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Magazin für das Lehren und Lernen. Nr. 1/20 13 Über ... - profi-L

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Ganzheitliche Lernförderung | stufenübergreifend<br />

35<br />

Körper <strong>und</strong> <strong>Lernen</strong><br />

«Der Körper ist mehr<br />

als ein Stativ für den Kopf»<br />

Mischform verschiedener Strukturdarstellungen am Beispiel der Landkarte<br />

Die Abgrenzung der verschiedenen vorgestellten Formen ist nicht in jedem Fall eindeutig. Das folgende<br />

Beispiel illustriert, wie die verschiedenen Formen zu einem bestimmten Unterrichtsinhalt auf<br />

natürliche Art ineinanderfliessen können. Es geht um die Orientierung auf Karten <strong>und</strong> Plänen.<br />

Der neue Titel aus der Reihe «Impulse zur Unterrichtsentwicklung» zeigt Wege auf, wie mit<br />

Be wegung, Körperwahrnehmung <strong>und</strong> Raumorientierung <strong>das</strong> <strong>Lernen</strong> unterstützt werden kann.<br />

Die Orientierung auf Karten lässt sich natürlich auch am Pult sitzend auf einem Stück Papier üben.<br />

Überdimensionale Pläne <strong>und</strong> Landkarten ermöglichen dagegen, <strong>das</strong>s sich die <strong>Lernen</strong>den selber auf<br />

«Der Körper ist mehr als ein Stativ für den<br />

Kopf» – diese Aussage (nach Uwe Pühse) ziert<br />

<strong>das</strong> Titelbild der neuen Publikation von Dominique<br />

Högger, dem Leiter der Beratungsstelle<br />

für Ges<strong>und</strong>heitsbildung <strong>und</strong> Prävention der<br />

Pädagogischen Hochschule FHNW. Der Körper<br />

ist gleichzeitig Voraussetzung wie Potenzial<br />

für <strong>das</strong> <strong>Lernen</strong>. Schon Sitzen <strong>und</strong> Schreiben<br />

verlangen nach körperlichen Voraussetzungen.<br />

Kognitive Tätigkeiten wie beispielsweise<br />

Rechnen bauen auf Raumwahrnehmung <strong>und</strong><br />

entsprechenden körperlichen Erfahrungen<br />

auf. Zahlreiche Praxisvorschläge für den Sach-,<br />

Sprach- <strong>und</strong> Mathematikunterricht auf allen<br />

Schulstufen zeigen, wie Körper- <strong>und</strong> Raumwahrnehmung<br />

zum kognitiven <strong>Lernen</strong> beitragen.<br />

Die Kapitel 1 <strong>und</strong> 2 wollen dazu ermuntern,<br />

die Bedeutung der körperlichen Betätigung für<br />

die gesamte Entwicklung der Kinder zu anerkennen<br />

<strong>und</strong> Kinder entsprechend vielfältig zu<br />

fördern. Die Leserinnen <strong>und</strong> Leser werden <strong>das</strong><br />

Potenzial der körperlichen Betätigung für die<br />

Entwicklung der Kinder nutzen <strong>und</strong> Kinder<br />

entsprechend zu fördern wissen. Und sie werden<br />

individueller auf Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

eingehen können, die in der Schule an ihre<br />

Grenzen stossen <strong>und</strong> die mit einer stärkeren<br />

Berücksichtigung ihrer körperlichen Voraussetzungen<br />

angemessener unterstützt werden<br />

können.<br />

Die Kapitel 3 <strong>und</strong> 4 enthalten eine Fülle von<br />

Praxisideen für die Verbindung des kognitiven<br />

<strong>Lernen</strong>s mit Formen der Bewegung, Körperorientierung<br />

<strong>und</strong> Raumwahrnehmung. Neu<br />

ist dabei die Verknüpfung des Begriffs «Anschauungsmittel»<br />

mit den Möglichkeiten der<br />

Körper- <strong>und</strong> Raumwahrnehmung. Damit kann<br />

<strong>das</strong> Potenzial dieser Lernformen präziser beschrieben<br />

<strong>und</strong> gezielter ausgeschöpft werden.<br />

Was bisher oft summarisch als «bewegtes Ler-<br />

Zwei Praxisvorschläge für unterschiedliche<br />

Stufen <strong>und</strong> Fächer.<br />

Zahlen <strong>und</strong> Masse am eigenen Körper <strong>und</strong> in der Gruppe wahrnehmen<br />

Mit den folgenden Vorschlägen machen die <strong>Lernen</strong>den konkrete körperliche Erfahrungen mit Längen,<br />

Gewichten, Zahlen <strong>und</strong> Brüchen. Gegenüber der Arbeit mit Messmeter, Bohnen oder Plättchen<br />

ergeben sich erweiterte Wahrnehmungsmöglichkeiten. Dadurch können die <strong>Lernen</strong>den auf eine zusätzliche<br />

Art verstehen, was mit dem betreffendenfenden Mass oder der betreffenden Zahl gemeint ist.<br />

Beispiel: Zahlen am eigenen Körper wahrnehmen<br />

Stufe: Unterstufe<br />

Ziel: Die <strong>Lernen</strong>den erfahren die Zahlen 1 bis 6 am<br />

eigenen Körper <strong>und</strong> bauen konkrete körperliche Erinnerungen<br />

an diese Zahlen auf.<br />

Beschreibung: Gearbeitet wird mit der ganzen Klasse<br />

oder in Kleingruppen. Es wird mit einem grossen<br />

Schaumstoffwürfel gewürfelt. Entsprechend der gewürfelten<br />

Anzahl müssen die Kinder sich so hinstellen<br />

oder setzen, <strong>das</strong>s sie mit dieser Anzahl Körperteile<br />

den Boden berühren. Zum Beispiel bei einer 3: ein<br />

Bein <strong>und</strong> zwei Hände. Oder auf dem Hintern sitzen,<br />

die Beine in die Luft heben <strong>und</strong> mit beiden Händen<br />

abstützen. Die Kinder erfinden bestimmt mehrere Variationen.<br />

Quelle: Beigel <strong>20</strong>10, S. 81<br />

Beispiel: Längen am eigenen Körper wahrnehmen<br />

Körper <strong>und</strong> <strong>Lernen</strong><br />

Aus der Reihe «Impulse zur Unterrichtsentwicklung»<br />

Dominique Högger<br />

nen» beschrieben worden ist, erhält hier eine<br />

theoretische F<strong>und</strong>ierung <strong>und</strong> rückt damit stärker<br />

an Überlegungen der Fachdidaktik heran.<br />

Körper- <strong>und</strong> raumorientierte Anschauungsmittel<br />

sind eine Erweiterung des bestehenden<br />

Methodenrepertoires. Angesichts der Heterogenität<br />

der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, angesichts<br />

der Abstraktheit <strong>und</strong> damit schwierigen<br />

Nachvollziehbarkeit bestimmter Lerninhalte<br />

soll diese Erweiterung dazu beitragen, mehr<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ein lustvolles <strong>und</strong><br />

erfolgreiches <strong>Lernen</strong> zu ermöglichen.<br />

Stufe: Unterstufe<br />

Ziel: Die <strong>Lernen</strong>den entwickeln durch körperliche <strong>und</strong> räumliche Erfahrungen eine Vorstellung von<br />

Längen.<br />

Beschreibung: Die Kinder arbeiten zu zweit. Sie messen sich gegenseitig verschiedene Körperstellen,<br />

zum Beispiel den Zeigfinger, die Handspanne, die Elle oder den Fuss. Sie erstellen eine entsprechende<br />

Liste. Dann suchen sie im Klassenzimmer nach Strecken, vergleichen diese mit den<br />

gemessenen Körperstellen <strong>und</strong> schätzen so die Länge ab. Auch daraus erstellen sie eine Liste.<br />

Schliesslich werden die geschätzten Strecken mit dem Massstab oder Messband gemessen <strong>und</strong> mit<br />

dem Schätzwert verglichen.<br />

Quelle: Belorf u.a. <strong>20</strong>00, S. 212<br />

Weitere Beispiele <strong>und</strong> Anregungen<br />

Koerper_<strong>Lernen</strong>_INH.indd 55<br />

dem Plan positionieren. Dies bringt einen Zugewinn an räumlicher Wahrnehmung <strong>und</strong> körperlicher<br />

Erfahrung, der für die Orientierung <strong>und</strong> Erinnerung wertvoll ist.<br />

Im Vordergr<strong>und</strong> steht also die Struktur der abgebildeten Landschaft <strong>und</strong> der darin enthaltenen Elemente<br />

wie Berge, Flüsse oder Siedlungen. Prozesse kommen dann zum Tragen, wenn sich die <strong>Lernen</strong>den<br />

auf dem Plan bewegen <strong>und</strong> so den Verlauf von Flüssen oder Verkehrswegen nachvollziehen.<br />

Dabei ist es möglich, <strong>das</strong>s auf dem Boden eine mehr oder weniger detaillierte Karte aufgezeichnet ist<br />

(vgl. Bräm u. a. <strong>20</strong>08). Manchmal reichen auch einige markante Orientierungspunkte wie bestimmte<br />

Städte oder Flüsse. Es ist aber auch denkbar, <strong>das</strong>s die <strong>Lernen</strong>den lediglich die übrigen Anwesenden<br />

als Orientierungspunkte zur Verfügung haben. Sie verschieben sich so lange in Relation zueinander,<br />

bis sich ein stimmiges Abbild einpendelt. Die gewählte Form orientiert sich an den Zielen, die damit<br />

verfolgt werden.<br />

Beispiel: Plan der eigenen Gemeinde oder des eigenen Quartiers<br />

Stufe: Mittelstufe/Sek<strong>und</strong>arstufe I<br />

Ziel: Die <strong>Lernen</strong>den machen konkrete körperliche <strong>und</strong> räumliche Erfahrungen, die es ihnen erleichtern,<br />

sich auf einem Plan zu orientieren <strong>und</strong> die Inhalte des Planes in Erinnerung zu behalten.<br />

Beschreibung: Die <strong>Lernen</strong>den stellen sich vor, auf dem Boden sei eine Karte ihrer Gemeinde oder<br />

ihres Quartiers gezeichnet. Als Orientierung sind einige zentrale Punkte wie <strong>das</strong> Schulhaus, der<br />

Bahnhof oder die Himmelsrichtungen bezeichnet. Die <strong>Lernen</strong>den stellen sich nun dort hin, wo sie in<br />

Relation zu den bezeichneten Punkten ihr Zuhause vermuten.<br />

Vermutlich brauchen die <strong>Lernen</strong>den Hilfe, um sich auszutauschen <strong>und</strong> sich zu koordinieren, bis alle<br />

einen angemessenen Platz gef<strong>und</strong>en haben. Dieser Austausch ermöglicht ihnen, Stück für Stück<br />

eine Orientierung aufzubauen. Ein gewisser Aufwand<br />

ist dabei kein Nachteil: Die gemeinsame Suche nach<br />

der passenden Lösung ist ein Teil der Erfahrung, die<br />

die Erinnerung stützt.<br />

Fortsetzung: Jedes Kind marschiert einzeln seinen<br />

«Schulweg» auf dem Plan ab <strong>und</strong> teilt dazu für alle<br />

vernehmlich mit, wo es vorbeikommt. Die übrigen<br />

<strong>Lernen</strong>den dienen dabei der Orientierung. Im «Schulhaus»<br />

angekommen, stellt es sich zurück auf sein «Zuhause»,<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> nächste Kind ist an der Reihe.<br />

Bild 35: Mit einer bestimmten Anzahl Körperteilen den<br />

Boden berühren<br />

1. Aufl age <strong>20</strong><strong>13</strong>, 110 Seiten, A4, farbig illustriert, broschiert;<br />

Berechtigung für Downloads<br />

85841 38.00<br />

– Seilhüpfen oder andere Bewegungsaktivitäten eignen sich hervorragend, um <strong>das</strong> Zählen zu üben.<br />

Der Ehrgeiz, <strong>das</strong> einmal erreichte Ziel noch zu übertreffen, führt manche Kinder bereits in der<br />

1. Klasse weit über die H<strong>und</strong>ertergrenze. Nicht nur die hüpfenden, auch die zuschauenden <strong>und</strong><br />

mitfiebernden Kinder sind beim Zählen dabei. Gleichzeitig erkennen die Kinder im Zählen einen<br />

konkreten Nutzen für ihren Alltag.<br />

– Gewichte mit dem eigenen Körper wahrnehmen <br />

– Zahlen als Anzahl Wegstrecken wahrnehmen <br />

uppe wahrnehmen <br />

61<br />

Bild 34: <strong>Lernen</strong>de stellen die eigene Gemeinde.<br />

<strong>profi</strong> -L 1 / <strong>13</strong> © Schulverlag plus AG

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