PDF-Dokument - Institut für Bibliothekswissenschaft - Humboldt ...
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rechtlichen Figur des Arbeitsvertrages, der mit seiner Festlegung von Grenzen etwa<br />
der Arbeitszeit für den Beschäftigten immer auch Schutzcharakter gegenüber<br />
erhöhten Forderungen des Kapitals besaß. Projektarbeit, ergebnisorientierte Arbeitsformen<br />
oder neue Arbeitszeitmodelle wie ‚Vertrauensarbeitszeit‘ können diesen<br />
Schutzcharakter auflösen.“ (Pickshaus, 2001, S. 13).<br />
Und ebenfalls von Gewerkschaftsseite heißt es: „Unter Command-and-Control hatte<br />
die Arbeit eine Grenze. Die Arbeitszeit ist dort die Zeit, wo ich tun muss, was<br />
jemand anders will. In der Freizeit hingegen kann ich tun, was ich selber will. Die<br />
Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit wird durch die Stempeluhr ausgedrückt.<br />
Nun aber soll ich auch in der Arbeitszeit tun, was ich selber will (und was erfolgreich<br />
ist). Somit fällt diese begriffliche Unterscheidung zwischen Arbeitszeit und Freizeit<br />
weg. Die Arbeit stößt nicht mehr an eine Grenze – wir haben es mit ‚Arbeit ohne<br />
Ende‘ zu tun.“ (Glißmann, 2001, S. 42).<br />
Selbst bei stärkerer Versachlichung der Einschätzung bleiben Bedenken: „Während<br />
die Stempeluhr früher die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit markierte,<br />
zielten die neuen Managementtechniken und indirekten Steuerungsformen darauf ab,<br />
dass Mitarbeiter die Arbeitszeit nicht mehr auf Anordnung eines Chefs, sondern aus<br />
eigenem Antrieb überschreiten, erläutert der Philosoph Klaus Peters. Er hat die<br />
Verhandlungen um die Einführung der Vertrauensarbeitszeit bei IBM beratend<br />
begleitet und warnt vor übertriebenem Arbeitseifer.<br />
Die emotionale Identifizierung des Beschäftigten mit seiner Arbeit könne sogar<br />
Hoch- und Glücksgefühle auslösen, die mit der Rauschwirkung von Alkohol<br />
vergleichbar seien, beobachtet der Philosoph. Doch genau darin liege die Gefahr: ‚In<br />
der Hochphase fühlt sich der indirekt Gesteuerte wie ein selbständiger Unternehmer<br />
... . Doch spätestens, wenn Kraft und Gesundheit nachlassen, ... kommt das böse<br />
Erwachen. ...‘“ (Sobull, 2000).<br />
Die Berechtigung der Kritik wird nicht in Abrede gestellt. Demgegenüber wurde<br />
jedoch an den Fallstudien in Kapitel 3.4 bereits dargelegt, dass eine positive Einschätzung<br />
der Betroffenen überwiegt. Auch ist eine Abkehr von diesen selbstgesteuerten<br />
Arbeitszeitmodellen nicht erkennbar, wenn sich der Vorsitzende des<br />
Deutschen Gewerkschaftsbundes am 14. März 2001 für eine umfassende Flexibilisierung<br />
der Arbeitszeit einsetzt. Selbst eine 48-Stunden-Woche für einen<br />
vorübergehenden Zeitraum sollte nach seiner Ansicht kein Tabu mehr sein.(vgl.<br />
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-122465,00.html, 28.02.02)