HR News September 2013 - hr roundtable
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ORGANISATIONSENTWICKLUNG<br />
Personalkennzahlen – Eine Brücke<br />
zu einer nachhaltigen Personalpolitik<br />
Alle Welt redet über Nachhaltigkeit. In<br />
Rede steht zumeist ein vorsichtigeres<br />
Wirtschaften als bislang üblich, gekennzeichnet<br />
durch einen schonenden, intelligenten<br />
Umgang mit Ressourcen – gemeinhin ist<br />
damit die Umwelt gemeint. Den Finanzkennzahlen<br />
und auch der Umwelt hingegen werden<br />
eigene Rubriken eingeräumt – dabei ist<br />
die Aussage „Unsere Mitarbeiter sind unser<br />
wichtigstes Kapital“ inzwischen in jedem Geschäftsbericht<br />
zu finden.<br />
Doch wä<strong>hr</strong>end Finanzkennzahlen nicht nur<br />
verpflichtend sind, sondern auch die Standards<br />
ordnungsgemäßer Buchfü<strong>hr</strong>ung einhalten müssen,<br />
bleibt die Einhaltung der Grundsätze anerkannter<br />
Standards zur Personalfü<strong>hr</strong>ung nicht<br />
nur ungeprüft, sondern in der Regel außen vor.<br />
Eine Ursache für dieses Missverhältnis mag darin<br />
liegen, dass sich Analysten und Investoren von<br />
guten Bilanzen begeistern lassen, weshalb Unternehmensfü<strong>hr</strong>ungen<br />
konsequenterweise i<strong>hr</strong><br />
Augenmerk auf sie richten. Umweltberichte sind<br />
dementsprechend im Kommen – schließlich will<br />
sich kein Unternehmen eine nachlässige Green<br />
Governance nachsagen lassen, zumal auch ein<br />
positives Unternehmensimage den Aktienkurs<br />
zu beflügeln vermag.<br />
(1) Badura, Bernhard u.a. (Hrsg.): Fehlzeiten-Report 2011:<br />
Gesundheit in der flexiblen Arbeitswelt: Chancen nutzen<br />
– Risiken minimieren, Zahlen, Daten, Analysen aus allen<br />
Branchen der Wirtschaft<br />
(2) Quelle: IAQ Report <strong>2013</strong><br />
(3) BKK Themendossier: Wettbewerbsvorteil Gesundheit –<br />
Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen und Frühberentung<br />
in Deutschland, Stand 2008<br />
(4) Kleine Anfrage einiger Abgeordneter und der Fraktion<br />
DIE LINKE. – Drucksache 17/8229 – Flexibilisierung der<br />
Arbeitszeit, atypische Arbeitszeiten und Anforderungen<br />
an die Politik<br />
(5) Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />
Fortsc<strong>hr</strong>ittsreport <strong>2013</strong> (Ausgabe 2: „Altersgerechte<br />
Arbeitsgestaltung“)<br />
Personalberichte hingegen fristen noch ein<br />
„Mauerblümchendasein“. Dabei könnten Unternehmen,<br />
die bereits heute nachhaltig mit<br />
i<strong>hr</strong>en Mitarbeitern wirtschaften, von Personalkennzahlen<br />
profitieren und solche, die hier noch<br />
Entwicklungsbedarf haben, auf den richtigen<br />
Weg gebracht werden, wenn i<strong>hr</strong>e Nutzung der<br />
„Ressource Mensch“ messbar und vergleichbar<br />
wird. Schließlich fü<strong>hr</strong>t ein nachhaltiges <strong>HR</strong>-<br />
Management auch zu einer Entlastung der Sozialkassen<br />
und zu Arbeitsbedingungen, die mit<br />
politischen Zielen, wie etwa einer Rente mit 67,<br />
sync<strong>hr</strong>onisiert werden können.<br />
Problemfelder<br />
Laut einer aktuellen stepstone-Studie bekommen<br />
53 Prozent der befragten Unternehmen<br />
nicht genügend passende Bewerbungen.<br />
Warum ist das so und was folgt daraus? Bewerber<br />
und Mitarbeiter wollen heute auch<br />
wissen, wie es um die Unternehmenskultur<br />
eines potenziellen Arbeitgebers bestellt ist.<br />
So werden Arbeitgeberbewertungsportale,<br />
wie das zur Xing Company gehörende Portal<br />
kununu.com, als Employer Branding Instrumente<br />
genutzt – sie schießen wie Pilze aus<br />
dem Boden. Doch wie verlässlich sind deren<br />
Angaben? Überwiegend sind das subjektive<br />
Bewertungen enttäuschter Mitarbeiter nach<br />
Verlassen des Unternehmens; und wie wa<strong>hr</strong>scheinlich<br />
ist es, das Unternehmen hier im<br />
eigenen Sinne nachbessern (lassen)?<br />
Personalkennzahlen können ein wirksames Mittel<br />
im „war for talents“ sein, wenn sie für seriöse<br />
Transparenz von Arbeitsbedingungen sorgen.<br />
Die DAX-30-Unternehmen haben gehandelt<br />
und geben freiwillig am Global Reporting Index<br />
orientierte Personalberichte heraus. Was<br />
die Transparenz jedoch trübt, ist das Fehlen definierter,<br />
vergleichbarer und, etwa im Rahmen<br />
des Ja<strong>hr</strong>esabschlusses, vom Wirtschaftsprüfer<br />
(WP) testierter Kennzahlen.<br />
Der Nutzen für Bewerber und Arbeitgeber<br />
(gute Werte vorausgesetzt), liegt in den Rückschlüssen,<br />
die sich aus den Personalkennzahlen<br />
auf die Arbeitsbedingungen sowie die<br />
Unternehmens- und Fü<strong>hr</strong>ungskultur ziehen<br />
lassen. So sind Krankheits- und Fluktuationsquoten<br />
Indikatoren dafür, wie Unternehmen<br />
mit i<strong>hr</strong>en Mitarbeitern umgehen. Dazu passt<br />
das Resümee des Kienbaum <strong>HR</strong>-Klimaindex<br />
2012, wonach die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität<br />
sowie der Fü<strong>hr</strong>ungs- und Managementqualitäten<br />
zu den TOP-Themen für<br />
Personaler gehört. Fakt ist: In Unternehmen,<br />
in denen es an Respekt und Anerkennung<br />
gegenüber den Mitarbeitern fehlt, steigt die<br />
Zahl der psychischen Erkrankungen. Umgeke<strong>hr</strong>t<br />
beeinflusst ein respektvoller und wertschätzender<br />
Fü<strong>hr</strong>ungsstil die Gesundheit der<br />
Beschäftigten positiv (1) . Unternehmen mit<br />
hoher Krankenquote und/oder Fluktuation<br />
dürften demnach Probleme mit i<strong>hr</strong>em Image<br />
bekommen.<br />
Auch Investoren und Analysten werden die Personalkennzahlen<br />
verme<strong>hr</strong>t unter dem Aspekt<br />
Nachhaltigkeit beurteilen. Früher mag eine<br />
hohe Fluktuationsquote noch als erfolgreiche<br />
Sanierung mit Personalabbau gedeutet worden<br />
sein, heute wird gefragt, ob – mangels Fachkräften<br />
– Aufträge zukünftig noch bewältigt werden<br />
können. Entsprechende Personalkennzahlen<br />
werden folglich auch im Lichte eines drohenden<br />
Verlustes an Innovation, Produktivität<br />
und Know-how bewertet. Wie dem begegnet<br />
wird, zeigen Ausbildungskennzahlen oder Investitionen<br />
in Fortbildungen.<br />
Darüber hinaus stellen hohe Abwanderungsoder<br />
Krankenquoten finanzielle Belastungen<br />
für jedes Unternehmen dar. Außer den anfallenden<br />
Recruiting- oder Entgeltfortzahlungskosten<br />
muss entweder eine Personalreserve<br />
vorgehalten, oder dort, wo dies nicht gelingt,<br />
müssen Überstunden angeordnet werden.<br />
So ergab die jä<strong>hr</strong>liche Umfrage „Gute Arbeit“<br />
des DGB, dass jeder fünfte Arbeitnehmer in<br />
Deutschland wegen wachsender Arbeitsbelastung<br />
mindestens zehn Überstunden pro Woche<br />
leistet und sich 52 Prozent der Beschäftigten<br />
dabei erheblich gestresst und gehetzt fühlen.<br />
Schließlich beginnt sich diese Spirale iterativ zu<br />
drehen, denn hohe Überstundenzahlen erhöhen<br />
die Belastung und damit die Krankenquote.<br />
30 | <strong>HR</strong> <strong>News</strong> <strong>September</strong> <strong>2013</strong> www.<strong>HR</strong>-RoundTable.de