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Pädagogische Handreichung zur Auseinandersetzung mit ...

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Menschenrechtsbildung im Kontext<br />

von Rechtsextremismusprävention<br />

Anne Thiemann<br />

Menschenrechte sind der Kontrapunkt zu den Verbrechen und der menschenverachtenden Ideologie der<br />

Nationalsozialisten. Historisch gesehen sind die Menschenrechte eine Reaktion auf die Verbrechen im Nationalsozialismus.<br />

14 Ihnen liegt die Frage zugrunde, wie es möglich sein kann, Menschen – und zwar allen Menschen<br />

– ein gutes Leben frei von staatlicher Willkür und Gewalt, von Furcht und Not zu ermöglichen, und<br />

was es bedarf, um dieses zu schützen. Da<strong>mit</strong> formulieren Menschenrechte eine Vision des gleichberechtigten<br />

Miteinanders. Mit diesem Bild sind sie ein Kontrapunkt auch <strong>zur</strong> aktuellen rechten Bewegung, zu deren Gewalt<br />

und Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen.<br />

Mit dem vorliegenden Heft empfehlen wir Filme <strong>zur</strong> pädagogischen <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>mit</strong> aktuellem<br />

Rechtsextremismus. In diesem Artikel wird der Frage nachgegangen, inwiefern Menschenrechtsbildung hierfür<br />

eine sinnvolle und aus unserer Sicht unabdingbare Perspektive ist, oder sein sollte. Da<strong>mit</strong> betreten wir<br />

Neuland. Es gibt bislang wenige Erfahrungen, wie Menschenrechtsbildung konkreter <strong>mit</strong> der pädagogischen<br />

Arbeit gegen Rechtsextremismus zusammengedacht werden kann. Insofern wird der folgende Artikel versuchen,<br />

eine Annäherung an die aufgeworfene Fragestellung zu ermöglichen bzw. die Bereiche Menschenrechtsbildung,<br />

Rechtsextremismusprävention und die Arbeit <strong>mit</strong> Film zusammenzubringen.<br />

Zunächst wenden wir uns der Geschichte zu und fragen, inwiefern Menschenrechte wie wir sie heute<br />

kennen, bereits in ihrer Entstehungsgeschichte <strong>mit</strong> dem Nationalsozialismus verbunden sind. In diesem Zusammenhang<br />

wird der Schutz vor Diskriminierung als ganz zentrales Anliegen der Menschenrechte herausgestellt.<br />

Dieser Schutz wird in allen in dieser Broschüre empfohlenen Filmen im Kontext rechter Ideologien<br />

und Gewalt thematisch berührt und meist massiv verletzt. Aus pädagogischer Sicht schließt sich die Frage an,<br />

inwieweit durch Filme, in denen die Verletzung von Menschenrechten gezeigt werden, dennoch über Menschenrechte<br />

gelernt werden kann, oder ob dies ein Widerspruch in sich selbst ist. Auf diese Frage versuchen<br />

wir zwei Antworten zu formulieren, um abschließend bereits bestehende menschenrechtliche Impulse in der<br />

Rechtsextremismusprävention zu skizzieren.<br />

Menschenrechte und Nationalsozialismus<br />

Der Zeitpunkt der Proklamation der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) während einer<br />

Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris am 10. 12. 1948 war kein Zufall. Wenige Jahre nach<br />

dem Ende des 2. Weltkrieges wurden <strong>mit</strong> diesem Dokument erstmalig unveräußerliche Rechte formuliert, die<br />

für alle Menschen Geltung haben sollten. Im Januar 1947, und da<strong>mit</strong> einige Monate nach dem Ende des Internationalen<br />

Militärtribunals von Nürnberg, begann die von den Vereinten Nationen eingesetzte Menschenrechtskommission<br />

ihre Arbeit an der Formulierung der AEMR. Das Entsetzen über das in den Nürnberger<br />

Prozessen zutage getretene Ausmaß der Verbrechen ging weit über die un<strong>mit</strong>telbar von Krieg und Besatzung<br />

betroffenen Staaten hinaus. Die Menschenrechtskommission suchte darauf eine globale menschenrechtliche<br />

Antwort, die in die AEMR mündete. Schon in der Präambel heißt es <strong>zur</strong> Begründung für die Entstehung der<br />

Erklärung unter anderem, dass »die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der<br />

Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit <strong>mit</strong> Empörung erfüllen […]«.<br />

Auch wenn der Nationalsozialismus nicht konkret benannt wird, wird bei genauer Betrachtung deutlich,<br />

wie sehr die da<strong>mit</strong> verbundenen Verbrechen die einzelnen Artikel in der AEMR geprägt haben. Der Historiker<br />

Johannes Morsink analysierte die in der Kommission ausgetragenen Debatten und beschreibt, dass<br />

in der <strong>Auseinandersetzung</strong> um nahezu alle dreißig Artikel dieses Dokuments Bezug auf die Verbrechen des<br />

Nationalsozialismus genommen wurde. »Bei praktisch allen debattierten Artikeln rief jemand ein spezifisches<br />

NS-Unrecht in Erinnerung und schlug Formulierungen vor, die solches Unrecht in Zukunft wenn nicht<br />

verhindern, so doch zumindest als Menschenrechtsverletzung brandmarken würde.« (Huhle 2012:4) Die<br />

der AEMR zugrundeliegende Systematik beschreibt auf diesem Hintergrund die ganze Breite des totalitären<br />

NS-Unrechtsstaats. Mit der Arbeit an den Menschenrechten sollte eine »bestmögliche Garantie« erarbeitet<br />

14 Auch der Kampf anti-kolonialistischer Befreiungsbewegungen war ein wichtiger historischer Antrieb für die Entstehung des modernen<br />

Menschenrechtsschutzes.<br />

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