alumni halenses 1/2013 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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24 campus & karriere alumni halenses 1/2013 campus & karriere Keine Ruhe im Ruhestand Was machen Halles Professoren nach ihrer Emeritierung? Diese Frage dürften sich viele Studenten und Ehemalige stellen, wenn sich ein Hochschullehrer in den Ruhestand verabschiedet. Aus diesem Grund besucht das Alumni-Magazin künftig Emeriti nach ihrem Ausscheiden aus der Universität. In dieser Ausgabe erzählt der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Everhard Holtmann über seine neue Tätigkeit als Forschungsdirektor am Zentrum für Sozialforschung in Halle. Vorlesungen an seinem einstigen Institut will Prof. Dr. Everhard Holtmann nach seiner Emeritierung nicht mehr halten. Zur Ruhe gesetzt hat er sich dennoch nicht. (Foto: Maike Glöckner) Dass er sich als Emeritus tatsächlich zur Ruhe setzen würde, kam für Everhard Holtmann nicht in Frage. Nie habe er auch nur darüber nachgedacht, nichts zu tun, sagt er. „Eine Ersatzbeschäftigung wie Rosenzüchten oder ähnliches war nicht denkbar für mich.“ Und warum auch nicht weiterarbeiten? „Durch den demografischen Wandel“, sagt Holtmann, „ist nicht nur das Durchschnittsalter signifikant gewachsen, sondern auch die Lebensfähigkeit, und das bezieht sich auch auf die Arbeit.“ Als Hochschullehrer habe man es sogar relativ einfach: Man könne weitermachen ohne großen Kraftaufwand.
alumni halenses 1/2013 campus & karriere 25 Zum 1. Oktober letzten Jahres wurde Everhard Holtmann entpflichtet von seinen Aufgaben an der Universität. Das große Loch, in das auch der Politologe schon einige Ruheständler hat stürzen sehen, tat sich vor ihm nicht auf. Nahtlos war der Übergang in seine neue Beschäftigung als Forschungsdirektor des Zentrums für Sozialforschung Halle (ZSH). Im Grunde arbeitet er weiter an der Universität, handelt es sich beim ZSH doch um ein An-Institut. Derzeit sind 17 Wissenschaftler dort beschäftigt. Die Ergebnisse ihrer im Auftrag durchgeführten Forschungsprojekte gehen in wissenschaftliche Diskussionen ein oder werden von Politik und Wirtschaft genutzt. Als vor drei Jahren der – kürzlich verstorbene – Leiter des ZHS, Burkhart Lutz, anfragte, ob er nicht seine Nachfolge übernehmen wolle, musste Holtmann nicht lange überlegen. Gemeinsam mit dem ebenfalls emeritierten Wolfhard Kohte, Jurist, leitet er nun das ZHS. Ihrem Vorgänger ist es auch noch zu verdanken, dass zum ZSH-Schwerpunkt „Arbeitsmarkt“ mit der Amtsübernahme zwei weitere Themenbereiche hinzugekommen sind: „Arbeits- und Sozialrecht“ und „Demokratie und Partizipation“, letzterer geleitet von Everhard Holtmann. Damit konnte er seinen bisherigen Forschungsbereichen im Bereich Parteien, Transformation, Demokratie und lokaler Politik treu bleiben. Nicht nur im ZSH im Übrigen. Everhard Holtmann arbeitet unter anderem in verschiedenen Initiativen für politische Bildung; er arbeitet am Sachsen-Anhalt-Monitor mit; und er hat maßgeblich mitgewirkt am „Sonderforschungsbereich 580 Halle/Jena“, das sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen nach dem Systemumbruch in Deutschland beschäftigt. Die dort gewonnenen Erkenntnisse sollen übrigens nun einem Land zugute kommen, das im Gegensatz zu Deutschland ein wenig Zeit hat, sich auf die Wiedervereinigung vorzubereiten: Südkorea. Holtmann hält dort Vorträge an Universitäten und interessierten Bürgern. Außerdem berät er, gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern, beim Entwurf von Szenarien einer möglichen Wiedervereinigung. Von Ruhe im Ruhestand also keine Spur. Mehr Zeit als früher habe er eigentlich nicht, sagt Holtmann, aber er könne sie jetzt flexibler einteilen. Seine Studenten fehlen ihm ein bisschen, er hat gerne gelehrt. „Aber ich müsste lügen, wenn ich sagen wollte, dass ich Entzugserscheinungen hätte.“ Zudem bestünde vielleicht die Gelegenheit, Gastvorlesungen im Ausland zu halten. Dass es Everhard Holtmann so lange in Halle halten würde, hat er vermutlich 1992 nicht geahnt. Er wurde damals als Professor an das noch in Gründung befindliche politikwissenschaftliche Institut berufen. „Halle war zerstört damals, baulich. Ich glaube, das hat sich dämpfend auf die Grundstimmung in der Stadt ausgewirkt.“ Holtmann erinnert sich aber auch daran, dass schnell daran gegangen wurde, die Möglichkeiten und die finanziellen Mittel zu nutzen, etwas aus der Stadt zu machen. Seit 1994 hat er nun seinen Lebensmittelpunkt in Halle, hat aber immer schon eine Pendelexistenz geführt, wie er sagt. Seine Frau ist ebenfalls Politikwissenschaftlerin, aber nicht in Halle. Noch nie haben beide gleichzeitig an derselben Universität gelehrt, auch inhaltlich gäbe es wenig Schnittstellen, das sei eine ganz bewusste Entscheidung gewesen, so Holtmann. Die Entwicklung, die die MLU seit seinem Antritt genommen hat, sieht Holtmann überaus positiv. „Als ich herkam, war die Situation recht unübersichtlich. Es gab Fluktuation, es herrschte Verunsicherung auch im nichtwissenschaftlichen Bereich, es gab Umstrukturierungen. Das alles hat hohe Anpassungsleistungen verlangt.“ Fehlentscheidungen seien getroffen worden, aber auch hellsichtige, der Aufbau der sozialwissenschaftlichen Fächer zum Beispiel. Und inzwischen sei die Uni deutlich gewachsen, an Studenten und an Bauten. Strukturen und Fächerreichtum seien positiv. Die Aufnahme der Universität in die Exzellenzinitiative wäre schön gewesen, sagt Everhard Holtmann. Er wird die MLU nun noch einige weitere Jahre beobachten und begleiten. Das Rosenzüchten überlässt er anderen. Anja Falgowski Kontakt: Everhard Holtmann Zentrum für Sozialforschung (ZSH) Telefon: 0345 96 39600 E-Mail: everhard.holtmann@zsh.uni-halle.de
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