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Praktikumsbericht Shanghai(3) - BayCHINA

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<strong>Praktikumsbericht</strong><br />

Einleitung<br />

Nach einem Jahr Auslandsstudium in Großbritannien während des Bachelorstudiums wollte<br />

ich im Masterstudium den „nächsten Schritt“ wagen und für einige Monate in einem der<br />

Zukunftsmärkte des 21. Jahrhunderts leben und arbeiten. Über meine vorherige Tätigkeit als<br />

Werkstudent kam der Kontakt nach China zustande, so dass ich von April bis August 2013<br />

ein Praktikum in <strong>Shanghai</strong> vereinbaren konnte, mit anschließender dreiwöchiger Reise durch<br />

die Volksrepublik. Mein Praktikum absolvierte ich in der Medizintechnik-Sparte eines<br />

deutschen Konzerns im Bereich Industrial Engineering. Der Standort im Südosten<br />

<strong>Shanghai</strong>s ist das größte chinesische Produktionswerk und zugleich der Hauptsitz des<br />

Sektors in China.<br />

Vorbereitung<br />

Den Flug nach China habe ich etwa zweieinhalb Monate zuvor gebucht und bin mit Emirates<br />

über Dubai nach <strong>Shanghai</strong> geflogen. Mit der Entscheidung war ich durch den sehr guten<br />

Service, das erlaubte Reisegepäck von 30 kg (zzgl. Handgepäck) sowie den Preis von unter<br />

630 Euro für Hin- und Rückflug (im Studententarif von STA Travel) rundum sehr zufrieden.<br />

Je nachdem, ob man einen Zwischenstopp als Zusatzbelastung oder als entspannte Pause<br />

vom langen Flug ansieht, empfiehlt es sich entweder einen Direktflug oder aber einen (meist<br />

auch günstigeren) Flug mit Umstieg zu buchen, durch den sich die Gesamtreisezeit natürlich<br />

um ein paar Stunden verlängert.<br />

Das notwendige Visum beantragt man seit einiger Zeit nicht mehr direkt beim chinesischen<br />

Konsulat, sondern beim dafür beauftragten Dienstleister China Visa Application Service<br />

Center (alle Informationen zum Visum online unter visaforchina.org). Da ich im Vorfeld von<br />

recht widersprüchlichen Erfahrungen mit den Visa-Bestimmungen gehört und gelesen habe<br />

und diese je nach Visastelle wohl auch etwas unterschiedlich ausgelegt werden, habe ich<br />

mich bei Fragen direkt an das zuständige China Visa Application Service Center in München<br />

gewandt. Dort wurde mir freundlich, kompetent und verlässlich Auskunft gegeben (im<br />

Vergleich zu manchem zwischengeschalteten Reisebüro bzw. Visa-Dienstleister). Auch die<br />

Abgabe des Visumantrags und Abholung des Visums vor Ort lief absolut reibungslos.<br />

Letztendlich habe ich ohne Probleme ein Visum für den gesamten Praktikums- und<br />

Reisezeitraum erhalten und mich daher in <strong>Shanghai</strong> nicht um eine Verlängerung kümmern<br />

müssen – auch hier gibt es wohl sehr unterschiedliche Erfahrungen.<br />

Neben Flug und Visum sollte man frühzeitig beim Hausarzt wegen notwendiger Impfungen<br />

nachfragen. Je nach Umfang sind ein paar Monate Vorlauf notwendig oder zumindest<br />

sinnvoll. Nach kurzer Beschreibung meiner Reisepläne wurden mir mehrere Impfungen<br />

empfohlen. Die Kosten der Impfstoffe wurden mir im Nachhinein größtenteils und problemlos<br />

von der Krankenkasse erstattet. Darüber hinaus sollte man sich im Vorfeld über die<br />

Gebühren seiner Bank für Bargeldabhebungen im Ausland informieren sowie um eine<br />

Kreditkarte kümmern. Bestenfalls eröffnet man rechtzeitig ein Konto bei einer Bank mit<br />

weltweit kostenlosen Bargeldabhebungen, wie z. B. der Deutschen Kreditbank (DKB).


Wohnung<br />

Sofern man – wie bei meinem Arbeitgeber inzwischen üblich – keine Unterkunft vom<br />

Unternehmen gestellt bekommt, sollte man die Bedeutung der Wohnungssuche für den<br />

Aufenthalt in <strong>Shanghai</strong> keinesfalls unterschätzen und einen für sich passenden Kompromiss<br />

aus Arbeitsplatznähe, Stadtnähe und guter Verkehrsanbindung finden, insbesondere wenn<br />

das Werk wie in meinem Fall außerhalb der Innenstadt gelegen ist. Über verschiedene<br />

Websites (wie smartshanghai.com oder schanghai.com) findet man unzählige Angebote in<br />

verschiedensten Preisklassen. Falls notwendig, kann man beim Unternehmen auch nach<br />

Unterstützung bei der Wohnungssuche bitten oder zunächst für ein paar Tage in einem<br />

Hostel unterkommen, um dann vor Ort nach einer geeigneten Wohnung zu suchen.<br />

Glücklicherweise habe ich bereits im Vorfeld online eine schöne 3er-WG auf etwa halben<br />

Weg zwischen Arbeitsplatz und Innenstadt, direkt an der U-Bahn- und Maglev-Haltestelle<br />

Long Yang Road gefunden, an welcher auch der kostenlose Werksbus des Unternehmens<br />

eine Haltestelle hat. Mit etwa 25 Minuten von der Wohnung zum People’s Square bzw. etwa<br />

40 Minuten von der Wohnung zum Arbeitsplatz war ich bei unter 3000 RMB Miete (inklusive<br />

aller Nebenkosten) sehr zufrieden. Die Wohnung war komplett ausgestattet und möbliert,<br />

kleinere Anschaffungen hat meist der Hauptmieter übernommen, so dass ich mich für den<br />

begrenzten Zeitraum halbwegs einrichten konnte. Neben der im Sommer zwingend<br />

notwendigen Klimaanlage waren die vorhandene Küche und Waschmaschine sowie die<br />

Ratschläge der China-erfahrenen Mitbewohner eine große Hilfe im Alltag.<br />

Praktikum<br />

An einem normalen Arbeitstag war ich von kurz vor 8 Uhr bis kurz vor 18 Uhr unterwegs, mit<br />

Arbeitszeiten von (je nach Verkehrslage und Baustellen) ca. 8:30 Uhr bis Punkt 17 Uhr.<br />

Durch die festen Zeiten der Werksbusse war dies die reguläre Arbeitszeit der meisten<br />

Mitarbeiter, abgesehen von Schichtarbeitern und einzelnen „Überstunden-Bussen“ zur<br />

nächstgelegenen U-Bahn-Station.<br />

Im Unternehmen war ich in der Abteilung „Technology“ dem Team „Industrial Engineering“<br />

zugeordnet, welches sich um den Bereich Arbeitswirtschaft und die Umsetzung des<br />

Produktionssystems gekümmert hat. Mein chinesischer Praktikumsbetreuer arbeitet<br />

regelmäßig mit deutschen Kollegen zusammen und hat bereits mehrfach deutsche<br />

Praktikanten betreut, was zweifelslos hilfreich für die Zusammenarbeit war. Arbeitssprache<br />

im Unternehmen war im Austausch mit Nicht-Chinesen Englisch, was allerdings nicht<br />

bedeutet, dass die eine oder andere Besprechung nicht doch immer stärker in Chinesische<br />

abgedriftet ist. Gerade zu Beginn des Praktikums versucht man die Eigenarten der<br />

chinesischen Arbeitsweise zu verstehen und zu hinterfragen, aber mit der Zeit lernt man sich<br />

damit zu arrangieren und seine Sichtweise in erster Linie an den entscheidenden Stellen<br />

einzubringen. Insbesondere ein gemeinsamer dreitägiger Betriebsausflug zu Beginn des<br />

Praktikums hat sehr dabei geholfen, eine persönliche Ebene mit den chinesischen Kollegen<br />

aufzubauen, die dann auch im Arbeitsalltag vieles erleichtert hat – ganz abgesehen von den<br />

ohnehin interessanten Eindrücken und Erlebnissen während des Ausflugs mit einer rein<br />

chinesischen Reisegruppe.


Während des Praktikums habe ich mich mit verschiedenen Aufgaben und Projekten in<br />

mehreren Fertigungs- und Montagebereichen befasst und dabei mit chinesischen Kollegen<br />

aus unterschiedlichen Abteilungen zusammengearbeitet. Im Rahmen des Aufgabengebiets<br />

im Bereich Arbeitswirtschaft und Produktionssystematik ging es dabei beispielsweise um<br />

Prozess- und Wertstromanalysen zur Ableitung von Verbesserungsmaßnahmen, Zeitstudien<br />

zur Festlegung der Standardarbeitszeit, Maßnahmen des Shopfloor Managements oder die<br />

Layoutplanung im Werk. Dabei konnte ich meine vorherigen Kenntnisse in diesen Bereichen<br />

praktisch anwenden, erweitern und vertiefen. Zudem konnte ich gegen Ende des Praktikums<br />

in zwei Projekten unter deutscher Projektleitung mitarbeiten und dadurch einerseits hautnah<br />

die Projektdurchführung in China erleben und andererseits meine Erfahrungen aus den<br />

vorherigen Monaten einbringen.<br />

Verkehrsmittel<br />

In den fünf Monaten in China habe ich verschiedenste Verkehrsmittel genutzt, im<br />

<strong>Shanghai</strong>er Alltag neben dem Werksbus zur Arbeit allerdings fast ausschließlich U-Bahnen<br />

und Taxis. Auch wenn das Netz der U-Bahn zunächst recht unübersichtlich erscheint, kann<br />

(und sollte) man sich in der riesigen Stadt vorwiegend an den vielen U-Bahn-Linien und<br />

U-Bahn-Haltestellen orientieren. Wenn man viel unterwegs ist und dafür als Praktikant in<br />

erster Linie die U-Bahn nutzt, ist die nächstgelegene Haltestelle meist eine wichtige<br />

Information und oftmals auch selbstverständlich angegeben. Empfehlenswert ist sicherlich<br />

eine App des U-Bahn-Netzes auf dem Telefon (siehe exploreshanghai.com). Da ich direkt<br />

an einer U-Bahn-Haltestelle gewohnt habe, war ich auf keinen „Zubringer-Bus“ zur U-Bahn<br />

bzw. von der U-Bahn nach Hause angewiesen. Abgesehen davon ist Bus fahren ohne<br />

entsprechende Chinesisch- und Ortskenntnisse nicht wirklich ratsam. Außerhalb <strong>Shanghai</strong>s<br />

oder in kleineren Städten ist man aber gegebenenfalls darauf angewiesen und erlebt so<br />

einige interessante Fahrten, die einen aber mit Hilfe der anderen Mitfahrer immer irgendwie<br />

ans Ziel geführt haben. Nach Dienstschluss der U-Bahnen um ca. 23 Uhr ist man auf eines<br />

der unzähligen Taxis angewiesen mit denen ich extrem unterschiedliche Erfahrungen<br />

gemacht habe. Neben einschlafenden, angetrunkenen, unfreundlichen, rasenden und/oder<br />

inoffiziellen Taxifahrern erlebt man aber immer wieder auch sehr positive Überraschungen.<br />

Beim Reisen durch China war ich sowohl mit dem Fernbus- und Zugfahrten, welche völlig zu<br />

Recht einen besseren Ruf als in Deutschland genießen, als auch mit den Inlandsflügen<br />

chinesischer Fluggesellschaften stets sehr zufrieden. Bei den meist weiten Fahrten zu den<br />

Flughäfen am Rand der Städte sind neben der U-Bahn (sofern vorhanden) oder dem Taxi<br />

gerade die Airport-Shuttlebusse eine günstige Alternative. In <strong>Shanghai</strong> sollte man zudem<br />

einmal die 430 km/h (!) der Maglev (Transrapid) zwischen dem Flughafen Pudong und der<br />

Haltestelle Long Yang Road erleben, welche allerdings nur für kurze Zeit gefahren werden.<br />

Klima<br />

Klimatisch habe ich in den fünf Monate in <strong>Shanghai</strong> im Wesentlichen drei Phasen erlebt:<br />

Zunächst ein paar warme, aber eher regnerische Wochen im April/Mai mit teilweise relativ<br />

schlechten Luftwerten – glücklicherweise waren zumindest die Wochenenden überwiegend<br />

trocken. Im Juni hat sich daraufhin mit steigenden Temperaturen die Luftqualität wieder<br />

deutlich gebessert und der Hochsommer (ab Juli) war dann selbst für <strong>Shanghai</strong>er<br />

Verhältnisse sehr heiß und schwül. Tagsüber war man innerhalb weniger Minuten außerhalb


der klimatisierten Räume komplett durchgeschwitzt. Neben der hohen Luftfeuchtigkeit war<br />

dabei vor allem die nur geringe Abkühlung in der Nacht auf gerade einmal etwa 30 Grad<br />

sehr gewöhnungsbedürftig. Schließlich wurden die Temperaturen gegen Ende August dann<br />

wieder deutlich erträglicher und das Wetter war somit ideal zum Reisen.<br />

Alltagsleben<br />

Da es in <strong>Shanghai</strong> weder an Chinesen noch an Ausländern mangelt, ist es kein allzu großes<br />

Problem Kontakt zu knüpfen und entweder aufgeschlossene chinesischen Kollegen oder<br />

andere internationale Praktikanten in ähnlicher Situation kennen zu lernen.<br />

Neben dem Leben in einer Megacity mit unglaublich vielen Menschen und dem<br />

entsprechendem Verkehr sind sicherlich die hygienischen Verhältnisse eine der größten<br />

Herausforderungen im Alltag. Unterwegs eine halbwegs saubere Sitz-Toilette mit Klopapier<br />

und Seife zu finden, ist oftmals nur in den modernen Shoppingcentern – und leider nicht<br />

einmal dort – Standard.<br />

Im Alltag gibt es oft keine Alternative zum Bargeld, so dass man sich wie oben beschrieben<br />

im Vorfeld über die Bedingungen und Gebühren des Geldabhebens informieren sollte.<br />

Bargeldloses Bezahlen funktioniert abseits der teuren Hotels und Restaurants wenn<br />

überhaupt nur mit einer chinesischen EC- bzw. Kreditkarte. Eine westliche Kreditkarte ist<br />

aber dennoch für die (Online-)Buchungen von Flügen und Unterkünften – wie überall<br />

außerhalb Deutschlands – unbedingt notwendig.<br />

Gerade das vielfältige chinesische und allgemein asiatische Essen war definitiv ein Highlight<br />

der Zeit in China. Ohne eine gewisse Offenheit für ungewohntes und teils weniger<br />

hygienisches Essen wird dem Aufenthalt in China ein wesentlicher Bestandteil fehlen. Hier<br />

kann ich sehr empfehlen mit chinesischen Kollegen essen zu gehen und sich dabei bewusst<br />

offen für Neues zu zeigen. So erlebt man das ein oder andere interessante<br />

Geschmackserlebnis und beginnt auch auf eigene Faust mehr und mehr auszuprobieren.<br />

Beim Reisen in China haben mir neben der Stadt Hangzhou und deren Umland vor allem die<br />

Innenstadt von Xi’an, die chinesische Mauer in Mutianyu und die Karstlandschaft rund um<br />

Guilin gefallen. Für Besucher aus Deutschland ist eine offizielle Einladung notwendig, um<br />

das entsprechende Besucher- bzw. Touristenvisum zu beantragen, aber auch hier findet<br />

man alle notwendigen Informationen auf der offiziellen Homepage visaforchina.org.<br />

Fazit<br />

Insgesamt bin ich sehr froh, das Abenteuer China in Angriff genommen und – zum Glück<br />

ohne größere Schwierigkeiten – viele neue Eindrücke und Erfahrungen gewonnen zu haben.<br />

Neben dem Einblick in die chinesische Arbeitsweise, welcher mir im weiteren Berufsleben<br />

garantiert hilfreich sein wird, sind es gerade der Austausch mit den chinesischen Kollegen,<br />

das Zurechtfinden im atemberaubenden <strong>Shanghai</strong> und die alltäglichen Erlebnisse beim<br />

Essen, Einkaufen und Reisen, welche mir nachhaltig im Gedächtnis bleiben werden.

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