Büchner/Kaminski (Hg.), Lebensschutz oder kollektiver Selbstbetrug?
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Christian Hillgruber<br />
Staat, ein Rechtsstaat, sie dessen ungeachtet einfach geschehen lässt,<br />
ja mehr noch, sie zugleich als öffentlich geschuldete Dienstleistung betrachtet,<br />
weshalb staatlicherseits ein ausreichendes und flächendeckendes<br />
Angebot sowohl ambulanter als auch stationärer Einrichtungen<br />
zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen sein<br />
soll? 31 Unter solchen Umständen vermag das prinzipielle Verbot des<br />
Schwangerschaftsabbruchs, von dem zur Schutzgewährung verpflichteten<br />
Staat offenbar selbst nicht mehr ernst genommen, nichts zu der<br />
als Teil des Schutzauftrags verfassungsrechtlich gebotenen 32 Festigung<br />
<strong>oder</strong> Wiederherstellung der Rechtsüberzeugung beizutragen, dass hierbei<br />
eine unerlaubte, den rechtlichen Schutzanspruch des Ungeborenen<br />
verletzende Tötungshandlung stattfindet.<br />
Im Übrigen wird das Rechtswidrigkeitsurteil in erheblichem Umfang<br />
zurückgenommen. „Der Gesetzgeber“, so das BVerfG, „ist nicht gehalten,<br />
die sich aus dem grundsätzlichen Verbot des Schwangerschaftsabbruchs<br />
an sich aufdrängenden Folgerungen in jeder Hinsicht zu ziehen,<br />
wenn das Beratungskonzept um seiner Wirksamkeit willen bestimmte<br />
Ausnahmen fordert“ 33 . Es will damit „jene Rechtsnachteile vermeiden,<br />
die der Frau Veranlassung geben könnten, sich dem Beratungsverfahren<br />
und dem ärztlichen Gespräch zu entziehen“ 34 . Daraus soll zunächst<br />
die Wirksamkeit eines auf einen nach dem Beratungskonzept tatbestands-<br />
und damit straflosen Schwangerschaftsabbruch gerichteten<br />
Arzt- <strong>oder</strong> Krankenhausvertrages folgen. Die staatliche Schutzpflicht<br />
für das ungeborene Leben gebiete nicht, solche Verträge als gemäß<br />
§§ 134, 138 BGB rechtlich unwirksam anzusehen. 35 Diese Einschränkung<br />
der Rechtsfolgen des verfassungsrechtlichen Verbotes von nicht<br />
indizierten Schwangerschaftsabbrüchen in der Rechtsbeziehung zwischen<br />
Arzt und Patientin erscheint in der Tat zur Verwirklichung des<br />
auf Beratung setzenden Schutzkonzepts notwendig, insofern folgerichtig.<br />
Denn die gesetzgeberische Erwartung, dass die Schwangere im<br />
Konfliktfall die auf den <strong>Lebensschutz</strong> zielende Beratung annimmt und<br />
31<br />
Vgl. BVerfGE 88, 203, 328f. Für die wenigen „indikationsbestimmten“ Fälle wäre dies jedenfalls<br />
nicht notwendig.<br />
32<br />
BVerfGE 88, 203, 261.<br />
33<br />
BVerfGE 88, 203, 270.<br />
34<br />
BVerfGE 88, 203, 281.<br />
35<br />
BVerfGE 88, 203, 295.<br />
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