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Büchner/Kaminski (Hg.), Lebensschutz oder kollektiver Selbstbetrug?

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Erfahrungen in der Schwangerschaftskonfliktberatung<br />

Eine Frau erzählte mir: „Ich sehnte mich nach einem Ende des<br />

schrecklichen Konflikts. Sowohl physisch als auch psychisch war ich<br />

am Ende meiner Kräfte. So ging ich wie in Trance zur Abtreibung, um<br />

alles rückgängig zu machen. Dass meine Seele bei der Abtreibung mit<br />

meinem Kind starb, war mir nicht bewusst.“<br />

„Welche Entscheidung würde der stärkste und liebevollste Teil Deiner<br />

Persönlichkeit treffen?“ Diese Frage stelle ich vielen Frauen im<br />

Konflikt. Bis zum heutigen Tag war die Antwort immer: „Das Kind<br />

bekommen!“ Es ist sehr wichtig, den Frauen das Gefühl zu vermitteln,<br />

dass man für sie da ist und ihnen diese Folgen der Abtreibung unter<br />

keinen Umständen wünscht.<br />

Ich versuche das PAS-Syndrom zu visualisieren, um der Frau die<br />

möglichen Folgen vor Augen zu führen, die in einer normalen Beratung<br />

„nur für den Beratungsschein“ selten bis nie angesprochen werden.<br />

Zu oft wird mir bewusst, dass das nach wie vor ein gesellschaftliches<br />

Tabu zu sein scheint, über konkrete Gedanken und Gefühle zu<br />

reden, über Spätfolgen, über das, was eine Frau nach einer Abtreibung<br />

jahrelang verfolgt.<br />

Andrea, die Lehrerin ist und von allen Seiten zur Abtreibung gedrängt<br />

wurde, beriet ich wie folgt: „Stell Dir vor, Du bist in 10 Jahren<br />

Klassenlehrerin und die meisten Kinder sind im selben Jahr geboren,<br />

in dem Dein abgetriebenes Kind zur Welt gekommen wäre. An einem<br />

gewöhnlichen Morgen betrittst Du die Klasse und der Stuhl neben einer<br />

Schülerin ist leer. Dieser eigentlich für einen Lehrer völlig normale<br />

Anblick wird Dir wieder schmerzhaft vor Augen führen, dass Dein<br />

Kind fehlt.“ Oder: „Du korrigierst die Klassenarbeiten. Du liest die<br />

Beschriftung eines Heftes, auf dem Name und Geburtsdatum eines<br />

Schülers steht. Plötzlich fällt Dir auf, dass der Geburtstag des Kindes<br />

im selben Monat und Jahr ist, in dem Dein Kind geboren wäre. In<br />

Deinen Gedanken siehst Du die Gesichter Deiner Schüler, doch das<br />

Gesicht Deines Kindes wird Dir nicht begegnen!“<br />

Andrea wurde bewusst, dass sie die Abtreibung nie vergessen und<br />

verdrängen kann. Ich ließ sie mit einer Frau telefonieren, die abgetrieben<br />

hatte und dies sehr bereute. Da besonders in der Schwangerschaft<br />

eine Frau sehr „sensible Antennen“ hat, spürte Andrea die Verzweiflung,<br />

Trauer und das Leid ihrer Gesprächspartnerin. In diesem Mo-<br />

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