Widerstandsfähigkeit stärken Ernährung sichern - International Food ...
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BOX 3.2<br />
RESILIENZ IN THEORIE UND PRAXIS AM BEISPIEL DREIER GEMEINDEN<br />
Barrett und Constas (2012) definieren Resilienz als eine Situation,<br />
in der eine Person, ein Haushalt oder eine Gemeinde über einen<br />
gewissen Zeitraum hinweg trotz Belastungen und Krisen nicht arm<br />
und ernährungsunsicher ist. Nur wenn dies mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
so ist und bleibt, kann diese Person, dieser Haushalt oder<br />
diese Gemeinde als resilient betrachtet werden. Was bedeutet das<br />
in der Praxis? Dies soll am Beispiel dreier hypothetischer Gemeinden<br />
illustriert werden. Nehmen wir an, die drei Gemeinden leben<br />
von der nomadischen Viehwirtschaft im südlichen Afrika und wir<br />
werfen zu drei Zeitpunkten einen Blick auf ihre Situation: vor einer<br />
Dürre, auf dem Höhepunkt einer Dürre und nach einer Dürre.<br />
> Gemeinde A ist relativ widerstandsfähig. Drei Faktoren sind dafür<br />
verantwortlich. Erstens besitzt die Gemeinde eine große Viehherde.<br />
Selbst wenn eine Dürre einen großen Teil der Herde dahinrafft,<br />
hat die Gemeinschaft immer noch genug Vieh, um die Herde<br />
nach der Dürre wieder aufzubauen und das Wanderhirtentum<br />
als tragbare Existenzgrundlage zu erhalten. Anders ausgedrückt,<br />
verfügt die Gemeinschaft über Absorptionskapazität. Zweitens<br />
hat Gemeinschaft A die Möglichkeit, ihre Tiere auf einem großen<br />
und geografisch vielfältigen Gebiet weiden und trinken zu<br />
lassen. Die Mobilität der Herde erlaubt es der Gemeinde, ihre<br />
Tiere von den Gebieten, die am meisten von der Dürre betroffen<br />
sind, in die am wenigsten betroffenen zu bringen und ihre Migrationsstrategie,<br />
wenn nötig, zu ändern. Sie verfügt demnach<br />
über Anpassungskapazität. Und schließlich sind einige Mitglieder<br />
der Gemeinschaft infolge früherer Dürren in die Hauptstadt<br />
abgewandert, um dort zu arbeiten. Dürren haben hier nur geringe<br />
oder keine Auswirkungen auf den Arbeitslohn und die Überweisungen<br />
in die Heimatregion. Tatsächlich nutzt die Gemeinschaft<br />
diese Geldsendungen als eine Art Versicherung und zum<br />
Aufbau von Rücklagen. Dadurch hat sie auch eine Transformati-<br />
onskapazität entwickelt. Nach Ende der Dürre hat Gemeinde A<br />
eine größere Fähigkeit zur Bewältigung zukünftiger Krisen entwickelt.<br />
> Gemeinde B bewegt sich auf eine erhöhte Vulnerabilität zu,<br />
obwohl einige Indikatoren in eine andere Richtung deuten. Sie<br />
hat die Fähigkeit verloren, die Folgen einer Dürre durch traditionelle<br />
Strategien (Übersiedlung und Wiederaufbau der Herde)<br />
aufzufangen. Daher beschließt sie auf dem Höhepunkt der<br />
Dürre, sich unter Anwendung von Gewalt die Herden, das Weideland<br />
und die Wasserressourcen anderer Gruppen anzueignen.<br />
Wie Gemeinschaft A hat auch Gemeinschaft B ihr Wohlstandsniveau<br />
aufrechterhalten, allerdings auf Kosten anderer<br />
Gruppen. Außerdem zieht die Strategie des Viehdiebstahls das<br />
Risiko einer Bestrafung und weiterer Gewalt nach sich, wodurch<br />
der zukünftige Handlungsspielraum der Gemeinde eingeschränkt<br />
wird.<br />
> Gemeinde C wird noch ärmer und gefährdeter. Die Herde dieser<br />
Gemeinschaft ist viel kleiner. Zudem verfügt die Gemeinde nicht<br />
über eine vergleichbare Mobilität; der Zugang zu Weideflächen<br />
und Wasserquellen wurde durch eine Mischung aus Landeinfriedungen,<br />
Stammeskonflikten und Bewässerungsausbau erheblich<br />
eingeschränkt. Die Herde wird durch die Dürre stark dezimiert<br />
und der Gemeinschaft bleiben zu wenige Tiere, um die Herde<br />
wieder so aufzubauen, dass sie davon leben könnte. Gemeinde<br />
C wird abhängig von Nothilfe und ihre Mitglieder müssen sich<br />
eine neue Existenzgrundlage aufbauen, die vielfältiger ist, aber<br />
auch weniger einbringt: eine Kombination aus sesshaftem Ackerbau,<br />
Viehhaltung und Gelegenheitsarbeit. Ohne externe Unterstützung<br />
wird diese Gemeinde vermutlich nicht aus dieser<br />
Armutsfalle entkommen.<br />
Künftige Fähigkeit zur Bewältigung von Krisen<br />
Höher<br />
Niedriger<br />
Quelle: Autoren.<br />
Gemeinde C<br />
(Zunehmend arm und gefährdet)<br />
Niedriger<br />
Nach der<br />
Dürre<br />
Höhepunkt<br />
der Dürre<br />
Höhepunkt<br />
der Dürre<br />
Gemeinde B<br />
(Zunehmend verwundbar)<br />
Vor der<br />
Dürre<br />
Vor der<br />
Dürre<br />
Nach der<br />
Dürre<br />
Aktuelles Wohlstandsniveau<br />
Höhepunkt der<br />
Dürre<br />
Gemeinde A<br />
(Widerstandsfähig)<br />
Nach der<br />
Dürre<br />
Vor der<br />
Dürre<br />
Höher<br />
22 Resilienz verstehen, <strong>Ernährung</strong>ssicherheit schaffen | Kapitel 03 | Welthunger-Index 2013