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Toleranz nach evangelischem Verständnis

Synodale Texte, Vorträge und geistliche Worte von Bischof Markus Dröge.

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1. Vorklärungen<br />

a) Verwendungsweisen<br />

Das Wort »<strong>Toleranz</strong>« findet sich in verschiedensten sprachlichen Zusammenhängen.<br />

So kennt man im technischen Bereich »<strong>Toleranz</strong>werte«. Sie informieren<br />

über hinzunehmende Abweichungen von der geforderten Maßgenauigkeit bei<br />

Werkstücken oder der Messgenauigkeit von Instrumenten. Kein Gerät könnte<br />

verwendet werden, wenn nicht gewisse Abweichungen geduldet würden.<br />

Anderer seits würden es zu hohe Abweichungen gebrauchsunfähig machen. Es<br />

geht also bei <strong>Toleranz</strong>werten jeweils um einen Bereich, der vom Normalmaß abweicht,<br />

und der zugestanden wird, um Funktionen überhaupt zu ermöglichen,<br />

der aber nicht über einen bestimmten Grenzwert hinausgeht, der seinerseits die<br />

Funktion in Frage stellt.<br />

Im zwischenmenschlichen Bereich heißt <strong>Toleranz</strong> zunächst, etwas dauerhaft<br />

auszuhalten, das von dem abweicht, was man selbst für richtig hält. Der Bereich<br />

der <strong>Toleranz</strong> ist dabei begrenzt einerseits durch vorbehaltlose Übereinstimmung<br />

mit dem Anderen, andererseits durch das, was wir unerträglich finden. Welche<br />

Haltung diesem Bereich angemessen ist, darüber gehen die Meinungen aber<br />

offenbar auseinander: vom »Nicht-Beachten« reichen hier die alltagssprachlichen<br />

Verwendungen über das »Erdulden« bis hin zum »Respektieren« oder gar<br />

»Wertschätzen« eines Anderen. Bei einer solchen Vieldeutigkeit steht der Begriff<br />

der <strong>Toleranz</strong> in Gefahr, undeutlich und verwaschen zu werden und bei seinem<br />

Gebrauch Missverständnisse zu begünstigen.<br />

b) Begriffliche Abgrenzungen<br />

Zwischenmenschliche <strong>Toleranz</strong> ist weder zu verwechseln mit Gleichgültigkeit<br />

oder Indifferenz: Es geht bei ihr nicht um ein unbeteiligtes Gewährenlassen, ein<br />

laissez-faire. Noch ist <strong>Toleranz</strong> so etwas wie das vollumfängliche Übereinstimmen<br />

mit einem Anderen: Was von ganzem Herzen bejaht wird, muss nicht toleriert<br />

werden. Ganz allgemein ist das Wort »<strong>Toleranz</strong>« daher zunächst als das<br />

dauer hafte Aushalten eines abgelehnten Abweichenden zu verstehen: Es geht<br />

darum, mit einem Spannungsverhältnis dauerhaft zu leben, das entsteht, wenn<br />

etwas im eigenen Lebenszusammenhang Platz zu greifen versucht, das nicht<br />

willkommen ist, das irritiert, stört, belastet oder schmerzt. <strong>Toleranz</strong> steht so für<br />

eine bewusst verantwortete Haltung und ein daraus folgendes Verhalten anderen<br />

Personen und ihren Einstellungen gegenüber.<br />

Christinnen und Christen sehen sich aufgrund ihres Glaubens besonderen Fragen<br />

<strong>nach</strong> ihrem <strong>Toleranz</strong>verständnis ausgesetzt: Wie ist das Verhältnis zu Angehörigen<br />

anderen Glaubens zu gestalten? Und kann ein Mensch, der doch mit seinem<br />

Gottesglauben einen universalen Wahrheitsanspruch erhebt, überhaupt tolerant<br />

sein?<br />

8 FRÜHJAHRSSYNODE 2013<br />

SYNODALE TEXTE<br />

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