstein Frau<br />
Dr. Todcz erklärte mir das in einem<br />
Beispiel so und bezog sich<br />
auf Wasser und seine Begrenzungen:<br />
„Erst, wenn ich Wasser<br />
in Begrenzungen halte,<br />
gewinne ich einen Teich, einen<br />
Stausee, sonst fließt das Wasser<br />
weg und zerfließt“. Dieses<br />
Gleichnis/Bild, mit dem (sinnlos)<br />
zerfließenden Wasser steht<br />
auch für eine menschliche Dimension.<br />
Das körperliche Erscheinungsbild,<br />
durch die Haut<br />
begrenzt, durch Größe und<br />
Beschaffenheit unserer Muskeln<br />
konstituiert, weist uns<br />
als derjenige oder diejenige<br />
aus, die wir sind. Im Tod lösen<br />
sich diese natürlichen Grenzen<br />
auf und es gibt keine (sichtbare)<br />
Existenz mehr. Dann bin<br />
ich einfach nicht mehr da.<br />
Grenzen festlegen bedeutet<br />
auch, an Konturen festzuhalten.<br />
Konturlosigkeit lässt ganze<br />
Völker auseinander zerfließen:<br />
Bei der kleinsten Gruppierung,<br />
der Familie, angefangen.<br />
Ein sehr schönes lebenswertes<br />
Beispiel für den (Überlebens)<br />
Wert von Grenzen finde ich im<br />
1. Kapitel des Weltbestsellers<br />
„Sorge Dich nicht, lebe!“ von<br />
Dale Carnegie. Carnegie empfiehlt<br />
da: Man solle in „zeitdichten<br />
Schotten“ leben. Das<br />
Gestern soll man ruhen lassen:<br />
es ist vorbei! Der Morgen ist<br />
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