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öh_courier Campusmagazin der ÖH Linz KW 44 - Seite 18 „Ich bin Österreicherin – man hört‘s nur nicht“ Universitätsprofessorin Katharina Pabel über ihr Engagement bei der UNO, den Traum einer einfachen Verwaltung und den Heiratsmarkt im JUS-Studium Universitätsprofessorin Katharina Pabel WORDRAP JKU Campusuni Jus immer spannend ÖH Vertretung der Studierenden? Deutschland zuhause Österreich zuhause Idealismus ganz wichtig Sie sind Mitglied im Beratenden Ausschuss des UN-Menschenrechtsrates? Das ist ein UN-Gremium mit Sitz in Genf, ein Nebenorgan des UN-Menschenrechtsrates, das unabhängig ist Es berät den Menschenrechtsschuss und arbeitet für bestimmte Themen vorbereitende Studien aus. Sind Sie Humanistin? Erstmal nein, weil mir der Begriff zu unklar ist. Ich wüsste nicht, was Sie damit meinen. Gerade der Begriff Humanismus wird oft dazu verwendet, um auszudrücken, dass man nicht religiös ist. Vor allem gezielt antireligiöse Organisationen bezeichnen sich immer wieder als humanistisch und in diese Ecke will ich mich einfach nicht einordnen lassen. Ich lege mich ungern auf solche Schlagworte fest, weil das Widerspruch provoziert. Also was wollen Sie wissen, wenn Sie mich das fragen? Ist ein gewisses Maß an Humanismus notwendig, um bei einem solchen Gremium mitzuarbeiten? Ja, ganz klar. Wenn man kein Interesse daran hat, Menschenrechte als Grundlage zu sehen, sollte man dort nicht hingehen. Was das im Detail heißt, darüber kann man streiten. Sie sind als Österreicherin in diesem UN-Gremium. Sehen Sie sich als Österreicherin? Ja, man hört‘s nur nicht. (lacht) Sind Sie Idealistin? Ja, so ein Gremium kostet mich Energie und Zeit und ich kriege nur das Hotel und den Flug bezahlt und sonst nichts. Das macht man nur, wenn man hinter der Idee steht und es spannend findet. Um nach Österreich zurückzukommen, muss man als normaler Bürger die Verfassung verstehen? Den Anspruch sollten wir haben. Glauben Sie, dass jeder Bürger die Verfassung versteht? Ganz klar: Nein. Interessant ist: Je neuer die Regelungen im B-VG sind, desto länger und schwerer verständlich sind sie. Ist die Verwaltung für die Bürger zu kompliziert? Ich glaube nicht. Damit muss man leben. Das Leben ist kompliziert und das macht sich auch in der Verwaltung bemerkbar. Man muss klar sagen: Eine einfache Verwaltung ist unrealistisch. Sind manche Juristen glücklich darüber, dass die Juristerei so kompliziert ist? Beim Verfassungsrecht nicht. Da hätte kaum jemand Probleme damit, wenn das einfacher wäre. Wenn man solche Überlegungen anstellt, dann eher in anderen Bereichen. Gibt es „den typischen Juristen“? Es gibt verschiedene Arten von Juristen und man wird die Typen in Deutschland und in Österreich finden. Es gibt das Klischee des Jus- Autoren: Christoph Kinast & Severin Gruber
Campusmagazin der ÖH Linz KW 44 - Seite 19 Studenten und es wird auch welche geben, die dem Klischee relativ gut entsprechen. Das Klischee wäre für mich, dass jemand Jus studiert, um danach viel Geld verdienen zu können. Ist das verwerflich? Ich finde nicht! Dann gibt es den typischen Verlegenheitsjuristen, der erstmal nicht weiß, was er machen soll und deswegen Jus studiert. Manche Klischees haben sich auch verloren. Es gab zum Beispiel das Klischee der Jus-Studentin, die das Studium als Heiratsmarkt ansieht und ich glaube, das haben wir hinter uns gelassen. Der Jus-Heiratsmarkt ist also geschlossen? Das wissen Sie besser als ich. (lacht) Wenn Sie eine Verfassungsänderung sofort machen könnten, welche wäre das? Darüber habe ich nie nachgedacht. Die Neuerung mit den Verwaltungsgerichten zu Jahreswechseln ist von großer Bedeutung, auch wenn sie vielleicht nicht so bedeutend erscheint. Wie kommt man als gebürtige Deutsche zum österreichischen Verfassungs- und Verwaltungsrecht? Das ist ein nicht ganz untypischer Lebensweg. Man fängt an einer Uni an und hat durch Zufälle die Gelegenheit, die Universität zu wechseln. Ich habe angefangen an der Universität Bonn und da war am Lehrstuhl ein österreichischer Professor. Der hat dann wieder nach Österreich zurückgewechselt und ich bin als Assistentin mitgegangen. Belächeln uns Deutsche für die Eigenarten in der österreichischen Verwaltung? Belächeln ist das falsche Wort, man stellt Unterschiede fest. Man sagt einfach: Bei uns ist das und das anders. Belächeln kann man nicht sagen. Ihre Laufbahn hat Sie in viele Städte gebracht, Bonn, Graz, Wien, Köln und Linz. Sind Sie eine Reisende? Also für mich gehört das zu den Vorzügen eines Universitätsjobs. Man hat die Chance, in fast jede Stadt mit einer Universität zu wechseln, welche immer auch ein gewisses Umfeld anbietet. Dass sich das dann so ergeben hat war Zufall und nicht geplant. Generell kann man sagen, dass die Beweglichkeit der Lehrenden an den Universitäten in Deutschland größer ist. Es ist selbstverständlicher, dass man die Uni wechselt. Das hängt aber auch mit der Größe des Landes zusammen. Haben Sie ein Auslandssemester gemacht? Ich selbst habe leider nie eines gemacht. Das heißt, Sie holen das jetzt nach? Ja, ich würde das empfehlen. Ich würde aber auch empfehlen, in ein Land zu gehen, wo man eine andere Sprache spricht. Was wäre Ihre nächste Station als Reisende? Ich bin nicht mit der Perspektive gekommen, in einer bestimmten Zeit wieder weiterzuziehen. (lacht) Ich bin jetzt mit meiner vollen Kraft hier und schiele nicht nach Orten, wo das Gras grüner ist. Ich bin gerne hier. Sie beschäftigen sich unter anderem mit Staatskirchenrecht. Wie kommt man dazu? Man kann es auch moderner formulieren, dann nennt man es das Verhältnis von Staat und Kirche oder man sagt dazu Recht und Religion. Das war echtes Interesse und diese Fragen interessieren mich nach wie vor. Das sind Fragen, die in einem Grenzbereich liegen und die man als Jurist gerade noch erfassen kann. Das ist wirklich persönliches Interesse. Sie haben in Bonn studiert. Haben Sie den Ost-West-Konflikt mitbekommen? Gegenfrage: Wie alt glauben Sie, bin ich? (lacht) Also Bonn ist ganz, ganz im Westen in Deutschland, da hat das keine Rolle gespielt. Die DDR war Ausland. Aber natürlich hat es uns im Jus-Studium begleitet, vor allem die rechtlichen Fragen der Wiedervereinigung. Haben Sie bei der Wiedervereinigung gefeiert? Man hat in Berlin gefeiert. Man hat im Osten gefeiert. Bis nach Bonn sind die Feiern nicht gekommen. Ich bin nicht aufgestanden und habe die Nationalhymne gesungen und ich kann mich auch nicht daran erinnern, eine Flasche Sekt geöffnet zu haben. Man war sich aber bewusst, dass das eine ganz spezielle Phase der deutschen Geschichte ist und hat den Vorgang intensiv verfolgt. Und nach der Grenzöffnung hab ich mir den Osten von Berlin natürlich einmal angeschaut, weil ich neugierig war. Was war Ihr Eindruck? Unvorstellbar grau. Es war fremd. Das hatte etwas von einer Entdeckungstour. Haben Sie abschließend noch einen Tipp für die Jus-Studenten unter den Lesern? Man sollte den ersten Abschnitt dafür nutzen, herauszufinden, ob das Studium wirklich was für einen ist. Wenn man zweifelt, sollte man einen Schlussstrich ziehen. Es ist ganz schlimm, wenn man nach Jahren des Studiums feststellt, dass man in diesem Bereich unglücklich wird. Die Vorstellung, tagelang in der Bibliothek zu sitzen, darf keinen Schrecken haben. Wenn man das nicht möchte, ist man in der Juristerei vielleicht falsch.
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