Perspektive LiLi-wk.pdf - IDF
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8<br />
(97) und du hörst noch diesmal ganz viele geräusche vom äh maschinen<br />
(98) die äh da arbeiten<br />
(99) also Ǿ fällt in diese ebene<br />
(100) und ist irgendwie noch deformierter<br />
Der Antezedens für das Nullsubjekt in 99 ist das Nullsubjekt in 90. Es liegen mehrere<br />
Subjekte dazwischen, sodass die grammatische Lizensierung einer Nullanaphora keinesfalls<br />
gegeben ist.<br />
Der unterschiedliche informationsstrukturelle Status der am Geschehen beteiligten Mitspieler<br />
wird des weiteren dadurch deutlich, dass für die Besetzung der Subjektstelle in<br />
Ereignisdarstellungen in der Regel keine andere Entität als der Topikkandidat gewählt wird.<br />
Ist der Protagonist nicht selbst Agens, so erlaubt die Verwendung einer Passivkonstruktion die<br />
Situation dennoch aus ‚seiner Sicht’ zu präsentieren (vgl. Bsp. 1/16). Ein weiteres formales<br />
Mittel, um die Herabstufung von Mitspielern in der Informationshierarchie zu erreichen, liegt<br />
in der Subordination. Auch diese syntaktische Konstruktion findet sich ganz konsequent in<br />
den deutschen Texten dort eingesetzt, wo andere Entitäten als der Protagonist Geschehnisse<br />
vorantreiben.<br />
Beispiel 3<br />
er wird dann quasi erhoben von diesem steinhaufen<br />
der so aus der erde heraus sich türmt<br />
und äh muß jetzt also zusätzlich versuchen da runterzuklettern<br />
Die Zentrierung der Informationen um den Protagonisten als globaler Topikentität hat nicht<br />
nur die bereits angesprochenen Folgen für die Informationsstrukturierung, sondern bietet auch<br />
Kritierien für die Informationsauswahl. Relevant sind diejenige Teile der Wissensbasis, die<br />
das Handeln des Protagonisten betreffen. Geschehnisse, die keine unmittelbaren<br />
Auswirkungen auf den Protagonisten haben, werden nicht thematisiert. So unterscheiden sich<br />
die Texte der drei Sprechergruppen auch signifikant darin, welche Ereignisse für die<br />
Versprachlichung ausgewählt werden (vgl. für eine genauere Untersuchung Carroll et al., im<br />
Druck).<br />
Zusammenfassend lässt sich zunächst festhalten, dass die Nacherzählungen der deutschen<br />
Sprecher einer Globalstruktur folgen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Protagonist als<br />
diejenige Adresse gilt, an die neue Informationen angebunden werden, durch die sie verknüpft<br />
werden und durch die sie damit auch motiviert werden. Diese Bedingung, die wir als globale<br />
Topikbedingung bezeichnet haben, liefert das in der Entscheidungshierarchie höchststehende<br />
Kriterium für die Informationsorganisation im Text. Ergänzt wird es durch die<br />
Topikbedingung im Bereich der Temporalität. Hier ist die anaphorische Verschiebung der<br />
jeweiligen Topikzeit die entscheidende Bedingung für die Sequenzierung der Information.<br />
Situationen, die diesen Vorgaben nicht angepasst werden können, benötigen einen ‚Anker’ in<br />
der Hauptstruktur, sind also lokal zu verknüpfen.<br />
Diese Protagonisten-zentrierte <strong>Perspektive</strong> ist das für die deutschen Sprecher charakteristisch;<br />
sie könnten auch auch anders vorgehen - sie tun es aber nicht. Umgekehrt findet sich diese<br />
<strong>Perspektive</strong> auch gelegentlich bei englischen Sprechern. Die große Mehrzahl von ihnen<br />
konstruiert die Texte jedoch nach einem in den wesentlichen Zügen verschiedenen Muster.<br />
4.2 Erzähler-basierte <strong>Perspektive</strong>