28 - Herrenberg
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12 AKTUELLES<br />
Donnerstag, 11. Juli 2013<br />
Amtsblatt <strong>Herrenberg</strong> / Ausgabe <strong>28</strong><br />
„Wohl sind wir dausent und dausent Meilen voneinander entfernt“<br />
Auswandererbriefe im Stadtarchiv <strong>Herrenberg</strong> - Einsichten in das Denken der Menschen im 19. Jahrhundert<br />
Auswanderungsbewegungen aus<br />
dem Herzogtum Württemberg gab<br />
es bereits im 18. Jahrhundert. Dies<br />
belegen die als Reaktion darauf erlassenen<br />
herzoglichen Generalreskripte,<br />
z.B. aus den Jahren 1709,<br />
1712 und 1717, mit denen Herzog<br />
Eberhard Ludwig von Württemberg<br />
(1676–1733) und seine Beamten die<br />
Auswanderung einzudämmen suchten.<br />
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />
gingen diese Bewegungen<br />
zunächst zurück, um dann seit den<br />
1780er Jahren wieder zuzunehmen.<br />
Jedoch erst im 19. Jahrhundert, beginnend<br />
mit der Emigration von 1800/04,<br />
Auswandererbrief vom 16. Juni 1895 und Adresse<br />
des Auswanderers George M. Sattler in<br />
Columbus, Ohio, OA Oberjesingen, Nr. 884<br />
als 1,5 Prozent der Bevölkerung Württemberg<br />
den Rücken kehrte, wurde<br />
dies mehr und mehr zu einem Massenphänomen,<br />
Höhepunkt war die Zeit<br />
zwischen 1846 und 1855.<br />
Gründe für die Auswanderung waren<br />
v.a. Missernten, Teuerung und Hungersnöte<br />
bei gleichzeitigem Verfall der<br />
Reallöhne wie in den Jahren 1816/17,<br />
1831/32, 1846/47 und 1852/54. Dies<br />
wurde noch dadurch verstärkt, dass<br />
durch die Realteilung, also die gleichmäßige<br />
Verteilung des Erbes auf alle<br />
Erbberechtigten, der Grundbesitz immer<br />
mehr zersplitterte und auch die<br />
zahlreichen kleinen Handwerker sehr<br />
krisenanfällig waren.<br />
Die Auswanderungsströme haben auch<br />
in den Archiven Spuren hinterlassen,<br />
und zwar in Form von Dokumenten<br />
vorwiegend aus der zweiten Hälfte<br />
des 19. Jahrhunderts, die besonders<br />
faszinierend und anrührend zugleich<br />
sind. So finden sich in den Beständen<br />
der sogenannten Pflegrechnungen sowie<br />
in den Inventuren und Teilungen<br />
des Stadtarchivs <strong>Herrenberg</strong> und der<br />
Teilortsarchive zahlreiche Auswandererbriefe,<br />
die von den Umständen der<br />
Überfahrt, der Lebenssituation in der<br />
neuen Heimat oder dem zwar arbeitsreichen,<br />
aber doch das Auskommen<br />
besser sichernden Leben in Amerika<br />
– „wir müßen noch härter arbeiten als<br />
in Deutschland, aber wir thun es gerne,<br />
weil wir sehen, daß wir gut Land haben<br />
und daß die Arbeit nicht umsonst ist“<br />
– berichten. Außerdem werden natürlich<br />
die jüngsten Entwicklungen in der<br />
Familie, die Geburt oder leider auch<br />
oft der Tod von Kindern, häufig zudem<br />
Heimweh und die Sehnsucht nach den<br />
in Württemberg zurückgelassenen Verwandten<br />
sowie die Ungewissheit, ob die<br />
letzten Briefe wohl angekommen seien,<br />
thematisiert. Immer wieder werden die<br />
Familienangehörigen in Württemberg<br />
auch dezidiert aufgefordert, doch nach<br />
Amerika nachzukommen; oft geht es<br />
darüber hinaus um Vermögensfragen<br />
wie die Bitte um Nachsendung des in<br />
der alten Heimat angefallenen Erbes.<br />
Offenbar war der briefliche Kontakt in<br />
die alte Heimat aber eher sporadisch:<br />
So legte z.B. Georg Riehm aus Oberjesingen<br />
in einem Brief vom 1. Februar<br />
1865 dar, was sich in den anderthalb<br />
Jahren seit seinem letzten Lebenszeichen<br />
zugetragen hatte.<br />
Interessante Details über den Ablauf<br />
und die Dauer der Reise bietet z.B.<br />
ein Brief des Oberjesinger Auswanderers<br />
George M. Sattler vom 27. August<br />
1889, der die 12 Tage lange Reise von<br />
Oberjesingen nach Columbus in Ohio<br />
beschreibt: „Am 6. August, als ich von<br />
euch Abschied nahm, kam ich abends<br />
6.00 Uhr in Frankfurt an. Für weiter<br />
konnte ich in Stuttgart kein Ticket bekommen,<br />
dann sollte ich warten bis<br />
4.00 Uhr auf meinen Personenzug,<br />
was ich nicht that, es ging ein Schnellzug<br />
um 1/2 7.00 Uhr, und mit dem kam<br />
ich um 1/2 4.00 Uhr in Bremen an. In<br />
dem Gasthaus, wo ich war, habe ich erfahren,<br />
dass noch ein Schiff am selben<br />
Tag abging, mit welchem ich abgehen<br />
konnte. Ich fuhr auch gleich mit dem<br />
nächsten Zug nach dem Bremer Hafen<br />
und ging um etwa 4.00 Uhr nachmittags<br />
mit dem Dampfer Saale nach New<br />
York ab, wo ich nach 10 stürmischen<br />
Adressfeld eines Auswandererbriefs mit Poststempeln<br />
an Johann Peter Riehm vom 10. Juli<br />
1856, OA Oberjesingen, Nr. 1195<br />
Tagen in New York landete und am<br />
oben genannten Datum am 18. August<br />
in Columbus ankam“.Diese Reise<br />
scheint Sattler allerdings aus im<br />
Brief leider nicht genannten Gründen<br />
stark mitgenommen zu haben, da er<br />
schreibt, er hüte seither meist das<br />
Bett.<br />
Neben persönlichen Dingen, die naturgemäß<br />
das Hauptthema in den<br />
Briefen darstellen, tauschte man sich<br />
aber auch über politische Dinge wie<br />
die Folgen des Unabhängigkeitskrieges<br />
oder den Tod des württembergischen<br />
Königs Wilhelm im Jahr 1864<br />
aus, von dem die Auswanderer über<br />
die Zeitungen erfahren hatten – ein<br />
Hinweis darauf, dass man sich immer<br />
noch über die Belange der alten Heimat<br />
informierte und solche Informationen<br />
offenbar auch in amerikanischen<br />
Zeitungen zu finden waren.<br />
So bieten die Auswandererbriefe sehr<br />
persönliche Einsichten in das Denken<br />
und Fühlen der Menschen des 19.<br />
Jahrhunderts, für die es sich lohnt,<br />
die Pflegrechnungen und Inventuren<br />
und Teilungen einmal systematischer<br />
durchzusehen.<br />
TUNIKA - Kreativ-Workshop<br />
Wir sprechen Deutsch und arbeiten zusammen<br />
Verein<br />
„Flüchtlinge und wir“<br />
Samstag, 20. Juli von 14.00 bis<br />
18.00 Uhr, Klosterhof, Bronngasse 13.<br />
„Schuhdesign“ ist das Thema dieses<br />
Workshops. Jede Teilnehmerin<br />
soll ein paar Schuhe oder Sandalen<br />
mitbringen.<br />
Das Kleidungsstück TUNIKA ist in<br />
vielen Kulturkreisen verbreitet und<br />
somit ein verbindendes Symbol für<br />
die Gemeinsamkeit in der Vielfalt. TU-<br />
NIKA-“Tun-interkulturelles Arbeiten“<br />
möchte die handwerklichen und kreativen<br />
Fähigkeiten von Frauen mit und<br />
ohne Migrationshintergrund sichtbar<br />
machen.<br />
Frauen mit und ohne Migrationshintergrund,<br />
die Lust haben neue Frauen<br />
kennen zu lernen, sind zum TUNIKA-<br />
Kreativ-Workshop eingeladen. Beim<br />
gemeinsamen Arbeiten und dem Austausch<br />
unterschiedlicher kunsthandwerklicher<br />
Fähigkeiten, wie Nähen,<br />
Stricken, Weben oder Sticken etc. soll<br />
Deutsch geübt und gesprochen werden.<br />
Jale Cetin und Shpresa Azemi<br />
werden den Workshop leiten und mit<br />
ihren eigenen kreativen Ideen die<br />
Gruppe anregen.<br />
Kinderbetreuung wird bei Bedarf<br />
angeboten.<br />
Das Projekt wird gefördert im Rahmen<br />
des Bundesprogramms „TOLERANZ<br />
FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“,<br />
Projektträger ist der Verein „Flüchtlinge<br />
und wir e.V.“ in Kooperation mit<br />
dem Gleichstellungsbüro.<br />
TUNIKA freut sich über Spenden in<br />
Form von gut funktionierenden Overlook-Nähmaschinen<br />
oder Nähmaschinen,<br />
sowie über schöne Stoffe, Knöpfe,<br />
Bänder, Wolle etc.<br />
Weitere Informationen und Anmeldung<br />
bei der Workshopleitung: Jale Cetin<br />
Telefon 07452 886932, Shpresa Azemi<br />
Telefon 07032 2294726, Gleichstellungs -<br />
büro, Marktplatz 5, 71083 <strong>Herrenberg</strong>,<br />
Telefon 07032 924-363, E-mail: gleichstellung@herrenberg.de<br />
Zugang zum<br />
Waldfriedhof geändert<br />
Aufgrund von Baumaßnahmen im Bereich<br />
der Aussegnungshalle am Waldfriedhof,<br />
kommt es ab kommenden<br />
Montag, 15. Juli, zu Einschränkungen<br />
der Friedhofsbesucher. Der rechts gelegene<br />
Haupteingang wird komplett<br />
geschlossen und ist bis auf Weiteres<br />
nicht zugänglich. Der Friedhof und<br />
auch die Aussegnungshalle können<br />
lediglich über den linken Eingang/Zufahrt<br />
betreten werden. Eine entsprechende<br />
Ausschilderung ist gegeben.<br />
Der Haupteingang zum Waldfriedhof ist während der Bauphase für Besucher geschlossen.