Freitag 13.12.2013
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Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
$Id: reihen.tex,v 1.16 2013/12/13 12:26:16 hk Exp $<br />
§5 Reihen<br />
5.2 Grundeigenschaften von Reihen<br />
Am Ende der letzten Sitzung hatten wir die Divergenz der sogenannten harmonischen<br />
Reihe bewiesen, dass also<br />
∞∑ 1<br />
n = ∞<br />
n=1<br />
gilt. Wir hatten dies eingesehen indem wir die Summanden der harmonischen Reihe in<br />
Blöcken von Zweierpotenzlänge zusammengefasst hatten und so für jedes n ∈ N mit<br />
n ≥ 2<br />
2 n ∑<br />
k=1<br />
1<br />
k > 1 + n 2<br />
gezeigt hatten. Damit sind die Partialsummen der harmonischen Reihe nicht nach oben<br />
beschränkt und die Divergenz dieser Reihe folgte. Dieses Argument kann man auch in<br />
einer etwas allgemeineren Situation verwenden, es ist nicht wirklich wichtig das die<br />
Summanden der Reihe die Stammbrüche sind, sie müssen nur monoton fallend sein.<br />
Angenommen wir haben eine monoton fallende Folge (a n ) n≥1 positiver reeller Zahlen.<br />
Für jedes n ∈ N haben wir dann<br />
2 n ∑<br />
k=2 n−1 +1<br />
a k ≥ 2 n−1 a 2 n<br />
und<br />
2∑<br />
n −1<br />
k=2 n−1 a k ≤ 2 n−1 a 2 n−1,<br />
im wesentlichen lassen sich die Partialsummen der Reihe ∑ ∞<br />
n=1 a n also nach oben<br />
und unten durch Partialsummen der sogenannten kondensierten Reihe ∑ ∞<br />
n=0 2n a 2 n<br />
abschätzen. Dies führt uns zum folgenden sogenannten Kondensationskriterium“ oder<br />
”<br />
” Verdichtungskriterium“.<br />
Satz 5.6 (Cauchys Kondensationskriterium)<br />
Sei (a n ) n≥1 eine monoton fallende, reelle Zahlenfolge mit a n ≥ 0 für alle n ∈ N. Dann<br />
ist die Reihe<br />
konvergent ist.<br />
∞∑<br />
a n genau dann konvergent wenn die Reihe<br />
n=1<br />
13-1<br />
∞∑<br />
2 n a 2 n<br />
n=0
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Beweis: Es seien<br />
s n :=<br />
n∑<br />
a k beziehungsweise t n :=<br />
k=1<br />
n∑<br />
2 k a 2 k<br />
k=0<br />
für jedes n ∈ N die Partialsummen der Ausgangsreihe beziehungsweise der kondensierten<br />
Reihe. Nach Satz 4.(b) ist ∑ ∞<br />
n=1 a n genau dann konvergent wenn die Folge (s n ) n≥1<br />
nach oben beschränkt ist und die kondensierte Reihe ∑ ∞<br />
n=0 2n a 2 n ist genau dann konvergent<br />
wenn die Folge (t n ) n∈N nach oben beschränkt ist. Es ist also nur zu zeigen, dass<br />
(s n ) n≥1 genau dann nach oben beschränkt ist wenn (t n ) n∈N dies ist.<br />
”=⇒” Sei also (s n ) n≥1 nach oben beschränkt, d.h. es gibt ein C ∈ R mit s n ≤ C für<br />
jedes n ∈ N mit n ≥ 1. Für jedes n ∈ N mit n ≥ 1 gilt a 2 n ≤ a k für alle k ∈ N mit<br />
2 n−1 < k ≤ 2 n , da die Folge (a k ) k∈N als monoton fallend vorausgesetzt ist, also auch<br />
Für jedes n ∈ N folgt weiter<br />
2 n−1 a 2 n =<br />
2 n ∑<br />
k=2 n−1 +1<br />
a 2 n ≤<br />
2 n ∑<br />
k=2 n−1 +1<br />
a k .<br />
t n =<br />
n∑<br />
n∑<br />
n∑<br />
2 k a 2 k = a 1 + 2 · 2 k−1 a 2 k ≤ a 1 + 2<br />
k=0<br />
k=1<br />
k=1 l=2 k−1 +1<br />
k=1<br />
2 k ∑<br />
a l ≤ 2 ·<br />
2 n ∑<br />
a k = 2s 2 n ≤ 2C,<br />
d.h. auch die Folge (t n ) n∈N ist nach oben beschränkt.<br />
”⇐=” Nun nehme umgekehrt an das (t n ) n∈N nach oben beschränkt ist, es gibt also ein<br />
C ∈ R mit t n ≤ C für jedes n ∈ N. Wieder da die Folge (a n ) n∈N monoton fallend ist<br />
haben wir für jedes n ∈ N und alle k ∈ N mit 2 n ≤ k < 2 n+1 stets a k ≤ a 2 n und somit<br />
auch<br />
2 n+1 ∑−1<br />
k=2 n a k ≤<br />
2 n+1 ∑−1<br />
k=2 n a 2 n = 2 n a 2 n.<br />
Ist also n ∈ N, so ergibt die Bernoullische Ungleichung §1.Lemma 6 zunächst 2 n −1 ≥ n<br />
und damit ist auch<br />
∑n−1<br />
s n ≤ s 2 n −1 =<br />
k=0<br />
2 k+1 ∑−1<br />
d.h. die Folge (s n ) n≥1 ist nach oben beschränkt.<br />
∑n−1<br />
a l ≤ 2 k a 2 k = t n−1 ≤ C,<br />
l=2 k k=0<br />
Wir wollen das Kriterium einmal dazu verwenden, die Konvergenz der Reihe<br />
∞∑<br />
n=1<br />
1<br />
n α<br />
13-2
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
für ein allgemeines α ∈ Q zu entscheiden. Ist α ≤ 0, so ist (1/n α ) n≥1 nicht einmal<br />
eine Nullfolge, wir können uns also auf den Fall α > 0 beschränken. Dann ist die Folge<br />
(1/n α ) n≥1 eine streng monoton fallende Nullfolge. Nach dem Kondensationskriterium<br />
müssen wir also die Reihe<br />
∞∑<br />
2 n 1<br />
(2 n ) = ∑ ∞<br />
2 (1−α)n =<br />
α<br />
n=0<br />
n=0<br />
∞∑<br />
(2 1−α ) n<br />
untersuchen. Dies ist eine geometrische Reihe und nach Satz 1 genau dann konvergent<br />
wenn 2 1−α < 1 ist, also genau dann wenn 1 − α < 0, beziehungsweise α > 1 ist. Dies<br />
zeigt<br />
∞∑ 1<br />
< ∞ ⇐⇒ α > 1.<br />
nα n=1<br />
Wir haben dieses Resultat erst einmal nur für α ∈ Q, da Potenzen mit beliebigen reellen<br />
Exponenten noch gar nicht definiert sind. Da wir nur die Potenzrechenregeln verwendet<br />
haben, gilt das Ergebnis aber auch für allgemeines α ∈ R sobald die entsprechenden<br />
Potenzen definiert sind.<br />
Ein Phänomen das die Behandlung der Konvergenz von Reihen deutlich erschwert,<br />
ist das diese nicht nur vom Betrag der Summanden sondern auch von deren Vorzeichen,<br />
beziehungsweise ihrem Argument im komplexen Fall, abhängt. Beispielsweise ist die<br />
harmonische Reihe<br />
∞∑ 1<br />
n = 1 + 1 2 + 1 3 + 1 4 + · · ·<br />
n=1<br />
wie gesehen divergent, aber die Reihe<br />
n=0<br />
∞∑ (−1) n−1<br />
n=1<br />
n<br />
= 1 − 1 2 + 1 3 − 1 4 + · · ·<br />
wird sich gleich als konvergent herausstellen. Derartige Reihen bei denen das Vorzeichen<br />
ständig hin und her wechselt werden als alternierende Reihen bezeichnet, und das<br />
folgende sogenannte Leipnitz-Kriterium wird zeigen, dass eine große Zahl dieser Reihen<br />
konvergent ist.<br />
Satz 5.7 (Leipnitz-Kriterium)<br />
Sei (a n ) n∈N eine monoton fallende, reelle Nullfolge mit a n ≥ 0 für alle n ∈ N. Dann<br />
ist die alternierende Reihe ∑ ∞<br />
n=0 (−1)n a n konvergent. Ist (s n ) n∈N die Folge der Partialsummen<br />
dieser Reihe, so gilt<br />
s 2n ≥<br />
∞∑<br />
(−1) k a k ≥ s 2n+1<br />
k=0<br />
für alle n ∈ N.<br />
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Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Beweis: Für jedes n ∈ N gelten<br />
da a 2n+2 ≤ a 2n+1 ist und<br />
s 2(n+1) = s 2n+2 = s 2n − a 2n+1 + a 2n+2 ≤ s 2n<br />
s 2(n+1)+1 = s 2n+3 = s 2n+1 + a 2n+2 − a 2n+3 ≥ s 2n+1<br />
da a 2n+2 ≥ a 2n+3 ist. Damit ist die Folge (s 2n ) n∈N monoton fallend und die Folge<br />
(s 2n+1 ) n∈N ist monoton steigend. Für jedes n ∈ N gilt außerdem<br />
s 1 ≤ s 2n+1 = s 2n − a 2n+1 ≤ s 2n ≤ s 0 ,<br />
d.h. (s 2n ) n∈N ist nach unten und (s 2n+1 ) n∈N ist nach oben beschränkt. Nach §4.Satz 3<br />
existieren die beiden Grenzwerte<br />
Nach §4.Satz 6.(a,b) ist dabei<br />
s := lim<br />
n→∞<br />
s 2n und t := lim<br />
n→∞<br />
s 2n+1 .<br />
t − s = lim<br />
n→∞<br />
s 2n+1 − lim<br />
n→∞<br />
s 2n = lim<br />
n→∞<br />
(s 2n+1 − s 2n ) = − lim<br />
n→∞<br />
a 2n+1 = 0,<br />
also haben wir s = t. Nach §4.Lemma 1.(d) ist auch die Folge (s n ) n∈N konvergent mit<br />
dem Grenzwert s = t. Dies zeigt die Konvergenz der Reihe ∑ ∞<br />
n=0 (−1)n a n sowie<br />
∞∑<br />
s 2n ≥ s = (−1) n a n = t ≥ s 2n+1<br />
für jedes n ∈ N.<br />
n=0<br />
Beispielsweise konvergieren damit die beiden Reihen<br />
∞∑ (−1) n−1<br />
n<br />
n=1<br />
= 1 − 1 2 + 1 3 − 1 4 + · · · = ln(2),<br />
∞∑ (−1) n<br />
2n + 1 = 1 − 1 3 + 1 5 − 1 7 + · · · = π 4 ,<br />
n=0<br />
wobei letztere Reihe oft als die Leipnitz-Reihe bezeichnet wird. Die Grenzwerte sind<br />
hier nur zur Information angegeben, mit den uns hier zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln<br />
können wir diese noch nicht weiter begründen. Man kann sich das Leipnitz<br />
Kriterium, zumindest teilweise, auch so erklären das je zwei Summanden der Reihe zusammengefasst<br />
werden, man also zu neuen Summanden der Form b n = a 2n − a 2n+1 ≥ 0<br />
übergeht und so eine Reihe bestehend aus nichtnegativen Summanden erhält. Eine solche<br />
Konstruktion kann man auch noch etwas allgemeiner betrachten, startend mit einer<br />
beliebigen Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n, fasst man die Summanden in einzelnen Blöcken zusammen<br />
b 0 = a 0 + · · · + a n1 −1, b 1 = a n1 + · · · + a n2 −1, b 2 = a n2 + · · · + b n3 −1, . . .<br />
13-4
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
und erhält so eine ”<br />
geblockte Reihe“ ∑ ∞<br />
n=0 b n. Setzt man noch n 0 := 0 so stehen in<br />
der Definition des i-ten Blocks b i stets n i+1 − n i viele Summanden der Ausgangsreihe.<br />
Ist die Ausgangsreihe konvergent so konvergiert auch die geblockte Reihe mit demselben<br />
Grenzwert und unter einigen Zusatzbedingungen gilt auch die Umkehrung dieser<br />
Aussage.<br />
Lemma 5.8 (Geblockte Reihen)<br />
Seien K ∈ {R, C} und ∑ ∞<br />
n=0 a n eine Reihe in K. Weiter seien n 0 , n 1 , n 2 , . . . ∈ N mit<br />
0 = n 0 < n 1 < n 2 < n 3 < · · · gegeben und definiere den k-ten Block b k für jedes k ∈ N<br />
als<br />
Dann gelten:<br />
b k :=<br />
n k+1 −1<br />
∑<br />
j=n k<br />
a j = a nk + · · · + a nk+1 −1.<br />
(a) Konvergiert die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n, so konvergiert auch die geblockte Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b n<br />
und es ist ∑ ∞<br />
n=0 b n = ∑ ∞<br />
n=0 a n.<br />
(b) Es gelte:<br />
1. Die geblockte Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b n konvergiert.<br />
2. Die Folge (a n ) n∈N ist eine Nullfolge.<br />
3. Die Blocklängen sind nach oben beschränkt, d.h. es gibt ein m ∈ N mit<br />
n k+1 − n k ≤ m für alle k ∈ N.<br />
Dann ist auch die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n konvergent.<br />
Beweis: Für jedes n ∈ N seien<br />
s n :=<br />
n∑<br />
a k und t n :=<br />
k=0<br />
n∑<br />
k=0<br />
b k<br />
die Partialsummen der ursprünglichen beziehungsweise der geblockten Reihe. Für alle<br />
k ∈ N haben wir dann<br />
t k =<br />
k∑<br />
b j =<br />
j=0<br />
k∑<br />
j=0<br />
n j+1 −1<br />
∑<br />
i=n j<br />
a i =<br />
n k+1 −1<br />
∑<br />
i=0<br />
a i = s nk+1 −1.<br />
(a) Wie eben gezeigt ist (t k ) k∈N eine Teilfolge von (s n ) n∈N , diese Behauptung folgt<br />
damit aus §4.Lemma 1.(a).<br />
(b) Sei a := ∑ ∞<br />
k=0 b k. Wir zeigen das auch (s n ) n∈N −→ a gilt. Sei also ɛ > 0 gegeben.<br />
Wegen (a j ) j∈N −→ 0 existiert ein j 0 ∈ N mit |a j | < ɛ/(2m) für alle j ∈ N mit j ≥ j 0<br />
und wegen (t k ) k∈N −→ a existiert ein k 0 ∈ N mit |t k − a| < ɛ/2 für alle k ∈ N mit<br />
k ≥ k 0 . Setze m 0 := max{n k0 +1, n j0 } ∈ N. Wir zeigen nun das für jedes n ∈ N mit<br />
13-5
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
n ≥ m 0 stets |s n − a| < ɛ ist. Sei also n ∈ N mit n ≥ m 0 gegeben. Sei k ∈ N minimal<br />
mit n < n k+1 , und wegen n ≥ n k0 +1 ≥ n 1 sind dann k ≥ 1 und n k ≤ n < n k+1 . Wegen<br />
n k+1 > n ≥ n k0 +1 ist k + 1 > k 0 + 1 also k − 1 ≥ k 0 und |t k−1 − a| < ɛ/2. Ebenso folgt<br />
k ≥ j 0 also gilt für jedes j ∈ N mit n k ≤ j ≤ n stets j ≥ n k ≥ n j0 ≥ j 0 und somit<br />
|a j | < ɛ/(2m). Insgesamt haben wir damit<br />
∣ ∣ n∑ ∣∣∣∣ |s n − a| =<br />
∣ s n∑ ∣∣∣∣<br />
n k −1 − a + a j =<br />
∣ t k−1 − a + a j<br />
j=n k j=n k<br />
n∑<br />
≤ |t k−1 − a| + |a j | < ɛ 2 + (n − n k + 1) ɛ<br />
2m ≤ ɛ 2 + n k+1 − n k ɛ<br />
m 2 ≤ ɛ,<br />
j=n k<br />
und (s n ) n∈N −→ a ist bewiesen.<br />
In Teil (b) des Lemmas benötigt man tatsächlich die beiden Voraussetzungen (2) und<br />
(3), und wir wollen uns für jede der beiden ein Beispiel hierzu anschauen. Haben wir<br />
die Folge (a n ) n∈N = ((−1) n ) n∈N und setzen n k := 2k für jedes k ∈ N, so haben wir<br />
{<br />
1, n ist gerade,<br />
s n =<br />
0, n ist ungerade = 1 − (−1)n+1 und b n = (−1) 2n + (−1) 2n+1 = 0<br />
2<br />
für jedes n ∈ N, die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n divergiert also, aber die geblockte Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b n =<br />
0 konvergiert und die Blocklänge ist konstant n k+1 − n k = 2 für jedes k ∈ N. Dies war<br />
ein Gegenbeispiel in dem Bedingung (2) verletzt ist, ein Gegenbeispiel zu Bedingung<br />
(3) ist etwas schwerer zu konstruieren. Wir wählen die Blockunterteilung (n k ) k∈N so,<br />
dass n k+1 − n k = 2(k + 1) für jedes k ∈ N gilt, also<br />
n k :=<br />
k∑<br />
j = k(k + 1)<br />
j=1<br />
für jedes k ∈ N. Die Folge (a n ) n∈N definieren wir so das im k-ten Block zunächst (k +1)<br />
viele Folgenglieder gleich 1/(k + 1) sind und die darauf folgenden (k + 1) Folgenglieder<br />
gleich −1/(k + 1) sind, also als Formel<br />
{<br />
1<br />
k+1<br />
a n :=<br />
, wenn k(k + 1) ≤ n < (k + 1)2 für ein k ∈ N,<br />
− 1 , wenn (k + k+1 1)2 ≤ n < (k + 1)(k + 2) für ein k ∈ N<br />
für jedes n ∈ N. Wir wollen uns überlegen das die geblockte Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b n konvergiert<br />
und die Folge (a n ) n∈N eine Nullfolge ist aber die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n divergiert. Ersteres ist<br />
dabei klar, für jedes k ∈ N summiert sich der k-te Block zu<br />
b k =<br />
n k+1 −1<br />
∑<br />
j=n k<br />
a j =<br />
(k+1)(k+2)−1<br />
∑<br />
j=k(k+1)<br />
a j =<br />
(k+1) 2 −1<br />
∑<br />
j=k(k+1)<br />
13-6<br />
(k+1)(k+2)−1<br />
1<br />
k + 1 − ∑<br />
k + 1 = 0,<br />
j=(k+1) 2 1
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
also konvergiert ∑ ∞<br />
k=0 b k = 0. Weiter ist die Folge (|a n |) n∈N monoton fallend und für<br />
jedes k ∈ N gilt |a nk | = 1/(k+1), also ist (|a n |) n∈N −→ 0 und somit auch (a n ) n∈N −→ 0.<br />
Um die Divergenz der Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n einzusehen, blocken wir diese auch noch auf eine<br />
zweite Weise, nämlich durch<br />
n ′ 2k := n k = k(k + 1) und n ′ 2k+1 := n k + (k + 1) = (k + 1) 2<br />
für jedes k ∈ N. Für jedes k ∈ N ergeben sich die zugehörigen Blöcke als<br />
b ′ 2k :=<br />
n ′ 2k+1 −1 ∑<br />
j=n ′ 2k<br />
a j =<br />
(k+1) 2 −1<br />
∑<br />
j=k(k+1)<br />
n ′ 2(k+1)<br />
1<br />
k + 1 = 1 und analog ∑<br />
−1<br />
b′ 2k+1 :=<br />
j=n ′ 2k+1<br />
a j = −1<br />
d.h. b ′ n = (−1) n für jedes n ∈ N und die geblockte Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b′ n = ∑ ∞<br />
n=0 (−1)n<br />
divergiert, also muss nach dem Lemma auch die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n divergieren.<br />
Wir wollen in diesem Abschnitt noch eine letzte allgemeine Aussage festhalten. Wir<br />
wissen das eine Folge genau dann konvergiert wenn sie eine Cauchyfolge ist, und damit<br />
ist es naheliegend zu fragen wann die Folge der Partialsummen einer Reihe eine Cauchyfolge<br />
ist. Dies führt dann zum sogenannten Cauchy-Kriterium für die Konvergenz von<br />
Reihen.<br />
Satz 5.9 (Cauchy Kriterium für Reihen)<br />
Sei K ∈ {R, C}. Dann ist eine Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n in K genau dann konvergent wenn es<br />
für jedes ɛ > 0 ein n 0 ∈ N mit ∣ ∣ ∣∣∣∣ ∑ m ∣∣∣∣<br />
a k < ɛ<br />
für alle n, m ∈ N mit m ≥ n ≥ n 0 gibt.<br />
Beweis: Ist (s n ) n∈N die Folge der Partialsummen der Reihe, so gilt<br />
∣ m∑ ∣∣∣∣ a k = |s m − s n−1 |<br />
∣<br />
k=n<br />
k=n<br />
für alle n, m ∈ N mit m ≥ n. Die Behauptung folgt also aus dem Cauchy Kriterium<br />
§4.Satz 16 für Folgen.<br />
Das Cauchy-Kriterium ist eher für theoretische Überlegungen von Bedeutung, bei der<br />
Behandlung konkret gegebener Reihen kommt es nur selten zum Einsatz.<br />
5.3 Absolute Konvergenz<br />
Wir betrachten noch einmal die Leipnitz-Reihe<br />
∞∑ (−1) n<br />
2n + 1 = 1 − 1 3 + 1 5 − 1 7 + · · · .<br />
n=0<br />
13-7
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Es ist beispielsweise nach Satz 7<br />
0, 6 = 2 3 = 1 − 1 3 < ∞<br />
∑<br />
n=0<br />
(−1) n<br />
2n + 1 < 1 − 1 3 + 1 5 = 13<br />
15<br />
= 0, 86,<br />
und um eine bessere Abschätzung zu erhalten, berechnen wir einige weitere Partialsummen<br />
s n<br />
n = 0 1 n = 1 0, 666666<br />
n = 2 0, 866666 n = 3 0, 723809<br />
n = 4 0, 834920 n = 5 0, 744011<br />
n = 6 0, 820934 n = 7 0, 754267<br />
n = 8 0, 813091 n = 9 0, 760459<br />
n = 18 0, 798546 n = 19 0, 772905<br />
n = 28 0, 794016 n = 29 0, 777067<br />
n = 98 0, 787923 n = 99 0, 782898<br />
n = 198 0, 786654 n = 199 0, 784148<br />
n = 998 0, 785648 n = 999 0, 785148<br />
es ist also 0, 785148 < ∑ ∞<br />
n=0 (−1)n /(2n + 1) < 0, 785648. Die Konvergenz der Leipnitz<br />
Reihe ist sehr langsam, wir brauchen bereits 1000 Summanden um nur drei Nachkommastellen<br />
der Summe sicher zu kennen.<br />
Wir summieren die Leipnitz Reihe jetzt in einer anderen Reihenfolge auf<br />
1 + 1 5 − 1 3 + 1 9 + 1 11 − 1 7 + · · · =: ∞<br />
∑<br />
d.h. es werden je zwei positive gefolgt von nur einem negativen Term genommen. Ist<br />
n ∈ N so stehen in der n-ten Dreiergruppe also der (2n)-te und der (2n + 1)-te positive<br />
Summand der Leipnitz-Reihe gefolgt vom n-ten negativen Summanden der Leipnitz-<br />
Reihe, d.h.<br />
a 3n =<br />
1<br />
4 · (2n) + 1 = 1<br />
8n + 1 , a 3n+1 =<br />
n=0<br />
a n<br />
1<br />
4 · (2n + 1) + 1 = 1<br />
8n + 5 , a 3n+2 = − 1<br />
4n + 3 .<br />
Wir fassen die Summanden der umgeordneten Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n in Dreierblöcken zusammen<br />
und erhalten die geblockte Reihe<br />
(<br />
1 + 1 5 − 1 ) ( 1<br />
+<br />
3 9 + 1 11 7)<br />
− 1 ∞∑<br />
+ · · · = b n<br />
mit<br />
b n = a 3n + a 3n+1 + a 3n+2 = 1<br />
8n + 1 + 1<br />
8n + 5 − 1<br />
4n + 3<br />
(8n + 5)(4n + 3) + (8n + 1)(4n + 3) − (8n + 1)(8n + 5)<br />
=<br />
(8n + 1)(8n + 5)(4n + 3)<br />
13-8<br />
=<br />
n=0<br />
24n + 13<br />
(8n + 1)(8n + 5)(4n + 3) > 0
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
für<br />
∑<br />
jedes n ∈ N. Für jedes n ∈ N mit n ≥ 13 haben wir weiter b n ≤ 25/n 2 also auch<br />
n<br />
k=13 b k ≤ 25 · ∑∞<br />
k=1 1/k2 < ∞, d.h. die Partialsummen der Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b n sind nach<br />
oben beschränkt und nach Satz 4.(b) konvergiert die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b n. Nach Lemma 8<br />
konvergiert damit auch die Reihe<br />
∞∑<br />
a n =<br />
n=0<br />
∞∑<br />
n=0<br />
b n > 1 + 1 5 − 1 3 + 1 9 + 1 11 − 1 7 = 3734<br />
∞<br />
4095 = 0, 911843 . . . > ∑ (−1) k<br />
2k + 1 .<br />
In dieser Reihenfolge aufsummiert erhalten wir also eine andere Summe. Tatsächlich<br />
läßt sich zeigen, dass<br />
1 + 1 5 − 1 3 + 1 9 + 1 11 − 1 7 + · · · = π + ln(2)<br />
4<br />
gilt. Die Summation unendlicher Summen ist also ”<br />
nicht kommutativ“ sondern kann<br />
wie in diesem Beispiel von der Reihenfolge der Summanden abhängen. Das ist natürlich<br />
ein eher unerfreuliches Phänomen. Von besonderen Interesse sind jetzt die ”<br />
guten Reihen“,<br />
die unabhängig von der Summationsreihenfolge immer gegen denselben Wert<br />
konvergieren. Derartige Reihen nennt man manchmal unbedingt konvergent, es wird<br />
sich aber gleich herausstellen, dass es eine einfache äquivalente Beschreibung gibt, die<br />
sogenannte absolute Konvergenz.<br />
Definition 5.2 (Absolute Konvergenz)<br />
Sei K ∈ {R, C}. Eine Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n in K heißt absolut konvergent, wenn die reelle<br />
Reihe ∑ ∞<br />
n=0 |a n| konvergent ist, wenn also ∑ ∞<br />
n=0 |a n| < ∞ ist.<br />
Letzteres gilt dabei nach Satz 4.(b). Beispielsweise ist jede konvergente reelle Reihe<br />
mit nur nicht negativen Summanden trivialerweise auch absolut konvergent, was schon<br />
einen großen Teil unserer bisher behandelten Beispiele abdeckt. Nach Satz 1 ist für<br />
jedes q ∈ C mit |q| < 1 die geometrische Reihe ∑ ∞<br />
n=0 qn absolut konvergent denn die<br />
Reihe der Beträge<br />
∞∑<br />
|q n | =<br />
n=0<br />
∞∑<br />
|q| n<br />
ist wieder eine konvergente geometrische Reihe. Die geometrische Reihe wird sich als<br />
eines der wichtigsten Beispiele absolut konvergenter Reihen herausstellen. Nicht absolut<br />
konvergent ist dagegen die Reihe ∑ ∞<br />
n=1 (−1)n /n. Wir wollen uns überlegen, dass die<br />
absolute Konvergenz einer Reihe eine stärkere Eigenschaft als ihre Konvergenz ist, dies<br />
ist zwar anhand der Definition nicht offensichtlich, läßt sich aber mit dem Cauchy-<br />
Kriterium des vorigen Abschnitts beweisen.<br />
Lemma 5.10 (Absolute Konvergenz impliziert Konvergenz)<br />
Sei K ∈ {R, C} und sei ∑ ∞<br />
∑ n=0 a n eine absolut konvergente Reihe in K. Dann ist<br />
∞<br />
n=0 a n auch konvergent und es gilt<br />
∣ ∞∑ ∣∣∣∣ a n ≤<br />
∣<br />
n=0<br />
13-9<br />
n=0<br />
∞∑<br />
|a n |.<br />
n=0<br />
k=0
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Beweis: Für alle n, m ∈ N mit m ≥ n gilt<br />
∣ m∑ ∣∣∣∣ a k ≤<br />
∣<br />
k=n<br />
m∑<br />
|a k |<br />
und die Konvergenz von ∑ ∞<br />
n=0 a n folgt mit dem Cauchy-Kriterium Satz 9 für Reihen.<br />
Mit §4.Lemma 2.(b) und §4.Lemma 5.(a) folgt auch<br />
∣ ∣<br />
∣ ∞∑ ∣∣∣∣ a n =<br />
∣ ∣ lim<br />
n=0<br />
n→∞<br />
k=0<br />
∣ ∣<br />
n∑ ∣∣∣∣ ∣∣∣∣ n∑<br />
a k = lim<br />
n→∞<br />
k=0<br />
k=n<br />
a k<br />
∣ ∣∣∣∣<br />
≤ lim<br />
n→∞<br />
n∑<br />
|a k | =<br />
k=0<br />
∞∑<br />
|a n |.<br />
n=0<br />
Genau wie die Konvergenz komplexer Reihen läßt sich auch die absolute Konvergenz<br />
dieser Reihen an Real- und Imaginärteil ablesen.<br />
Lemma 5.11 (Absolute Konvergenz komplexer Reihen)<br />
Eine komplexe Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n ist genau dann absolut konvergent wenn die beiden reellen<br />
Reihen ∑ ∞<br />
n=0 Re(a n) und ∑ ∞<br />
n=0 Im(a n) absolut konvergent sind.<br />
Beweis: ”=⇒” Sei ∑ ∞<br />
n=0 a n absolut konvergent, d.h. es ist ∑ ∞<br />
n=0 |a n| < ∞. Nach<br />
§3.Lemma 3.(a) und Satz 4.(a) ist dann auch<br />
∞∑<br />
|Re(a n )|<br />
n=0<br />
∞∑<br />
|Im(a n )|<br />
n=0<br />
≤<br />
≤<br />
∞∑<br />
|a n | < ∞ und<br />
n=0<br />
∞∑<br />
|a n | < ∞,<br />
n=0<br />
d.h. die beiden reellen Reihen ∑ ∞<br />
n=0 Re(a n) und ∑ ∞<br />
n=0 Im(a n) sind absolut konvergent.<br />
”⇐=” Da die beiden Reihen ∑ ∞<br />
n=0 Re(a n) und ∑ ∞<br />
n=0 Im(a n) absolut konvergieren sind<br />
A :=<br />
∞∑<br />
∣ Re(a n ) ∣ < ∞ und B :=<br />
n=0<br />
Nach §3.Lemma 3.(a) gilt für jedes k ∈ N stets<br />
∞∑<br />
∣ Im(a n ) ∣ < ∞.<br />
|a k | ≤ √ 2 max{| Re(a k )|, | Im(a k )|} ≤ √ 2(| Re(a k )| + | Im(a k )|),<br />
also folgt für jedes n ∈ N auch<br />
n∑<br />
|a k | ≤ √ ( n∑<br />
2 | Re(a k )| +<br />
k=0<br />
k=0<br />
n=0<br />
)<br />
n∑<br />
| Im(a k )| ≤ √ 2(A + B).<br />
k=0<br />
13-10
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Damit ist ∑ ∞<br />
n=0 |a n| ≤ √ 2(A + B) < ∞ und die komplexe Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n ist absolut<br />
konvergent.<br />
Insbesondere ist damit eine reelle Reihe genau dann absolut konvergent wenn sie als<br />
komplexe Reihe absolut konvergent ist, wir können uns also erneut den komplexen Fall<br />
als den allgemeinen Fall denken. Wie schon bemerkt sind die absolut konvergenten<br />
Reihen genau diejenigen, deren Wert sich bei beliebiger Umsortierung der Summanden<br />
nicht ändert. Wir werden jetzt gleich beweisen, dass die absolut konvergenten<br />
Reihen tatsächlich diese Eigenschaft haben. Zuvor müssen wir aber den Begriff des<br />
Umsortierens“ formal noch etwas genauer fassen. Eine umsortierte Version einer Reihe<br />
a 0 + a 1 + a 2 + · · · ist eine Reihe in der dieselben Summanden nur in einer ande-<br />
”<br />
ren Reihenfolge auftreten, also eine Reihe der Form a π(0) + a π(1) + a π(2) + · · · wobei<br />
π(0), π(1), π(2), . . . die entsprechenden Indizes der Originalreihe sind. Dass jeder Index<br />
n ∈ N unter den π(0), π(1), π(2), . . . an genau einer Stelle auftaucht, bedeutet das es<br />
für jedes n ∈ N genau einen umsortierten Index k ∈ N mit π(k) = n gibt. In anderen<br />
Worten soll die Abbildung π : N → N bijektiv sein. Damit können wir unseren<br />
Umordnungssatz für absolut konvergente Reihen formulieren. Der Beweis wurde in der<br />
Vorlesung nur sehr grob skizziert, hier wollen wir den vollständigen, exakten Beweis<br />
vorführen.<br />
Lemma 5.12 (Umordnungen absolut konvergenter Reihen)<br />
Sei K ∈ {R, C} und seien ∑ ∞<br />
n=0 a n eine absolut konvergente Reihe in K und π : N →<br />
N eine bijektive Abbildung. Dann ist auch die umgeordnete Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a π(n) absolut<br />
konvergent und es gilt<br />
∞∑<br />
∞∑<br />
a π(n) = a n .<br />
n=0<br />
n=0<br />
Beweis: Ist n ∈ N, so setzen wir n ∗ := max{π(0), π(1), . . . , π(n)}, und haben die<br />
Inklusion {π(0), π(1), . . . , π(n)} ⊆ {0, . . . , n ∗ }, also auch<br />
n∑ ∑n ∗<br />
|a π(k) | ≤ |a k | ≤<br />
k=0<br />
k=0<br />
∞∑<br />
|a k | < ∞.<br />
Nach Satz 4.(b) ist ∑ ∞<br />
n=0 |a π(n)| konvergent, d.h. auch ∑ ∞<br />
n=0 a π(n) ist absolut konvergent.<br />
Damit ist die erste Aussage bewiesen. Insbesondere sind ∑ ∞<br />
n=0 a π(n) und ∑ ∞<br />
n=0 a n<br />
nach Lemma 10 beide konvergent. Bezeichne<br />
s n :=<br />
k=0<br />
n∑<br />
a k und s ′ n :=<br />
k=0<br />
n∑<br />
k=0<br />
a π(k)<br />
für jedes n ∈ N die jeweiligen Partialsummen. Wir wollen zeigen, dass die Differenzen<br />
(s n − s ′ n) n∈N eine Nullfolge bilden. Sei ɛ > 0. Nach dem Cauchy Kriterium Satz 9 für<br />
13-11
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Reihen existiert n 1 ∈ N mit<br />
m∑<br />
|a k | < ɛ<br />
k=n<br />
für alle n, m ∈ N mit m ≥ n ≥ n 1 . Wir setzen<br />
n 0 := max{n 1 , π −1 (0), . . . , π −1 (n 1 )}.<br />
Sei jetzt n ∈ N mit n ≥ n 0 gegeben. Dann sind<br />
also auch<br />
0, 1, . . . , n 1 − 1, π −1 (0), π −1 (1), . . . , π −1 (n 1 − 1) ∈ {0, . . . , n},<br />
Bilden wir also die Differenz<br />
0, 1, . . . , n 1 − 1 ∈ {π(0), π(1), . . . , π(n)}.<br />
s n − s ′ n =<br />
n∑<br />
a k −<br />
k=0<br />
n∑<br />
a π(k) ,<br />
so kommt jeder der Summanden a 0 , . . . , a n1 −1 sowohl in s n als auch in s ′ n vor, und<br />
verschwindet in der Differenz. Von s n und s ′ n verbleiben dann nur noch Summanden<br />
der Form a k mit k ≥ n 1 und k ∈ {0, . . . , n, π(0), . . . , π(n)}. Diejenigen davon die in<br />
s n und s ′ n vorkommen verschwinden in der Differenz, und die anderen bleiben mit<br />
eventuellen Vorzeichen stehen. Setzen wir also<br />
k=0<br />
m := max{n, π(0), . . . , π(n)},<br />
so ist m ≥ n 1 und es gibt eine Menge M ⊆ {n 1 , n 1 + 1, . . . , m} und Vorzeichen σ k ∈<br />
{−1, 1} für k ∈ M mit<br />
s n − s ′ n = ∑ k∈M<br />
σ k a k .<br />
Mit der Dreiecksungleichung folgt<br />
∣ |s n − s ′ ∑ ∣∣∣∣<br />
n| =<br />
σ k a k ≤ ∑ m∑<br />
|a k | ≤ |a k | < ɛ.<br />
∣<br />
k∈M k∈M k=n 1<br />
Damit ist (s n − s ′ n) n∈N eine Nullfolge. Mit den Grenzwertsätzen §4.Satz 6.(a,b) folgt<br />
schließlich<br />
∞∑<br />
a n −<br />
n=0<br />
∞∑<br />
n=0<br />
a π(n) = lim<br />
n→∞<br />
s n − lim<br />
n→∞<br />
s ′ n = lim<br />
n→∞<br />
(s n − s ′ n) = 0.<br />
13-12
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Damit sind absolut konvergente Reihen tatsächlich im obigen Sinne unbedingt konvergent,<br />
ihr Wert ändert sich nicht bei beliebiger Umordnung der Summanden. Tatsächlich<br />
handelt es sich bei den absolut konvergenten Reihen auch genau um die unbedingt konvergenten<br />
Reihen. Wir wollen uns jetzt kurz überlegen, dass man eine konvergente, aber<br />
nicht absolut konvergente, Reihe stets so umordnen kann, dass sie divergiert. Zunächst<br />
betrachten wir hierzu den reellen Fall, es sei also ∑ ∞<br />
n=0 a n eine konvergente reelle Reihe<br />
die nicht absolut konvergent ist. Da eine konvergente Reihe mit nur positiven oder nur<br />
negativen Summanden auch absolut konvergent ist, müssen dann sowohl unendlich viele<br />
positive als auch unendlich viele negative Summanden vorkommen. Damit können<br />
wir die Folge (a n ) n∈N in eine positive Teilfolge (a n<br />
+ ) k∈N und eine negative Teilfolge<br />
k<br />
(a n<br />
−) k∈N einteilen, es soll also<br />
k<br />
gelten. Da ∑ ∞<br />
n=0 |a n| = ∞ ist, müssen<br />
{n + k |k ∈ N} = {n ∈ N|a n ≥ 0} und<br />
{n − k |k ∈ N} = {n ∈ N|a n < 0}<br />
∞∑<br />
k=0<br />
a n<br />
+<br />
k<br />
= +∞ und<br />
∞∑<br />
k=0<br />
a n<br />
−<br />
k<br />
= −∞<br />
gelten. Dies bedarf einer kleinen Begründung, nehme also einmal an, dass etwa der<br />
positive Teil ∑ ∞<br />
k=0 a n + < ∞ ist. Wir betrachten dann die durch<br />
k<br />
{<br />
b + a n , a n ≥ 0,<br />
n :=<br />
0, a n < 0<br />
für n ∈ N definierte Folge. Die Partialsummen der Reihe ∑ ∞<br />
n=0 b+ n sind dann im wesentlichen<br />
dieselben wie diejenigen der Reihe ∑ ∞<br />
k=0 a n + nur das jedes Folgenglied eventuell<br />
k<br />
endlich oft wiederholt wird. Also ist auch ∑ ∞<br />
n=0 b+ n konvergent. Damit ist aber auch<br />
∞∑<br />
∞∑<br />
|a n | = 2 b + n −<br />
n=0<br />
n=0<br />
konvergent, im Widerspruch dazu das ∑ ∞<br />
n=0 a n als nicht absolut konvergent vorausgesetzt<br />
ist. Also ist ∑ ∞<br />
k=0 a n + = +∞ und analog folgt auch ∑ ∞<br />
k<br />
k=0 a n − = −∞. Wegen<br />
k<br />
lim k→∞ a n<br />
− = lim n→∞ a n = 0 gibt es ein p ∈ N mit −1 < a<br />
k<br />
n<br />
− < 0 für alle k ∈ N mit<br />
k<br />
k > p.<br />
∑<br />
Setze q 0 := −1. Ist k ∈ N und ist q k ∈ N ∪ {−1} bereits definiert, so ist wegen<br />
∞<br />
l=0 a n + = +∞ auch ∑ ∞<br />
l<br />
l=q k +1 a n + = +∞, und somit existiert ein q k+1 ∈ N mit<br />
l<br />
q k+1 > q k und ∑ q k+1<br />
l=q k +1 a n + > 2. Weiter definieren wir die Zahlen<br />
l<br />
∞∑<br />
n=0<br />
∑k−1<br />
m k := p + 1 + (q l+1 − q l + 1) = k + q k + p + 2<br />
l=0<br />
13-13<br />
a n
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
für alle k ∈ N, also p + 1 = m 0 < m 1 < m 2 < m 3 < . . .. Definiere jetzt die Umordnung<br />
⎧<br />
⎪⎨ n − l , 0 ≤ l ≤ p,<br />
π : N → N; l ↦→ n + q k +l−m k +1<br />
⎪⎩<br />
, m k ≤ l < m k+1 − 1 für ein k ∈ N,<br />
n − p+k+1 , l = m k+1 − 1 für ein k ∈ N.<br />
Setze M := ∑ p<br />
k=0 a n − . Für jedes k ∈ N gelten<br />
k<br />
m k+1 −2<br />
∑<br />
l=m k<br />
a π(l) =<br />
q∑<br />
k+1<br />
l=q k +1<br />
a n<br />
+<br />
l<br />
> 2 und<br />
m k+1 −1<br />
∑<br />
l=m k<br />
a π(l) =<br />
m k+1 −2<br />
∑<br />
l=m k<br />
a π(l) + a n<br />
− > 1,<br />
p+k+1<br />
also ist für alle k ∈ N und alle m ∈ N mit m ≥ m k+1 auch<br />
m∑<br />
a π(l) ≥ M + k.<br />
l=0<br />
Dies zeigt ∑ ∞<br />
n=0 a π(n) = +∞ und insbesondere ist die umgeordnete Reihe divergent.<br />
Damit haben wir bewiesen, dass man eine konvergente, aber nicht absolut konvergente,<br />
reelle Reihe immer so umordnen kann, dass die entstehende Reihe divergent ist.<br />
Dies kann man jetzt leicht auf den komplexen Fall ausdehnen. Ist ∑ ∞<br />
n=0 z n eine konvergente,<br />
aber nicht absolut konvergente, komplexe Reihe, so sind nach Lemma 2 auch<br />
die beiden reellen Reihen ∑ ∞<br />
n=0 Re(z n) und ∑ ∞<br />
n=0 Im(z n) konvergent und nach Lemma<br />
11 ist eine der beiden Reihen nicht absolut konvergent. Wie bereits gezeigt gibt es damit<br />
eine bijektive Abbildung π : N → N so, dass ∑ ∞<br />
n=0 Re(z π(n)) oder ∑ ∞<br />
divergiert, und wieder nach Lemma 2 ist damit auch ∑ ∞<br />
haben wir damit den folgenden Satz bewiesen:<br />
n=0 Im(z π(n))<br />
n=0 z π(n) divergent. Insgesamt<br />
Satz 5.13 (Absolute Konvergenz ist unbedingte Konvergenz)<br />
Sei K ∈ {R, C}. Dann ist eine Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n in K genau dann absolut konvergent<br />
wenn für jede bijektive Abbildung π : N → N auch die umgeordnete Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a π(n)<br />
konvergent ist.<br />
Unsere Argumentation im reellen Fall des obigen Satzes kann man noch etwas verfeinern,<br />
und erhält dann den sogenannten Riemannschen Umordnungssatz:<br />
Satz 5.14 (Riemannscher Umordnungssatz)<br />
Sei ∑ ∞<br />
n=0 a n eine konvergente, aber nicht absolut konvergente, reelle Reihe. Dann gibt<br />
es für jedes a ∈ R stets eine bijektive Abbildung π : N → N mit ∑ ∞<br />
n=0 a π(n) = a.<br />
Beweis: Der Beweis wurde in der Vorlesung nur angedeutet, er soll hier aber vollständig<br />
angegeben werden.<br />
Wir übernehmen die Bezeichungen der obigen Überlegung. Ist a = +∞ so haben<br />
wir bereits alles bewiesen und für a = −∞ kann man alles analog zu oben beweisen.<br />
Wir müssen also nur noch den Fall a ∈ R betrachten. Wir setzen p + 0 := 0. Wegen<br />
∑ ∞<br />
k=0 a n − = −∞ existiert ein p − 0 ∈ N mit p − 0 > 0 und ∑ p − 0 −1<br />
k<br />
k=0 a n − < a.<br />
k<br />
13-14
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
Sei jetzt k ∈ N und p + k , p− k<br />
mit ∑ p + k −1<br />
j=0 a n<br />
+ + ∑ p − k −1<br />
j j=0 a n<br />
− < a seien schon definiert.<br />
j<br />
Wegen ∑ ∞<br />
j=p + a<br />
k n<br />
+ = +∞ existiert dann ein minimales p + j<br />
k+1 ∈ N mit p+ k+1 > p+ k und<br />
∑ p<br />
+<br />
k+1 −1<br />
j=0 a n<br />
+ + ∑ p − k −1<br />
j j=0 a n<br />
− > a. Die Minimalität von p + j<br />
k+1<br />
ergibt dann<br />
p + k+1 −2 ∑<br />
j=0<br />
a n<br />
+<br />
j<br />
+<br />
p − k −1 ∑<br />
j=0<br />
a n<br />
−<br />
j<br />
≤ a,<br />
also ist<br />
Da auch ∑ ∞<br />
j=p − k<br />
a n<br />
−<br />
j<br />
a <<br />
p + k+1 −1 ∑<br />
j=0<br />
a n<br />
+<br />
j<br />
+<br />
p − k −1 ∑<br />
j=0<br />
a n<br />
−<br />
j<br />
≤ a + a n<br />
+<br />
p + k+1 −1 .<br />
= −∞ gilt, gibt es analog ein minimales p − k+1 > p− k mit<br />
a + a n<br />
−<br />
p − k+1 −1 ≤<br />
p + k+1 −1 ∑<br />
j=0<br />
a n<br />
+<br />
j<br />
+<br />
p − k+1 −1 ∑<br />
j=0<br />
a n<br />
−<br />
j<br />
< a<br />
Damit werden induktiv zwei Folgen (p + k ) k∈N, (p − k ) k∈N in N definiert, und mit diesen<br />
definieren wir die bijektive Abbildung π : N → N durch<br />
⎧<br />
⎨n − p<br />
π : N → N; n ↦→<br />
− +j, wenn n = p+ k + j mit p− k−1 ≤ j < p− k , k ∈ N,<br />
k−1<br />
⎩n + p + +j, wenn n = p− k + j mit p+ k ≤ j < p+ k+1 , k ∈ N,<br />
k<br />
wobei p − −1 := 0 gesetzt ist. In anderen Worten sortiert π die natürlichen Zahlen als<br />
n − 0 , . . . , n − p − −1, n+ 0 , . . . , n +<br />
0 p + −1, n− , . . . , n −<br />
1 p − 0 p − −1, n+ , . . . , n +<br />
1 p + 1 p + −1, . . .<br />
2<br />
um. Wir behaupten das für diese Umordnung ∑ ∞<br />
n=0 a π(n) = a gilt. Bezeichne hierzu<br />
(s n ) n∈N die Folge der Partialsummen dieser Reihe. Sei ɛ > 0 gegeben. Da (a n ) n∈N nach<br />
Lemma 3 eine Nullfolge ist, existiert ein n 1 ∈ N mit |a n | < ɛ für alle n ∈ N mit n ≥ n 1 .<br />
Wähle k + , k − ∈ N mit n − k − ≥ n 1 und n + k + ≥ n 1 . Weiter gibt es k 1 , k 2 ∈ N mit p − k 1<br />
≥ k −<br />
und p + k 2<br />
≥ k + . Setze schließlich k 0 := 1 + max{k 1 , k 2 } und n 0 := p + k 0<br />
+ p − k 0<br />
∈ N. Sei<br />
n ∈ N mit n ≥ n 0 . Dann können zwei verschiedene Fälle auftreten.<br />
Fall 1. Es gebe k, j ∈ N mit p − k−1 ≤ j < p− k und n = p+ k + j. Wegen n ≥ n 0 = p + k 0<br />
+ p − k 0<br />
ist dann k − 1 ≥ k 0 also k ≥ k 0 + 1 und insbesondere k ≥ 1. Weiter sind p − k > p− k 0<br />
≥<br />
p − k 1<br />
≥ k − und p + k > p+ k 0<br />
≥ p + k 2<br />
≥ k + also auch n − p − k −1 ≥ n− k − ≥ n 1 und n + p + k −1 ≥ n+ k + ≥ n 1 ,<br />
d.h. |a n<br />
−<br />
p − k −1 | < ɛ und |a n<br />
+<br />
p + k −1 | < ɛ. Weiter ist<br />
s n =<br />
n∑<br />
a π(i) =<br />
i=0<br />
p + k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
+<br />
j∑<br />
i=0<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
≥<br />
p + k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
+<br />
p − k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
≥ a + a n<br />
−<br />
p − k −1<br />
13-15
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
und<br />
also insgesamt<br />
s n =<br />
p + k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
+<br />
j∑<br />
i=0<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
≤<br />
p + k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
+<br />
p − k−1 −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
≤ a + a n<br />
+<br />
p + k −1 ,<br />
a + a n<br />
−<br />
p − k −1 ≤ s n ≤ a + a n<br />
+<br />
p + k −1 , also |s n − a| ≤ max{|a n<br />
−<br />
p − k −1 |, |a n<br />
+<br />
p + k −1 |} < ɛ.<br />
Fall 2. Es gebe k, j ∈ N mit p + k ≤ j < p+ k+1 und n = p− k + j. Wegen n ≥ n 0 = p + k 0<br />
+ p − k 0<br />
ist k ≥ k 0 und insbesondere k ≥ 1. Weiter sind p − k<br />
≥ p− k 0<br />
> p − k 1<br />
≥ k − und p + k+1 > p+ k 0<br />
≥<br />
p + k 2<br />
≥ k + also auch n − ≥ p − k −1 n− k<br />
≥ n − 1 und n + ≥ p + k+1 −1 n+ k<br />
≥ n + 1 , d.h. |a n<br />
− | < ɛ und<br />
p − k −1<br />
|a n<br />
+ | < ɛ. Weiter ergibt sich<br />
p + k+1 −1<br />
und<br />
s n =<br />
s n =<br />
j∑<br />
i=0<br />
j∑<br />
i=0<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
+<br />
+<br />
p − k −1 ∑<br />
i=0<br />
also ist dies diesmal insgesamt<br />
p − k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
≤<br />
≥<br />
p + k+1 −1 ∑<br />
i=0<br />
p + k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
a n<br />
+<br />
i<br />
+<br />
+<br />
p − k −1 ∑<br />
i=0<br />
p − k −1 ∑<br />
i=0<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
a n<br />
−<br />
i<br />
≤ a + a n<br />
+<br />
p + k+1 −1<br />
≥ a + a n<br />
−<br />
p − k −1 ,<br />
a + a n<br />
−<br />
p − k −1 ≤ s n ≤ a + a n<br />
+<br />
p + k+1 −1 , also erneut |s n − a| ≤ max{|a n<br />
−<br />
p − k −1 |, |a n<br />
+<br />
p + k+1 −1 |} < ɛ.<br />
Damit ist in beiden Fällen |s n −a| < ɛ gezeigt. Insgesamt haben wir damit ∑ ∞<br />
n=0 a π(n) =<br />
lim n→∞ s n = a eingesehen.<br />
Es verbleibt die Frage wieweit ein analoger Satz auch für komplexe Reihen gilt? Diese<br />
∑<br />
Frage wird durch einen Satz von Steinitz vollständig beantwortet. Angenommen<br />
∞<br />
n=0 a n ist eine konvergente, aber nicht absolut konvergente, komplexe Reihe. Dann<br />
betrachten wir die Menge<br />
{<br />
∞<br />
}<br />
L := a ∈ C<br />
∣ Es existiert eine bijektive Abbildung π : N → N mit ∑<br />
a π(n) = a<br />
aller komplexen Zahlen, die als Summe einer umgeordneten Version der Reihe auftreten<br />
können. Der Satz von Steinitz sagt dann, dass entweder L = C ist oder L ist eine<br />
Gerade. Dies ist schon ein etwas komplizierteres Ergebnis, dessen Beweis wir hier nicht<br />
einmal andeuten wollen.<br />
Wir kommen jetzt zum rechnerischen Problem einer vorgelegten Reihe anzusehen,<br />
ob sie absolut konvergent ist oder nicht. Es gibt hierfür zwar kein allgemein anwendbares<br />
immer funktionierendes Verfahren, aber doch einige Kriterien die oft schon ausreichen.<br />
In gewissen Sinne ist die absolute Konvergenz einer Reihe besser zu behandeln<br />
13-16<br />
n=0
Mathematik für Physiker I, WS 2013/2014 <strong>Freitag</strong> 13.12<br />
als die Konvergenz, da erstere nur von der Größenordnung der Summanden aber nicht<br />
von Vorzeichen oder Argument abhängt. Das Grundkriterium zum Erkennen absoluter<br />
Konvergenz ist das nun zu formulierende Majorantenkriterium.<br />
Satz 5.15 (Majorantenkriterium für die absolute Konvergenz)<br />
Sei K ∈ {R, C} und sei ∑ ∞<br />
n=0 a n eine Reihe in K. Es gebe eine reelle Reihe ∑ ∞<br />
n=0 M n<br />
mit M n ≥ 0 für alle n ∈ N und ∑ ∞<br />
n=0 M n < ∞. Weiter gebe es eine Konstante c ≥ 0<br />
in R und einen Startindex n 0 ∈ N mit |a n | ≤ cM n für alle n ∈ N mit n ≥ n 0 . Dann ist<br />
die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n absolut konvergent.<br />
Beweis: Für jedes n ∈ N mit n ≥ n 0 ist<br />
n∑<br />
|a k | ≤<br />
k=0<br />
n∑<br />
0 −1<br />
k=0<br />
|a k | + c ·<br />
n∑<br />
k=n 0<br />
M k ≤<br />
n∑<br />
0 −1<br />
k=0<br />
|a k | + c ·<br />
∞∑<br />
M n < ∞,<br />
also ist die Folge der Partialsummen der Reihe ∑ ∞<br />
n=0 |a n| nach oben beschränkt, die<br />
Reihe ist also nach Satz 4.(b) konvergent. Damit ist ∑ ∞<br />
n=0 a n absolut konvergent.<br />
In diesen Zusammenhang nennt man die Reihe ∑ ∞<br />
n=0 M n auch eine Majorante der<br />
Reihe ∑ ∞<br />
n=0 a n. Zum Abschluß der heutigen Sitzung wollen wir uns ein kleines Beispiel<br />
zur Anwendung des Majorantenkriteriums anschauen und betrachten die Reihe<br />
∞∑<br />
n=1<br />
sin n<br />
n 2 .<br />
Für jedes n ∈ N mit n ≥ 1 haben wir wegen | sin n| ≤ 1 auch<br />
∣ sin n ∣∣∣<br />
∣ ≤ 1 n 2 n 2<br />
und da wir bereits wissen das die Reihe ∑ ∞<br />
n=1 1/n2 konvergiert liefert das Majorantenkriterium<br />
die absolute Konvergenz der Reihe ∑ ∞<br />
n=1 sin(n)/n2 . Insbesondere ist diese<br />
Reihe konvergent.<br />
k=0<br />
13-17