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Probeseiten aus dem Lehrerband

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Cicero – Politiker und Schriftsteller<br />

1. Ein Leben für die römische Republik<br />

2. De re publica: Ciceros staatspolitisches Ideal<br />

Inhaltlicher Überblick<br />

Die beiden ersten Kapitel des Lektüreheftes ermöglichen eine biographische und historische<br />

Hinführung zum Thema. Ciceros Schrift De re publica soll als ein aktueller<br />

staatstheoretischer Diskussionsbeitrag zu den politischen Fragestellungen und Kämpfen des 1.<br />

Jahrhunderts v.Chr. <strong>aus</strong> der Feder eines aktiven Politikers verstanden werden.<br />

‣ In <strong>dem</strong> Zusammenhang ist zum einen die historische, politische und gesellschaftliche<br />

Entwicklung im Imperium Romanum seit den Gracchen zu berücksichtigen:<br />

o Römischer Imperialismus, d.h. die Expansion durch Kriege führt zu<br />

ernsthaften wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen: zur Verarmung<br />

vieler Bauern, zur Entstehung des stadtrömischen Proletariats, wodurch ein<br />

revolutionäres Potential entstand.<br />

o Dar<strong>aus</strong> ergaben sich wenigstens zwei, in diesem Zusammenhang relevante<br />

Probleme: 1) das Aufbrechen der Interessengegensätze zwischen Optimaten<br />

und Popularen; 2) die Herrschaft über ein Weltreich mittels stadtstaatlicher<br />

politischer Institutionen.<br />

o Am Beispiel des Triumvirats wird zugleich deutlich, wie sehr sich in der<br />

politischen Realität die Macht von den stadtstaatlichen Institutionen zu<br />

bedeutenden „Männern“ mit politischer Macht und ihren Klienteln verschoben<br />

haben.<br />

‣ Vor diesem Hintergrund spielt sich Ciceros Karriere ab.<br />

o Er war homo novus et ignotus <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Ritterstand, stammte <strong>aus</strong> einer<br />

wohlhabenden Familie in der Provinzialstadt Arpinum.<br />

o Mit Fleiß, Ehrgeiz, Begabung und sorgfältiger Ausbildung gelang ihm der<br />

politische Aufstieg bis zur Bekleidung des Konsulats suo anno und die<br />

erstrebte Aufnahme in den Senat.<br />

o Er – der von vielen altehrwürdigen Senatsfamilien geringschätzig als bloßer<br />

Aufsteiger betrachtete Neuling – verinnerlichte die traditionellen Werte und<br />

Vorstellungen der Senatsaristokratie derart, dass er in seiner Politik alles für<br />

die Erhaltung der von den Vätern überlieferten res publica tat und dazu sich<br />

bemühte, eine Allianz aller boni <strong>aus</strong> Senatsadel und Ritterstand, die einträchtig<br />

für die alte res publica eintreten sollte, zu schmieden.<br />

‣ Die politischen Verhältnisse erlaubten es Cicero jedoch nicht dauerhaft, eine aktive<br />

politische Rolle in diesem Geschehen einzunehmen. In Zeiten der erzwungenen<br />

Passivität griff er zur Feder, um seine staatspolitischen Ziele zu verfolgen.<br />

o De re publica ist in Auseinandersetzung mit den griechischen Vorbildern eine<br />

schriftstellerisch-philosophische Erörterung um den besten Zustand des<br />

Staates. Dabei präsentiert er die res publica der Vorfahren als idealen Staat.<br />

o Auch wenn Ciceros Schrift angesichts der historischen Entwicklung keine<br />

durchsetzungsfähige Antwort auf die Probleme seiner Zeit bot, handelt es sich


dennoch um ein engagiertes Plädoyer eines bedeutenden Politikers zur<br />

Schaffung des idealen Staats.<br />

Einstieg und Unterrichtsverlauf<br />

Eine Hinführung kann mit Hilfe des Zitats <strong>aus</strong> De officiis erfolgen (Einleitung zum 1.<br />

Kapitel). Über die Fragestellung, was die Schüler mit „Heimat“ assoziieren, lässt sich ein<br />

Erwartungsrahmen aufbauen, vor <strong>dem</strong> Ciceros Vorstellungen von Verantwortung,<br />

Opferbereitschaft, Pflichterfüllung vermutlich auf den ersten Blick fremd erscheinen.<br />

Gleichzeitig werden die Schüler vorbereitend mit einem Selbstverständnis konfrontiert, das<br />

sich sowohl in den einleitenden Kapiteln als auch in zahlreichen Äußerungen in De re publica<br />

wiederfindet und dort auch Anlass zur persönlichen Auseinandersetzung mit <strong>dem</strong> Thema<br />

geben wird.<br />

Kapitel 1 und 2 gehören inhaltlich zusammen und sind als Einheit zu lesen. Die<br />

anschließenden Aufgabenstellungen beziehen sich auf beide Kapitel.<br />

Hinweise zur Vertiefung der historischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklung bieten diverse<br />

Geschichtsbücher für die Oberstufe in didaktisch aufbereiteten Überblicksdarstellungen.<br />

Die im Lektüreheft gegebenen Literaturhinweise ermöglichen eine vertiefte Auseinandersetzung mit der<br />

Person Cicero und ihrem Wirken.<br />

Hinweise zu den Aufgabenstellungen<br />

Aufgabe 1: Mindmap<br />

Die Mindmap soll verdeutlichen, wie historische, politische, gesellschaftliche Gegebenheiten<br />

einerseits, biographische Vor<strong>aus</strong>setzungen, persönliche Erfolge, Möglichkeiten und Grenzen<br />

andererseits, aber auch die mit Geschichte und Biographie verbundenen staatspolitischen<br />

Ziele miteinander verflochten sind.<br />

Aufgabe 2: Interview<br />

Das Interview mit Cicero anlässlich des Erscheinens von De re publica soll die Schüler zu<br />

einer kreativen Verarbeitung der erarbeiteten Informationen anleiten. Wichtig ist dabei, dass<br />

sich die Schüler <strong>dem</strong> Werk in einem ersten Schritt <strong>aus</strong> der Perspektive Ciceros annähern und<br />

somit auf die folgenden Inhalte durch die Reflexion über die Motivlage des Autors vorbereitet<br />

werden. Die Position des Fragestellers ermöglicht ihnen aber auch durch<strong>aus</strong> kritische<br />

Rückfragen angesichts der erzwungenen Passivität des Autors oder im Hinblick auf die<br />

problematischen Realisierungschancen.<br />

In Verbindung mit der angegebenen Literatur (oder alternativen Werken der Schulbibliothek<br />

oder <strong>aus</strong>gewählten Internetseiten) ist eine differenziertere Auseinandersetzung mit <strong>dem</strong> Autor<br />

möglich.<br />

Je nach Abfolge der Kurshalbjahre in der Qualifikationsphase können auch die bereits<br />

erwobenen Kenntnisse des Halbjahresthemas „Rhetorik“ in die Bearbeitung dieser Aufgabe<br />

einfließen.<br />

Die Aufgabe kann auch zu einem späteren Zeitpunkt bearbeitet werden und zusätzlich eine<br />

inhaltliche Erörterung des Themas enthalten.


Ein Leben für den Staat<br />

1. Plädoyer für ein Leben zum Wohl des Gemeinwesens<br />

Thema, Gliederung und Vorbereitung<br />

Der Einleitungstext führt unmittelbar zum Thema des Textes hin:<br />

• der Mensch als animal sociale zum Wohl der Gemeinschaft<br />

• virtus ist Kennzeichen des Politikers und muss sich – entgegen anderer Meinungen –<br />

in der aktiven Staatslenkung zeigen;<br />

• Cato der Ältere dient als Beispiel<br />

Ein Einstieg kann über die Person Catos des Älteren erfolgen (als Lehrerinformation oder<br />

durch Vorziehen von Aufgabe 2, Teil 1 – siehe Skizze zur Aufgabe). Wesentliche Aussagen<br />

des Textes werden auf diese Weise vorbereitet und erleichtern das Verständnis der<br />

sukzessiven Lektüre.<br />

Die Erarbeitung des Textes erfolgt in 4 Übersetzungseinheiten.<br />

• Z. 1-11: Cato der Ältere und sein unermüdlicher Einsatz für den Staat bis ins hohe<br />

Alter.<br />

Am Beispiel des ersten Satzes (Z. 1-7) lässt sich exemplarisch (wenn nicht bereits bekannt) die<br />

kolometrische Darstellung komplexer Satzstrukturen erläutern, so dass in den folgenden<br />

Lektionen ggf. hierauf zurückgegriffen werden kann.<br />

• Z. 11-18: Weitere, nicht namentlich genannte Beispiele belegen, dass es eine<br />

naturgegebene necessitas virtutis und amor patriae gibt.<br />

• Z. 19-27: nec vero, um einem Missverständnis vorzubeugen: virtus ist keine<br />

theoretische Angelegenheit, sondern eine auf die praktische Anwendung in der Politik<br />

bezogene Sache.<br />

• Z. 28-24: Zur Erläuterung (enim) der geistigen Herkunft der praxisorientierten virtus-<br />

Vorstellung: Entfaltung der virtus als Ergebnis sittlich-gesetzlicher Festlegung durch<br />

Philosophen.<br />

Lösungsskizze zu den Aufgaben<br />

Aufgabe 1: „virtus“ und „otium“<br />

(a)<br />

virtus<br />

• studere (rei publicae)<br />

• ad industriam virtutemque duci<br />

• in his undis et tempestatibus iactari<br />

• saluti huic civitati esse<br />

• necessitas virtutis … a natura dat(a)<br />

• amor ad communem salutem<br />

defendendam<br />

(b)<br />

• civitas<br />

• communis salus<br />

‣ Gemeinschaft; Staat<br />

otium<br />

• se in otio delectare, salubri et propinquo<br />

loco<br />

• in illa tranquillitate atque otio<br />

iucundissime vivere<br />

• blandimenta voluptatis<br />

• Tusculum<br />

‣ Privatleben; Rückzug


(c) Z. 15-18<br />

der Mensch als auf die Gemeinschaft bezogenes Wesen, und zwar von Natur <strong>aus</strong><br />

Leben in Übereinstimmung mit der Natur des Menschen:<br />

Leben in notwendiger Verantwortung für die Gemeinschaft<br />

Motivation: „Liebe“<br />

Aufgabe 2: Cato der Ältere<br />

Marcus Porcius Cato (237-149 v.Chr.) <strong>aus</strong> Tusculum entstammte <strong>dem</strong> Ritterstand. Als<br />

erfolgreicher Feldherr und Politiker, der zunächst in Prozessen in Rom aktiv wurde, gelang<br />

ihm als homo novus aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten, Unterstützung durch Förderer<br />

und Vermögen der Aufstieg in den Senatsadel und bis zum Konsulat und zur mit aller Strenge<br />

<strong>aus</strong>geübten Zensur. (Ämterlaufbahn: Quästor (205 v.Chr.), Ädil (199 v.Chr.), Prätor (198<br />

v.Chr.), Konsul 195 v.Chr., Zensor 184 v.Chr.) Für sein militärisches Engagement in Spanien<br />

als Konsul sprach ihm der Senat den Triumph als Ehrung zu.<br />

Cato selbst stilisierte sich in Rom als Vertreter einer strengen, auf Selbstdisziplin und<br />

Sparsamkeit <strong>aus</strong>gerichteten Lebensführung und Politik, die sich gegen eine Überfremdung der<br />

römischen Kultur durch die in Mode geratene griechische Lebensweise wandte. Anstelle von<br />

ostentativem Luxus, Beschäftigung mit Literatur und Philosophie sollten die nun idealisierten<br />

Urwerte der alten Römer, der mos maiorum, gepflegt werden. Gleichzeitig konnte aber auch<br />

er als Verfechter dieser alten römischen Werte sich nicht <strong>dem</strong> griechischen Einfluss<br />

entziehen: Auch Cato besaß große Güter, verfügte über gute Griechischkenntnisse, las Werke<br />

der Literatur und tat sich selbst als Schriftsteller hervor.<br />

Für Cicero ist Cato Gewährsmann für seine eigenen politischen Ziele in Rom. Cato hatte eine<br />

vergleichbare Karriere als homo novus. Er trat für die traditionellen Werte der alten res<br />

publica ein, pflichtbewusst und selbstdiszipliniert setzte er sich bis in sein hohes Alter für den<br />

Staat ein. Cicero setzt Cato später in seiner Schrift Cato maior de senectute ein Denkmal und<br />

gibt ihm dort die Gelegenheit, den persönlichen Einsatz in der Politik auch in hohem Alter als<br />

sinnvoll und wünschenswert darzustellen. Cato ist für Cicero exemplum für den<br />

unermüdlichen Einsatz in der Politik zum Wohl des Staates, der auf den (verdienten) Rückzug<br />

ins Private verzichtet, ein Vertreter einer Politik, die er selbst verfolgte.<br />

Literaturhinweis: H.-J. Gehrke, Marcus Porcius Cato Censorius – ein Bild von einem Römer, in: K. J.<br />

Hölkeskamp / E. Stein-Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus – Große Gestalten der römischen<br />

Republik, München 2000, S. 147-158<br />

Aufgabe 3: Entfaltung der „virtus“ und ihre sprachlich-stilistische Darstellung 1<br />

pietas<br />

religio<br />

ius gentium<br />

als verpflichtende moralische Norm das Verhältnis zu den<br />

Göttern, den Eltern und <strong>dem</strong> Vaterland beschreibend:<br />

Pflichtgefühl, Ehrfurcht, Liebe, Treue, Dankbarkeit<br />

Verehrung gegenüber den Göttern, Furcht vor den<br />

Göttern<br />

Staaten übergreifende, nicht schriftlich festgelegte<br />

Rechtsnorm, auf die Ebene der Völker („Völkerrecht“)<br />

bzw. das Verhältnis zu Nichtrömern bezogen<br />

1 Definitionen z.T. nach: G. Thome, Zentrale Wertvorstellungen der Römer II. Texte – Bilder – Interpretationen,<br />

Bamberg 2000.


ius civile<br />

iustitia<br />

fides<br />

aequitas<br />

pudor<br />

continentia<br />

fuga turpitudinis<br />

adpetentia laudis<br />

et honestatis<br />

in laboribus et<br />

periculis fortitudo<br />

Rechtsnorm, auf den innerstaatlichen Bereich des<br />

jeweiligen Staates bezogen und schriftlich niedergelegt:<br />

bürgerliches Recht<br />

juristisch festgelegte Gerechtigkeit<br />

im öffentlichen, zumeist außerfamiliären Bereich die<br />

Treue zum gegebenen Wort, „alles, worauf man sich<br />

verlassen kann“ (Fraenkel), zumeist: Treue, Ehrlichkeit,<br />

Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit, Garantie<br />

Gefühl für das, was richtig und angemessen ist:<br />

Gerechtigkeit, Billigkeit<br />

Ehrgefühl, Ehrenhaftigkeit, Rücksichtnahme (<strong>aus</strong> Angst,<br />

etwas Falsches zu tun)<br />

Zurückhaltung, Selbstbeherrschung<br />

Vermeiden dessen, was Schande bringt / gemein ist<br />

Streben nach Ruhm und Ansehen<br />

Mut / Tapferkeit /Unerschrockenheit in Mühen und<br />

Gefahren<br />

Die virtutes bezeichnen das angemessene Verhalten des verantwortungsbewussten<br />

Menschen (Politikers) innerhalb der staatlichen Gemeinschaft und ihr gegenüber,<br />

orientiert an übergeordneten (z.T. kodifizierten, z.T. nicht schriftlich festgelegten, aber<br />

gleichwohl verbindlichen moralischen Normen). Es geht um das, was recht und billig<br />

ist, was anständig ist, für Cicero aber auch um damit verbundenen individuellen<br />

Ruhm.<br />

Der Abschnitt erläutert die vorangehende Aussage (enim), dass (theoretische) Äußerungen der<br />

Philosophen nur dann vernunftgemäß sind, wenn „Praktiker“, die auch staatliche Rechte<br />

festgeschrieben haben, dasselbe gesagt haben (Z. 24-27). Er mündet in die Bekräftigung<br />

(nempe), dass die Urheber der virtutes diejenigen sind, die sie Normen stiftend (mores) oder<br />

gesetzgeberisch (leges) als unabänderliche Autorität für das menschliche Leben festgesetzt<br />

haben (Z. 32-34). Folgende Gestaltungsmittel können zur Hervorhebung dieses Gedankens<br />

genannt werden:<br />

• Die Formulierung von 5 (bzw. 6: a quibus, Z. 28) Fragen bereitet die für<br />

selbstverständlich gehaltene Antwort (nempe) vor.<br />

• Durch die Anapher unde (a quibus) wird wiederholt die Frage nach der Herkunft der<br />

im Einzelnen aufgezählten virtutes gestellt, die nur von politisch aktiven Männern<br />

formuliert sein können.<br />

• Die Aufzählung entfaltet die im Begriff der virtus enthaltenen Merkmale; den<br />

Staatsmann zeichnen zum Wohl des Staats und der Gemeinschaft eine Vielzahl von<br />

guten Eigenschaften <strong>aus</strong>.<br />

• Dabei variiert Cicero die <strong>aus</strong>führliche mit aut gegliederte Reihung zu Beginn mit<br />

raschen unverbundenen Aufzählung einer beträchtlichen Anzahl von Merkmalen<br />

(Asyndeton). Beides trägt zur Entfaltung des Begriffs und zur Verdeutlichung seiner<br />

verschiedenen Facetten bei.<br />

• Die Gliederung der einzelnen virtutes in verschiedenen neu einsetzenden Fragen fasst<br />

im Wesentlichen zusammengehörende Eigenschaften zusammen.


Aufgabe 4: Zusammenhang zwischen „virtus“ und praktischer Politik<br />

virtus ist für Cicero notwendiger Weise auf die praktische Politik bezogen, wie er in Z. 19-34<br />

wiederholt betont. Natürlich handelt es sich auch um eine ars („Kunst“, Theorie), was<br />

allerdings nicht genügt, da sie angewendet werden muss (uti, usus). Cicero geht es also um<br />

eine ganz und gar (tota; Z. 21) angewendete, praxisbezogene virtus, die am besten in der<br />

praktischen Politik, in der Lenkung von Staaten hervortritt (usus eius est maximus civitatis<br />

gubernatio; Z. 22). Sie hat das Gemeinwohl vor Augen (saluti huic civitati esse, Z. 12; ad<br />

communem salutem defendendam, Z. 17) und schreckt auch vor schwierigen und gefahrvollen<br />

Situationen nicht zurück (in his undis et tempestatibus iactari, Z. 9). Wahres Menschsein<br />

führt <strong>dem</strong>nach in die verantwortungsbewusste Politik (vgl. die stoische Position in Kap. 2).<br />

Die Beurteilung durch die Schüler kann an dieser Stelle folgenden Aspekten nachgehen:<br />

• Problematisierung der Engführung auf politische Tätigkeit (es gibt verschiedene<br />

Möglichkeiten gesellschaftlichen Engagements)<br />

• Vereinbarkeit mit einem Verständnis des „Berufspolitikers“<br />

• Vereinbarkeit mit der Rolle des Egoismus und Machtstrebens in der Politik (von<br />

Cicero nur im Streben nach Ruhm angedeutet, aber – <strong>aus</strong> guten Gründen – nicht<br />

problematisiert)<br />

• Recht auf Zurückgezogenheit, auf ein Privatleben, auf Freizeit<br />

• Berechtigung des von Cicero vor<strong>aus</strong>gesetzten Menschenbildes (vgl. Aufgabe 1c)


2. Die „virtus Romana“ und die stoische und epikureische<br />

Philosophie<br />

Dieses Kapitel vertieft die in Kapitel 1 erworbenen Kenntnisse über Ciceros virtus-Begriff.<br />

Die bereits dort angelegte Auseinandersetzung mit <strong>dem</strong> philosophischen Gegner wird<br />

fortgesetzt. Die jeweiligen Positionen lassen sich der tabellarischen Gegenüberstellung von<br />

virtus (= Cicero) und otium (= Gegner) entnehmen (Kapitel 1, Aufgabe 1a und b). Darüber<br />

hin<strong>aus</strong> lässt sich die Abwertung der gegnerischen Position an Formulierungen erkennen wie<br />

ut isti putant, Z. 8, oder isti in angulis personant, Z. 23.<br />

Aufgabe 5: geistig-philosophischer Hintergrund<br />

Cicero<br />

• Einsatz für den Staat ist etwas Positives,<br />

• das ihm das Bewusstsein vermittle, zur<br />

Rettung des Gemeinwesens gehandelt zu<br />

haben<br />

• selbst das Exil habe ihm Ruhm gebracht<br />

• außer<strong>dem</strong> sei eine derartige praktische<br />

Erfahrung nötig, um in Notzeiten adäquat<br />

handeln zu können.<br />

„philosophische Gegner“<br />

Politisches Engagement als Tätigkeit,<br />

• die vom philosophischen Leben als<br />

Weiser abhält,<br />

• Anstrengungen mit sich bringt,<br />

• moralisch fragwürdig ist,<br />

• die Gefahr in sich birgt, für politische<br />

Entscheidungen zur Rechenschaft<br />

gezogen zu werden;<br />

in Notzeiten könne man immer noch aktiv<br />

werden.<br />

Der geistesgeschichtliche Hintergrund für die beiden Grundhaltungen zur politischen<br />

Betätigung lässt sich folgendermaßen erklären:<br />

Cicero<br />

• Ideal der römischen Aristokratie: vita<br />

activa<br />

• Nähe der römischen Praxis zur Stoa:<br />

• Tugend- und Pflichtenethik<br />

• Mensch als animal sociale<br />

„philosophische Gegner“<br />

• Pflege der vita contemplativa / otium<br />

• entspricht <strong>dem</strong> Epikureismus:<br />

• individualistische, auf die<br />

tranquillitas animi <strong>aus</strong>gerichtete<br />

epikureische Vorstellung<br />

• keine Übernahme von öffentlicher<br />

Verantwortung<br />

• lathe biosas: Rückzug <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

(beunruhigenden) öffentlichen<br />

Leben<br />

Die Konzentration auf Stoa und Epikureismus erfolgt <strong>aus</strong> Gründen der didaktischen<br />

Reduktion vor <strong>dem</strong> Hintergrund der Behandlung insbesondere dieser Philosophenschulen im<br />

Halbjahr „Philosophie“ in der Qualifikationsphase. Das Verhältnis der Stoa zur vita activa<br />

muss freilich differenzierter betrachtet werden. Zu beachten ist bei der im Lektüreheft S. 9<br />

oben gegebenen Zusammenfassung von Cic. rep. 1,3-11 neben <strong>dem</strong> typisch römischen<br />

Selbstverständnis der vita activa der peripatetische Hintergrund.<br />

Literaturhinweis zum Verhältnis der antiken Philosophenschulen zum Thema „Staat und Politik“:<br />

Antike und Gegenwart. Philosophie im Aufbruch. Die Geburt der Vernunft. Lehrerkommentar von F.<br />

Maier, Bamberg 2009, S. 90-106.


Aufgabe 6: Erörterung<br />

Joachim Gauck betrachtet gesellschaftlich-politisches Engagement als Bürgerpflicht und<br />

Chance zur Verantwortung. Die Erörterung soll zu einer persönlichen Auseinandersetzung der<br />

Schüler mit ihrer eigenen Verantwortung zur „Teilhabe“ anregen. Hier können die in Aufgabe<br />

4 angestellten Überlegungen eingebracht, dann aber auf ihr Leben angewendet werden.<br />

Diskussionsthemen wären: persönliche Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung,<br />

mögliche Gründe für individualistische Zurückgezogenheit, eigene Möglichkeiten und<br />

geeignete Bereichen der Beteiligung, Motivation.


Literarischer und gesellschaftlicher Rahmen<br />

1. Vorhang auf für eine philosophische Unterhaltung<br />

Dieses Kapitel informiert einerseits über die literarischen Konventionen und Inszenierungen<br />

philosophischen Schreibens, andererseits über die diesem zugrundeliegenden<br />

kulturgeschichtlichen Hintergründe. Das abgebildete Mosaik <strong>aus</strong> Pompeji lässt sich gut zur<br />

Illustration der Atmosphäre gelehrter Gespräche verwenden, wodurch ein Eindruck dafür<br />

vermittelt werden kann, wie Cicero die Unterhaltungen in De re publica in Szene setzt.<br />

Aufgabe 1: Bildbeschreibung<br />

Die Bildbeschreibung kann leicht zu einer analytischen Betrachtung erweitert werden. Die<br />

Schülerinnen und Schüler sollen zunächst eine detaillierte Bildbeschreibung vornehmen, in<br />

einem zweiten Schritt der Bildanalyse soweit möglich eine Deutung der einzelnen Bilddetails<br />

vornehmen, um drittens in der Bildinterpretation die Gesamt<strong>aus</strong>sage des Mosaiks zu<br />

benennen. Zur präzisen Deutung von einzelnen Gesten und Requisiten sind zusätzliche<br />

Erklärungen erforderlich, die entweder im Unterrichtsgespräch oder mit Hilfe der folgenden<br />

Legende gegeben werden können.<br />

Mosaik <strong>aus</strong> Pompeji (1. Jh. v. Chr.)<br />

Säulen:<br />

Baum:<br />

Exedra:<br />

Stadtmauern:<br />

Sonnenuhr:<br />

cista:<br />

Globus:<br />

Andeutung einer Porticus bzw. links möglicherweise Tor<br />

Verlagerung der Szene in einen Garten (der Platonischen Aka<strong>dem</strong>ie)<br />

halbrunde Bank<br />

Athen<br />

Zeitmesser, Instrument der Astronomie<br />

Kasten für Buchrollen (philosophische Schriften)<br />

Instrument der Geographie<br />

<strong>aus</strong>gestreckte Hand: Redegestus<br />

Hand am Kinn: Gestus des Nachdenkens<br />

Der Künstler stellt eine „Gartenszene“ dar: eine halbrunde Bank unter einem Baum,<br />

Säulen, die Stadtmauern im Hintergrund. Eine Sonnenuhr oben an der rechten Säule, eine<br />

Kiste für Buchrollen unten links und in der Mitte ein Globus sind weitere Requisiten.<br />

Offensichtlich wird der Ort durch diese künstlerischen Mittel als geeignet für eine gelehrte<br />

Diskussion dargestellt: Astronomie, Geographie, philosophische Schriften sind Gegenstände<br />

der Erörterung.<br />

Anwesend sind sieben Personen, die ins Gespräch vertieft sind und durch ihren Gestus der<br />

Teilnahme an der gebildeten Unterhaltung Ausdruck verleihen.<br />

• In der Mitte befindet sich der Lehrer (Platon, 3. von Links), der mit einem Stab auf die<br />

Weltkugel vor ihm zeigt (bzw. etwas in den Sand schreibt).<br />

• Die übrigen Personen folgen konzentriert seinen Ausführungen:<br />

• z.T. in Denkerpose (Hand am Kinn, 5. v.L.),<br />

• z.T. interessiert zugewandt,<br />

• z.T. mit wie zum Widerspruch erhobener Hand (6. v.L.),<br />

• z.T. leicht abgewandt (Distanz/Skepsis?, 7. v.L.),


• z.T. selbst in eine Diskussion vertieft (1. und 2. v.L.), die sich aber auf das<br />

gemeinsame Thema bezieht (2. v.L. zeigt auf den Himmelsglobus).<br />

Es handelt sich um eine typische Szene der gebildeten Welt der Antike, des Lehrbetriebs,<br />

der in der Darlegung eines Themas durch einen Lehrer, im philosophischen Dialog,<br />

durch<strong>aus</strong> auch in der kontroversen Erörterung besteht.<br />

Nach: R. Achenbach, Als man noch Bücher im Garten las. Die Anfänge der wissenschaftlichen<br />

Bibliothek im klassischen Griechenland, in: Bibliothek und Philosophie. FS für H.-J. Schubert zum 65.<br />

Geburtstag, hg. von B. Lorenz, Wiesbaden 2005, S. 3f.<br />

Zur Bildanalyse bietet sich eine Orientierung an der Bilddidaktik des Geschichtsunterrichts an, z.B.<br />

nach M. Sauer, Bilder im Geschichtsunterricht. Typen, Interpretationsmethoden, Unterrichtsverfahren,<br />

Seelze-Velber 2000, S. 14-19.<br />

Aufgabe 2: Literarische Gestaltung des philosophischen Gesprächs<br />

Folgende Merkmale der Inszenierung von De re publica als staatsphilosophische Erörterung<br />

auf Scipios Landgut an den feriae Latinae 129 v.Chr. sind zu beachten:<br />

literarisches Mittel<br />

• Dialog bzw. Lehrvorträge im Anschluss an griechische Vorbilder (Platon, Aristoteles)<br />

Szenerie<br />

• zeitliche Rückverlegung ins Jahr 129 v.Chr.<br />

• Hauptgesprächspartner: Scipio als Repräsentant eines aktiven Staatsmanns (zu Scipio<br />

<strong>aus</strong>führlicher: Lektüreheft S. 64f.)<br />

• die Welt der römischen Aristokratie: Villen, Parks, Demonstration von Bildung und<br />

Reichtum<br />

• das Selbstverständnis römischer Aristokraten: öffentliche Pflichterfüllung in der Stadt<br />

(negotium) und Rückzug an freien Tagen zur intellektuellen Beschäftigung in die<br />

Vorstadtvillen (otium – hier ist der Unterschied zum otium-Verständnis der<br />

vorangehenden Kapitel zu beachten!): der aktive Staatsmann denkt über den Staat nach<br />

Möglichkeit zur Darbietung des Themas als Ergebnis philosophisch-gelehrter<br />

Erörterung<br />

Möglichkeit zu nachdrücklicher Präsentation der Vorstellungen des Autors: Relevanz<br />

des Themas, Expertise des Hauptredners<br />

aktueller Diskussionsbeitrag <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Munde allgemein anerkannter Persönlichkeiten<br />

der Politik und der alten res publica<br />

Vermächtnis Scipios am Ende seines erfahrungsreichen Lebens<br />

Aufgabe 3: Rom z.Zt. des fiktiven Gesprächs und der Veröffentlichung von „De re publica“<br />

• Die Situation in Rom in den 50er Jahren wurde bereits im Kapitel „Cicero – Politiker<br />

und Schriftsteller“ behandelt (Lektüreheft S. 10-13). Das Triumvirat stellte in der<br />

Absprache mächtiger Führungspersönlichkeiten die politischen Strukturen der alten<br />

res publica, insbesondere die aristokratische Senatsherrschaft, grundsätzlich in Frage.<br />

Außer<strong>dem</strong> zeigten sich die verantwortlichen Kräfte in zwei Lager gespalten<br />

(Optimaten vs. Popularen).<br />

• In einer vergleichbaren Situation befand sich Rom bereits um 130 v.Chr, weswegen<br />

für Cicero die von Scipio, <strong>dem</strong> Repräsentanten der traditionellen res publica und ihrer<br />

Werte, vertretenen politischen Grundüberlegungen sehr gut auf die eigene Gegenwart


übertragbar waren. Die Agrarreformen des Volkstribuns Tiberius Gracchus (133<br />

v.Chr.) sahen vor, von Großgrundbesitzern besetztes Land des ager publicus<br />

einzuziehen und an besitzlose bäuerliche Siedler zu verteilen. Dies stieß natürlich auf<br />

Widerstand der adligen Großgrundbesitzer. Als der Kollege des Tiberius Gracchus<br />

gegen das Gesetz ein Veto einlegte, veranlasste Gracchus seine Absetzung durch die<br />

Volksversammlung. Nach der Verabschiedung des Agrargesetzes gab es weitere<br />

Entscheidungen unter Umgehung des Senats. Die eigentlich nicht vorgesehene<br />

Wiederwahl des Gracchus zum Volkstribunen führte zu seiner Ermordung auf<br />

Betreiben des Senats. Insgesamt zeigen sich also bereits um 130 v.Chr. dieselben<br />

Grundprobleme der römischen Republik wie in den 50er Jahren: die Ordnung der<br />

Republik und die aristokratisch geprägte Senatsherrschaft standen in Gefahr.


3. Gelehrte Freunde im Gespräch<br />

Thema, Gliederung und Vorbereitung<br />

Am Originaltext (rep. 1,14.18.33-36 in Auszügen) wird in diesem Kapitel Ciceros literarische<br />

Inszenierung seiner staatstheoretischen Erörterungen als fiktionaler Dialog vorgestellt. Die<br />

Erarbeitung der erläuternden Hintergrundinformationen in Kapitel 2 dient zur inhaltlichen<br />

Vorbereitung. Sprachlich ist zu beachten: cum mit Indikativ und Konjunktiv, Zeitverhältnisse<br />

beim AcI, AcI in der relativischen Verschränkung, Klärung der Satzkonstruktionen,<br />

insbesondere für Z. 38-44.<br />

Die Erarbeitung des Textes erfolgt in drei Übersetzungseinheiten:<br />

• Z. 1-18: Scipio empfängt seine Gäste und unterhält sich mit ihnen.<br />

• Z. 19-32: Laelius bittet im Namen aller Anwesenden um Scipios Darlegung seiner<br />

Meinung über den besten Staat und begründet seinen Wunsch.<br />

• Z. 33-44: Scipio erklärt seine Bereitschaft dazu und legt seine persönlichen<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen dar.<br />

Lösungsskizze zu den Aufgaben<br />

Aufgabe 4: Stimmung in Scipios Gärten<br />

Cicero stellt ein Treffen gelehrter Freunde bei Scipio in ungezwungener, aber auch gelehrter<br />

Atmosphäre dar: das otium als freie Zeit für gebildete Gespräche an geeignetem Ort, nämlich<br />

in Scipios Gärten mit Spaziergängen in der Portikus und gelehrtem Diskurs an sonnigem<br />

Wiesenplatz. Ernsthafte Probleme des Tagesgeschäfts treten in den Hintergrund („bewegte<br />

Zeiten“, Z. 12).<br />

Aufgabe 5: Sonderstellung Scipios (literarisch und inhaltlich)<br />

Scipio fungiert als Gastgeber, der seine Gäste empfängt, als politisch hoch beschäftigte<br />

Persönlichkeit, als gefragter Lehrer und Referent aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen<br />

und Leistungen im Staat und seinen Erörterungen mit gelehrten griechischen Denkern. Hier<br />

stimmen Laelius und Tuberos Meinung mit Scipios eigener überein. Scipios Sonderstellung<br />

zeigt sich dann aber auch in seiner Rolle im Dialog: Er wird um die Entfaltung seiner<br />

Meinung gebeten (Z. 19-32) und dadurch zum Hauptredner. Seine persönlichen<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen legt er im letzten Abschnitt offen (Z. 39-44): theoretische Grundlagen<br />

vorhanden, insbesondere aber praktische politische Erfahrungen.<br />

Aufgabe 6: Merkmale und Funktion des Dialogs<br />

Die in der „Zusammenfassung: Merkmale des philosophischen Dialogs“ aufgeführten Punkte<br />

(Lektüreheft S. 21) lassen sich im Einzelnen leicht auf diesen Text übertragen.<br />

Der Dialog trägt den konkreten historischen Rahmenbedingungen Rechnung und verleiht<br />

durch die Auswahl von Personen, Ort und Zeit den Ausführungen Bedeutung, ermöglicht im<br />

Gegensatz zur theoretischen Abhandlung eine lebendige(re) Auseinandersetzung mit <strong>dem</strong><br />

Thema, gibt die Möglichkeit zur Einbeziehung der Gesprächsteilnehmer (die in der<br />

Text<strong>aus</strong>wahl leider nicht angemessen sichtbar werden).


Das Gemeinwesen und seine Verfassungsformen<br />

1. Das Gemeinwesen<br />

Thema, Gliederung und Vorbereitung<br />

In diesem Kapitel formuliert Cicero Grundlegendes zum Staatsverständnis, das für alle im<br />

Folgenden genannten Verfassungsformen gilt. Scipios Lehrvortrag beginnt mit einer<br />

Staatsdefinition und einer Darstellung der äußeren und inneren Merkmale des<br />

funktionierenden Gemeinwesens.<br />

Wichtiges staatsphilosophisches Vokabular lässt sich an dieser Stelle mit Hilfe des<br />

Wortschatzteils vorbereitend oder textbegleitend einführen.<br />

Die Erarbeitung des Textes erfolgt in drei kurzen Übersetzungseinheiten:<br />

• Z. 1-7: Cicero bietet eine Definition für den Staat und seine Begründung.<br />

• Z. 8-12: Nach einer Lücke im Text fährt er mit den äußeren Merkmalen einer Stadt<br />

fort.<br />

• Z. 13-18: Schließlich wird das consilium als leitendes Element im Staat vorgestellt.<br />

Lösungsskizze zu den Aufgaben<br />

Aufgabe 1: Erarbeitung der Staatsvorstellung Ciceros<br />

1. res publica =<br />

res populi<br />

2. populus<br />

non omnis hominum<br />

coetus quoquo modo<br />

congregatus<br />

sed coetus multitudinis<br />

iuris consensu<br />

et utilitatis<br />

communione sociatus<br />

3. prima c<strong>aus</strong>a coeundi<br />

non tam inbecillitas<br />

quam naturalis<br />

quaedam hominum<br />

quasi congregatio<br />

non singulare nec<br />

solivagum genus<br />

1. res publica ist die auf das Volk, die Öffentlichkeit bezogene<br />

Sache; im Gegensatz zur res privata: Staat, besser Gemeinwesen<br />

2. Sie wird inhaltlich mit der res populi gleichgesetzt:<br />

Angelegenheit des Volkes, das ist die Gesamtheit aller Bürger<br />

3. Verlagerung auf den populus, der jetzt definiert wird:<br />

a. keine beliebige Ansammlung von Menschen (wie Tiere<br />

mit instinktivem Herdentrieb; congregatus von grex),<br />

b. sondern bewusste Gemeinschaft, eine gesellschaftliche<br />

Vereinigung (sociatus) einer hinreichenden Menge von<br />

Menschen,<br />

c. unter denen eine Übereinstimmung hinsichtlich des in<br />

der res publica geltenden Rechts besteht<br />

d. und die im gemeinsamen Nutzen begründet ist: das<br />

„Gemeinwohl“ oder die Interessengemeinschaft aller<br />

Beteiligten<br />

4. Begründung: Ursache der Vereinigung<br />

a. nicht in erster Linie die Schwäche der Menschen, allein<br />

nicht überlebensfähig zu sein (gegen die<br />

Schwächetheorie des Polybios, der Sophisten; ähnlich<br />

auch Platon),<br />

b. sondern natürliche Wesenseigenschaft des<br />

gemeinschaftsbezogenen Menschen (siehe schon Text 1,<br />

S. 14f.).


Aufgabe 2: äußere Merkmale eines Gemeinwesens<br />

Äußere Merkmale eines politischen Gemeinwesens, des Staatsvolkes, sind:<br />

• ein bestimmter geographischer Ort als fester Platz für Wohnungen (sedes certo loco –<br />

domiciliorum c<strong>aus</strong>a)<br />

• ein durch natürliche wie künstliche Befestigungen errichteter Schutz (die „Schwäche“ der<br />

Menschen wird <strong>dem</strong>nach nicht grundsätzlich zurückgewiesen) (locis manuque saepserunt)<br />

• die räumliche Gliederung einer „Stadt“ in feste Wohnungen und Raum für das öffentliche<br />

politische und kultische Leben (coniunctio tectorum; delubra; spatia)<br />

Aufgabe 3: „consilium“<br />

Bedeutung<br />

Zweck<br />

Maßstab<br />

Träger<br />

Entschluss, Plan, Rat, geistige Lenkung: es geht um ein bewusstes,<br />

willentliches, abwägendes, planvolles Entscheiden; verbunden mit regenda<br />

est: jeder Staat benötigt politische Führung<br />

ut diuturna sit [res publica]: Dauerhaftigkeit des Staates (zeitlich)<br />

ad eam c<strong>aus</strong>am referendum est, quae ... genuit civitatem:<br />

die Ursache des Gemeinwesens, d.h. Recht und Nutzen<br />

Lektüreheft Kapitel 3 (S. 28f.) informiert über die Träger des consilium: den<br />

/ die verantwortlichen Regenten<br />

Aufgabe 4: Cicero und der moderne Staats- bzw. Republikbegriff<br />

Staat: Nach Cicero handelt es sich primär um ein auf die Gemeinschaft des populus<br />

<strong>aus</strong>gerichtetes „Gemeinwesen“, das heißt, auf die Gesamtheit aller mit gleichem Bürgerrecht.<br />

Demgegenüber liegt im modernen Verständnis der Akzent im Wesentlichen auf den äußeren<br />

Rahmenbedingungen der öffentlichen Institutionen, die ein Zusammenleben garantieren, auch<br />

wenn natürlich das „Staatsvolk“ elementarer Bestandteil ist.<br />

Republik: Im heutigen Verständnis wird damit ein Staat bezeichnet, der keine Monarchie ist.<br />

Literaturhinweise: A. Demandt, Der Idealstaat. Die politischen Theorien der Antike, Köln / Weimar /<br />

Wien 3 2000, S. 226-229.<br />

J. Christes, Populus und res publica in Ciceros Schrift über den Staat, in: E. Richter / R. Voigt / H.<br />

König (Hg.), Res publica und Demokratie. Die Bedeutung von Cicero für das heutige Staatsverständnis,<br />

Baden Baden 2007, 85-103 (mit Literatur)


2. Wozu gibt es Gemeinwesen?<br />

Ciceros Begründung für die Existenz von Gemeinwesen wird in diesem Kapitel in einen<br />

weiteren Kontext gestellt. Zum einen geht es um griechische Vorbilder (Platon und<br />

Aristoteles), zum anderen um moderne Überlegungen (Hobbes und die Erklärung der<br />

Menschen- und Bürgerrechte).<br />

Die Aufgaben leiten nur zu einer vergleichenden Darstellung der unterschiedlichen Positionen<br />

an. Je nach Unterrichtskonzeption lassen sich die unterschiedlichen Ansichten über die<br />

Existenz und Entstehung von Staaten erweitern. Bei der Betrachtung der neuzeitlichen<br />

Positionen kann die Behandlung der staatstheoretischen Überlegungen des Absolutismus und<br />

der Aufklärung im Geschichts- bzw. Politikunterricht aufgegriffen und der jeweilige<br />

historische Begründungszusammenhang her<strong>aus</strong>gearbeitet werden. Hier bieten die<br />

Geschichtsbücher der Oberstufe geeignete Materialien und Darstellungen zur Vertiefung.<br />

Aufgabe 5: Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />

Gemeinsam ist den Begründungen für die Existenz von Staaten die Einsicht, dass ein<br />

individualistisches, nur auf die eigene Person <strong>aus</strong>gerichtetes Leben nicht möglich ist und erst<br />

in der staatlichen Gemeinschaft die zentralen menschlichen Bedürfnisse erfüllt werden<br />

können.<br />

Die abgedruckten Begründungen gehen dann jedoch von unterschiedlichen Menschen- und<br />

Staatsvorstellungen <strong>aus</strong>.<br />

• Platon sieht die Existenz von Staaten in der „Schwäche“ der Menschen begründet, sich<br />

selbst zu genügen, d.h. allein zu überleben. Zur Befriedigung der elementaren<br />

menschlichen Bedürfnisse (Nahrung, Wohnung, Kleidung) ist die Hilfe anderer nötig. Erst<br />

eine arbeitsteilig organisierte Stadt (polis) ermöglicht ein gutes Leben.<br />

• Für Aristoteles gleicht der Staat keinen Mangel des Menschen <strong>aus</strong>, im Gegenteil: Sowohl<br />

der Staat ist von Natur <strong>aus</strong> (physei) gegeben als auch der Mensch von Natur <strong>aus</strong> ein<br />

gemeinschaftsbezogenes Wesen (physei zoon politikon). Der Staat ist also zur<br />

Lebenserhaltung entstanden, seine Existenz ermöglicht das gute Leben (to eu zen) und<br />

Gerechtigkeit.<br />

• Thomas Hobbes’ Überlegungen liegt historisch bedingt (Bürgerkriegssituation) ein<br />

negatives Menschenbild zugrunde: Der Mensch ist egoistisch, auf den eigenen Vorteil<br />

fixiert, was im menschlichen Miteinander zu einem Krieg aller gegen alle führt. Hier<br />

kommt erst der Staat als „Notlösung“ ins Spiel. Um den vorstaatlichen Kriegszustand<br />

durch vertragliche Selbstbeschränkung der Menschen zu überwinden, überträgt der<br />

einzelne seine individuelle Souveränität an den Staat (als übergeordnete „Person“<br />

bezeichnet), um die gemeinsamen Rechte zu verteidigen.<br />

• In der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte dient der Staat zur Erhaltung der<br />

individuellen Freiheitsrechte.<br />

Aufgabe 6: Cicero im Kontext der staatsbegründenden Vorstellungen<br />

Cicero nimmt in erster Linie aristotelisches Gedankengut auf, weist die Schwächetheorie (u.a.<br />

Platons) als primäre Ursache der Staatenbildung zurück.<br />

Im scharfen Gegensatz dazu steht Hobbes als Theoretiker des Absolutismus mit seiner<br />

Begründung, die natürlich nur eine neuzeitliche Position wiedergibt.


3. Verfassungsformen und ihre Beurteilung<br />

Thema, Gliederung und Vorbereitung<br />

Cicero stellt in diesem Text die drei klassischen Verfassungsformen und ihre Merkmale vor,<br />

um sie dann einer Beurteilung zu unterziehen (rep. 1,42f.).<br />

Zum Verständnis des Textes sind die in Kapitel 1 her<strong>aus</strong>gearbeiteten Ergebnisse zu consilium<br />

zu berücksichtigen (Lektüreheft S. 24, Z. 17-19 und S. 25, Aufgabe 3; primum in Text 1, Z.<br />

17, wird nun fortgeführt durch Deinde).<br />

Nach einer gemeinsamen Übersetzung des ersten Satzes und der Erkenntnis, dass Cicero von<br />

drei verschiedenen Möglichkeiten für die staatliche Leitung <strong>aus</strong>geht, kann mit Hilfe von<br />

Aufgabe 7a anhand sprachlicher Merkmale die wiederholte dreigliedrige Darstellung des<br />

Textes her<strong>aus</strong>gearbeitet werden (s.u.). Aufgrund dieser Beobachtung kann dann in einzelnen<br />

Übersetzungsschritten (s.u.) jede „Trias“ im Einzelnen als Beitrag zu den drei<br />

Verfassungsformen erfasst werden. Es ist sinnvoll, bereits parallel zur Übersetzung die<br />

tabellarische Zusammenstellung aller Informationen über die Staatsformen anzulegen<br />

(Aufgabe 8).<br />

Die Erarbeitung des Textes erfolgt in fünf Übersetzungseinheiten. Die Beobachtungen zu<br />

Aufgabe 7a sind hier integriert.<br />

• Z. 1-2: Benennung der Anzahl der Träger des consilium (aut uni – aut quibusdam –<br />

aut multitudini atque omnibus)<br />

• Z. 3-8: Schlussfolgerung (Quare): Angabe der Träger und Benennung der Staatsform<br />

(cum penes unum – cum penes delectos – illa ..., in qua in populo)<br />

• Z. 8-16: Beurteilung der Verfassungsformen als nicht vollkommen, aber erträglich und<br />

stabil (vel rex – vel delecti – vel populus; Z. 12-16)<br />

• Z. 17-23: Eingeleitet mit Sed folgt eine kritische Auseinandersetzung mit den<br />

einzelnen Staatsformen (et in regnis – et in optimatium dominatu – et cum omnia per<br />

populum).<br />

• Z. 23-33: Diese wird exemplarisch anhand konkreter historischer Beispiele belegt (si<br />

Cyrus – Si Massilienses – Si Athenienses).<br />

Lösungsskizze zu den Aufgaben<br />

Aufgabe 7: sprachlich-stilistische Gestaltung<br />

Das gliedernde Grundelement ist oben bereits sichtbar gemacht worden: Eine Abfolge von<br />

Trikola entfaltet, was die klassische Staatstheorie als grundlegende Verfassungsformen<br />

bezeichnet. Dies wird durch die Verwendung des Polysyndeton aut – aut – aut (Z. 1f.) oder<br />

vel – vel – vel (Z. 12-14) und der Anapher cum penes – cum autem penes – variiert durch illa<br />

autem civitas, ... in qua (Z. 5-8) – verdeutlicht: Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten für<br />

die Lenkung eines Gemeinwesens mit Garantien für seine Stabilität.<br />

Die Benennung der drei Staatsformen erfolgt als Klimax, in<strong>dem</strong> die Zahl der möglichen<br />

Träger der Staatsgewalt von <strong>dem</strong> einen Monarchen (unus) über die Mehrzahl (quidam) bis hin<br />

zur Menge (multitudo / omnes) ansteigt. Unter Berücksichtigung der Aussage, dass eine<br />

Demokratie am wenigsten gutzuheißen ist (Z. 14) und dass der König gerecht und weise (Z.<br />

12f.) genannt wird, kann bereits an dieser Stelle überlegt werden, inwiefern der Autor<br />

inhaltlich eine Antiklimax formuliert und wenigstens der Demokratie den letzten Platz unter<br />

den drei Staatsformen zuweist.<br />

Ciceros allgemeines Urteil ist als Antithese formuliert: non perfectum ... neque optimum, sed<br />

tolerabile tamen (Z. 10-11). Hier wird differenziert zwischen einer annehmbaren Verfassung


(solange alle drei Staatsformen auf den eigentlichen Staatszweck bezogen sind, sind sie<br />

erträglich) und <strong>dem</strong> idealen Staat. Die gegensätzliche Formulierung macht deutlich, dass<br />

Cicero einen sehr hohen Maßstab seiner Bewertung zugrunde legt (perfectum, optimum), für<br />

die politische Praxis aber pragmatisch denkt (tolerabile).<br />

Weitere Beobachtungen zur Hervorhebung einzelner Aussagen können gemacht werden:<br />

Homoioptoton: regem illum unum (Z. 4), horum trium generum (Z. 8), Synonymie als<br />

sprachliche Variation: vocamus – dicitur – appellant (Z. 4-7), Chiasmus: rex aequus ac<br />

sapiens X delecti ac principes cives (Z. 12f.), Ellipse von est (Z. 10f.).<br />

Der Ausdruck non incerto statu (Z. 16) sollte nicht als Litotes gedeutet werden.<br />

Aufgabe 8: Zusammenstellung der Staatsformen<br />

Monarchie Aristokratie Demokratie<br />

Anzahl unus quidam multitudo / omnes<br />

Bezeichnung der rex optimates / prinicipes / populus<br />

beteiligten<br />

Personen<br />

delecti<br />

Bezeichnung der regnum optimatium arbitrium civitas popularis<br />

Staatsform<br />

Beurteilung der<br />

einzelnen<br />

Staatsformen<br />

historische<br />

Beispiele<br />

expertes sunt ceteri<br />

communis iuris et<br />

consilii<br />

Cyrus ille Perses:<br />

iustissimus<br />

sapientissimusque rex,<br />

aber: populi res<br />

regebatur unius nutu<br />

ac modo<br />

vix particeps libertatis<br />

potest esse multitudo,<br />

cum omni consilio<br />

communi ac potestate<br />

careat<br />

Massilienses:<br />

per delectos et<br />

principes cives summa<br />

iustitia reguntur,<br />

aber: similitudo<br />

quaedam servitudinis<br />

aequabilitas est iniqua,<br />

cum habet nulli gradus<br />

dignitatis<br />

Athenienses:<br />

nihil nisi populi scitis<br />

ac decretis agebant,<br />

quoniam distinctos<br />

dignitatis gradus non<br />

habebant =><br />

non tenebat ornatum<br />

suum civitas<br />

Aufgabe 9: Beurteilung der Verfassungsformen<br />

• Eine Verfassung ist für Cicero erträglich (tolerabile), wenn sie auf den eigentlichen<br />

Staatszweck bezogen ist (hier wird explizit das „Band der Gemeinschaft“ genannt, Z. 9f.,<br />

vgl. Text 1, Lektüreheft S. 24, Z. 1-7 und Z. 16-18) und die Stabilität des Gemeinwesens<br />

garantiert (aliquo esse non incerto statu, Z. 16, vgl. Text 1, Lektüreheft S. 24, Z. 16: ut<br />

diuturna sit).<br />

• Dafür setzt er eine gerechte, am Gemeinwohl orientierte Staatsführung vor<strong>aus</strong> (nullis<br />

interiectis iniquitatibus aut cupiditatibus, Z. 14f.; vgl. auch die Qualifizierung des rex als<br />

aequus ac sapiens, Z. 12f.).<br />

• Die zurückhaltende Formulierung non perfectum qui<strong>dem</strong>, neque mea sententia optimum<br />

muss an dieser Stelle zur Kenntnis genommen und die Erläuterung auf einen späteren<br />

Zeitpunkt verschoben werden (vgl. Text 8, Lektüreheft S. 38f.).<br />

• Die Beurteilung der einzelnen Verfassungsformen legt unterschiedliche Kriterien<br />

zugrunde:


• Monarchie: Ein weiser und gerechter König (aequus ac sapiens, Z. 12f.;<br />

iustissimus sapientissimusque, Z. 23f.) entspricht in seinem Regierungshandeln<br />

zwar <strong>dem</strong> Staatszweck und garantiert Recht und Stabilität des Staates. Dabei<br />

werden aber alle anderen von der gemeinsamen Planung und der gemeinsamen<br />

Rechtssetzung <strong>aus</strong>geschlossen (Z. 17f., vgl. Z. 25f.), gerade wenn der absolute<br />

Befehlscharakter des königlichen Willens betrachtet wird, <strong>dem</strong> Gehorsam zu<br />

leisten ist (unius nutu ac modo, Z. 26). Deswegen erscheint Cicero eine derartige<br />

Staatsform für nicht erstrebenswert. Der Grad der Beteiligung an der politischen<br />

Willensbildung und Entscheidungsfindung ist also für ihn Maßstab für die Kritik<br />

an der Monarchie.<br />

• Aristokratie: Auch die Aristokratie entspricht grundsätzlich <strong>dem</strong> oben genannten<br />

Staatszweck, zumal wenn sie im Interesse des Gemeinwohls Gerechtigkeit walten<br />

lässt (summa iustitia, Z. 28). Allerdings gilt ähnlich wie bei der Monarchie: Der<br />

populus kann nicht an der gemeinsamen Lenkung und Gewalt des Staates<br />

teilhaben. Deshalb fehlt der Menge die Freiheit, sie befindet sich – negativ<br />

formuliert – gewissermaßen in der Sklaverei (vix particeps esse libertatis, Z. 18f.;<br />

similitudo quaedam servitutis, Z. 29).<br />

• Demokratie: Für die Demokratie gilt gleichermaßen, dass sie <strong>dem</strong> Staatszweck<br />

prinzipiell dient, zumal wenn das Volk gerecht und maßvoll regiert (iustum atque<br />

moderatum, Z. 21). Cicero äußert jedoch schon von vornherein Vorbehalte:<br />

minime probandum (Z. 14). Eine allein auf zahlenmäßiger Gleichheit<br />

(aequabilitas, Z. 22) beruhende Herrschaft erscheint ihm ungerecht (iniqua).<br />

Beschlüsse und Entscheidungen des Volkes bedeuten nämlich, dass die „Stufen<br />

der Würde“ (gradus dignitatis, Z. 22f., Z. 29f.) fehlen. Wenn auf diese Weise das<br />

Prinzip der virtus verletzt wird, fehlt <strong>dem</strong> Staat auch seine gerechte Ordnung<br />

(ornatum suum, Z. 32) – eine sehr aristokratisch geprägte Sicht.<br />

• Fehlende Partizipationsmöglichkeiten, absolute Alleinherrschaft eines einzelnen, der<br />

optimates oder der Menge, die die Stufen der Würde nicht berücksichtigt, bezeichnet<br />

Cicero im unmittelbaren Anschluss als vitia, Fehler, Mangel an Vollkommenheit (vgl.<br />

Text 4, Lektüreheft S. 30, Z. 3).<br />

• Der Perserkönig Cyrus, die Stadt Massilia und Athen sind historische Beispiele für die<br />

unterschiedlichen Staatsformen. Cicero argumentiert also nicht einfach theoretisch,<br />

sondern vor <strong>dem</strong> Hintergrund konkreter historischer Staaten, an denen er sowohl<br />

Grundprinzipien als auch Gefahren deutlich machen kann.<br />

Aufgabe 10: Stellungnahme<br />

Die Stellungnahme zu Ciceros Beurteilung der Staatsformen greift auf persönliche politische<br />

Grundüberzeugungen der Schüler zurück. Zum einen sollen sie sich kritisch mit der<br />

Möglichkeit der drei Staatsformen <strong>aus</strong>einandersetzen (Inwiefern dienen sie <strong>dem</strong><br />

Staatszweck?), zum anderen mit der Frage nach <strong>dem</strong> Grad der politischen Partizipation, der<br />

Möglichkeit also, selbst aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden zu werden, aber auch<br />

mit Ciceros aristokratischem Würdebegriff. Schließlich sollen die Schüler sich an dieser<br />

Stelle ihrer eigenen Bewertungskriterien bewusst werden und ihre Bewertungsmaßstäbe<br />

offenlegen. Aufgrund der allgemeinen politischen Bildung werden sie von einem<br />

<strong>dem</strong>okratischen Selbstverständnis <strong>aus</strong>gehen und möglicherweise die Frage nach größeren<br />

unmittelbaren Partizipationsmöglichkeiten diskutieren.


4. Entartung der Verfassungen und Verfassungskreislauf<br />

Thema, Gliederung und Vorbereitung<br />

Die drei in Kapitel 3 präsentierten Verfassungsformen sind – das zeigt die Erfahrung – nicht<br />

statisch. Cicero diskutiert deshalb in zweierlei Hinsicht mögliche Veränderungen. Zunächst<br />

geht es um die Frage, was passiert, wenn die Regierenden nicht mehr auf das Gemeinwohl<br />

<strong>aus</strong>gerichtet sind (rep. 1,44), darauf aufbauend, welche möglichen Abfolgen von<br />

Staatsformen denkbar sind (rep. 1,65).<br />

Anhand von Aufgabe 11 ist eine inhaltliche Vorbereitung dieser Thematik gut möglich (s.u.).<br />

Sprachlich sollte eine sorgfältige Erschließung der einzelnen Satzstrukturen erfolgen.<br />

Die Erarbeitung des Textes kann in drei Übersetzungseinheiten erfolgen:<br />

• Z. 1-7: Rückgriff (hoc, Z.1, bezieht sich auf das bereits gesagte) auf die in Kapitel 3<br />

erarbeiteten Verfassungen und die dort genannten Schwächen (primum, Z. 3); deinde<br />

(Z. 4): grundsätzliche Möglichkeit der Verschlechterung der einzelnen Verfassungen<br />

• Z. 7-17: Dies belegt er (Nam) an den ebenfalls in Kapitel 3 vorgestellten drei<br />

Beispielen. Im Fall der Monarchie und der Aristokratie wird die Verschlechterung<br />

nicht innerhalb ein und desselben Staates vorgestellt, im Gegensatz zur Demokratie.<br />

• Z. 18-37: Darstellung verschiedener möglicher Entwicklungen und des Verhaltens der<br />

jeweiligen Akteure.<br />

Lösungsskizze zu den Aufgaben<br />

Aufgabe 11: Zur Statik und Dynamik von Verfassungen<br />

Die Eingangsdiskussion greift die bisher gemachten staatstheoretischen Überlegungen auf:<br />

• Egoistische Eigeninteressen der Regierenden und Missachtung des Allgemeinwohls<br />

widersprechen <strong>dem</strong> eigentlichen Staatszweck und der Aufgabe von Regierungen, wie<br />

Cicero sie formuliert hat (Text 1, Text 3).<br />

Anhand allgemeiner Überlegungen oder mit Hilfe historischer bzw. aktueller Beispiele lassen<br />

sich verschiedene politische Szenarien erörtern:<br />

• Entstehung despotischer Herrschaftsformen (Diktaturen, totalitäre Herrschaftsformen,<br />

Oligarchien...) mit <strong>dem</strong> Ziel des eigenen Machterhalts: Problem der gewaltsamen<br />

Herrschaftssicherung<br />

• Möglichkeiten der frühzeitigen Korrektur durch die öffentliche Meinung<br />

(Demonstrationen...)<br />

• Recht auf Widerstand, politische Opposition, Rückzug<br />

Aufgabe 12: Gefahren der einzelnen Verfassungsformen<br />

Cicero betont<br />

• den Charakter der Entartung als Prozess: perniciosa alia vitia; iter ad finitimum<br />

quoddam malum; inmutandi animi licentia; delabi; converti;<br />

• die unmittelbare Nähe von guter und entarteter Herrschaft: finitimum; subest;<br />

finitimus;<br />

• die echte Gefahr: iter praeceps ac lubricum; proclivis cursus; facile<br />

• die <strong>aus</strong>nahmslos negative Charakterisierung der entarteten Herrschaft: crudelissimus;<br />

consensus et factio; furor, licentia; potestas pestifera.


An dieser Stelle lässt sich die Tabelle von Kapitel 3 (Lektüreheft S. 29, Aufgabe 8) ergänzen,<br />

um zu verdeutlichen, wie sich jede einzelne Verfassungsform in ihr „benachbartes Übel“<br />

entwickeln kann.<br />

Staatsform Monarchie Aristokratie Demokratie<br />

gut<br />

rex tolerabilis aut<br />

amabilis (Cyrus)<br />

Massiliensium<br />

paucorum et principum<br />

Atheniensium populi<br />

potestas<br />

administratio civitatis<br />

entartet<br />

↓ delabitur<br />

crudelissimus ille<br />

Phalaris<br />

↓ finitumus<br />

triginta virorum<br />

consensus et factio<br />

↓ conversa<br />

ad furorem<br />

multitudinis<br />

licentiamque<br />

Aufgabe 13: Mögliche Verfassungsänderungen<br />

Ein genauerer Blick auf mögliche Veränderungen (Est ... accuratius mihi dicendum de<br />

commutationibus rerum publicarum) ergibt:<br />

gut erträglich schlecht<br />

rex iniustus 1 tyrannus<br />

optimates<br />

populus<br />

opprimere 2<br />

3<br />

interficere/eicere<br />

sanguinem gustare 4b<br />

vim afferre/ regno spoliare 4a<br />

populus<br />

Die Abbildung macht deutlich, dass anders als im ersten Abschnitt eine Verfassungsform<br />

nicht nur in ihr eigenes Gegenteil entarten kann (König > Tyrann; Aristokratie > oligarchische<br />

Clique; Demokratie > zügellose Willkür der Menge), sondern auch – <strong>aus</strong>gehend von der<br />

Monarchie – eine Vielzahl anderer Verschlechterungen, möglicherweise auch eine Abfolge<br />

von Entartungen denkbar ist. Die Zahlen beziehen sich auf die Reihenfolge der Darstellung.<br />

Cicero geht nicht von einem strengen Verfassungskreislauf <strong>aus</strong> (dazu Kap. 5).<br />

Aufgabe 14: Erläuterung der Bewertungen der Verfassungsformen<br />

Das Schaubild verdeutlicht von links nach rechts und von oben nach unten Ciceros qualitative<br />

Bewertung.<br />

1 Wenn der (gerechte)<br />

König ungerecht wird,<br />

wird er zum<br />

In unmittelbarer „Nähe“ zur besten Staatsform, der Monarchie, steht<br />

die Tyrannis als die schlechteste.


Tyrannen.<br />

2 Der Tyrann wird<br />

von den Optimaten<br />

abgelöst.<br />

3 Das Volk löst den<br />

Tyrannen ab.<br />

4 Das Volk löst<br />

gewaltsam<br />

a) einen gerechten<br />

König oder b) die<br />

Optimaten ab.<br />

Die Aristokratie ist die – nach der Monarchie – zweitbeste<br />

Regierungsform (statum secundarium). Führende Männer<br />

(principes), „Väter“ (patrium consilium), haben das Wohl des Volkes<br />

im Auge (populo bene consulentes).<br />

Solange es klug handelt (sentit et sapit), ist es ziemlich gemäßigt<br />

(moderatior) und will den <strong>aus</strong> eigener Kraft bewirkten Zustand des<br />

Staates aufrecht erhalten (tueri per se constitutam rem publicam).<br />

Jetzt besteht aufgrund der zügellosen Willkür (effrenata insolentia<br />

multitudo) des Volks große Gefahr.<br />

Grundsätzlich gilt:<br />

• Eine Staatsform ist annehmbar, wenn die Verfassung ihren Zweck erfüllt und<br />

Stabilität und Dauerhaftigkeit garantiert (suum statum tenentibus). In diesem Sinn<br />

können Monarchie, Aristokratie und Demokratie akzeptiert werden, auch wenn es ein<br />

qualitatives Gefälle gibt (zur Begründung siehe Kapitel 3).<br />

Im einzelnen ist der Maßstab<br />

• die Gerechtigkeit (die die Monarchie zur besten Staatsform macht – optimus; indirekt<br />

in Z. 23 vor<strong>aus</strong>gesetzt),<br />

• die gute Regierung im Interesse und zum Wohl des Volkes (Aristokratie am<br />

zweitbesten – statum secundarium: patrium consilium populo bene consulentium<br />

principum)<br />

• und des Bewusstseins und der Erhaltung des Entstehungszwecks des Staates<br />

(Demokratie wenigstens ziemlich maßvoll – moderatior: tueri per se constitutam rem<br />

publicam).<br />

• In Z. 1-17 beschreibt Cicero die Veränderung innerhalb derselben Personengruppe,<br />

d.h. qualitative Verschlechterung ein und derselben Staatsform durch das Merkmal der<br />

Ungerechtigkeit (iniustus), der egoistischen „Cliquenbildung“ (consensus ac factio),<br />

der Willkür der Menge (furor, licentia). (Vgl. hierzu die tabellarische Übersicht im<br />

Lektüreheft S. 32.)<br />

• In Z. 18-37 geht er zwar ebenfalls von der Entartung der Monarchie zur Tyrannis <strong>aus</strong>,<br />

spielt dann aber unterschiedliche Entwicklungen von einer Verfassungsform zur<br />

anderen durch: nämlich die Übernahme der Tyrannis durch die Aristokraten bzw. den<br />

populus, was grundsätzlich eine stabile Staatsform garantiert, da beide Staatsformen<br />

um das Wohl des Staates besorgt sind. Gefährlich aber wird die Übernahme der<br />

Monarchie bzw. Aristokratie in ihrer optimalen Form durch ein willkürlich und<br />

gewalttätig handelndes Volk.


5. Antike Verfassungsmodelle<br />

Aufgabe 15<br />

Alle dargestellten antiken Überlegungen gehen davon <strong>aus</strong>, dass jede (gute) Staatsform bereits<br />

in sich die Möglichkeit zur Verschlechterung enthält. Alle kennen in gewisser Weise eine<br />

Abfolge bzw. eine Art „Kreislauf“ der Verfassungen, aber mit Modifikationen.<br />

• Platon geht vom idealen Staat <strong>aus</strong>, der dauerhafter als die realen Staaten, aber nicht<br />

ewig ist. Cicero argumentiert dagegen von vornherein auf der Ebene der real<br />

existierenden Staaten.<br />

• Während bei Platon bereits der Schritt vom idealen Philosophenstaat<br />

(Philosophenkönige als monarchische Aristokratie) zu den realen Staaten eine<br />

Verschlechterung bedeutet, setzt Cicero bei Monarchie, Aristokratie und Demokratie<br />

nicht gleich den entarteten Zustand vor<strong>aus</strong>.<br />

• Die unmittelbare Nebeneinanderstellung von guter und entarteter Verfassungsform<br />

kennt Platon wie Cicero.<br />

• Bei der konkreten Abfolge der Staatsformen als kontinuierlicher Linie (und Kreislauf)<br />

folgt Cicero nicht der von Platon vorgegebenen Weise (Philosophenkönige ><br />

Timokratie > Plutokratie > Demokratie > Anarchie > Tyrannis), wie das Schaubild zu<br />

Aufgabe 13 (<strong>Lehrerband</strong>) verdeutlicht.<br />

• Aristoteles setzt sich wie Cicero nur mit historisch fassbaren Verfassungen<br />

<strong>aus</strong>einander, kennt auch eine Entartung einer Verfassung in ihr „benachbartes“<br />

Gegenteil, variiert aber in der Abfolge der Verfassungen.<br />

• Polybios konstruiert, <strong>aus</strong>gehend von der Monarchie einen in sich geschlossenen<br />

Verfassungskreislauf, begründet in der menschlichen Suche nach etwas Neuem, <strong>dem</strong><br />

er dann die „Mischverfassung“ als Idealverfassung entgegensetzt.<br />

Cicero schreibt in inhaltlicher Auseinandersetzung mit den Vorbildern, geht ebenfalls<br />

von einem Dekadenzmodell <strong>aus</strong>, ohne jedoch einer Entwicklungslinie gezielt zu<br />

folgen.<br />

Aufgabe 16<br />

Die Beurteilung der Idee von der Entartung der Verfassungen kann folgende Aspekte<br />

berücksichtigen:<br />

• den ideologischen Ausgangspunkt der Existenz einer Idealverfassung<br />

• den staatsphilosophischen Versuch, politische Veränderungen zu systematisieren und<br />

Gesetzlichkeiten zu formulieren<br />

• die Idee der Dekadenz als gestaltendes Prinzip (unter Berücksichtigung des ihm<br />

zugrunde liegenden Menschenbildes)<br />

• die Kriterien für die Wertung<br />

• die historisch-politischen Realitäten<br />

Literaturhinweis: A. Demandt, Der Idealstaat. Die politischen Theorien der Antike, Köln / Weimar /<br />

Wien 3 2000, S. 86-91 (Platon); S. 121-127 (Aristoteles); S. 208-211 (Polybios).


6. Wenn das Volk nach Freiheit strebt<br />

Thema, Gliederung und Vorbereitung<br />

In freier Übersetzung von Platons „Politeia“ (562c-563d) werden karikierend die Gefahren<br />

einer radikalen Demokratie, die keinerlei Grenzen toleriert, zum Thema gemacht (rep. 1,66f.).<br />

Der Text bietet – gerade wegen seiner Zuspitzung – im Unterricht gute Gelegenheit zu<br />

aktuellen Erörterungen über Freiheit und ihre Grenzen in <strong>dem</strong>okratisch verfassten politischen<br />

und gesellschaftlichen Ordnungen und damit auch zu einer Selbstvergewisserung des<br />

Demokratie- und Freiheitsbegriffs der Schüler. In Verbindung mit Kapitel 7 kann dieser<br />

Aspekt vertieft werden.<br />

Eine inhaltliche Annäherung an das Thema kann über eine Erörterung der Bedeutung der<br />

Schlagworte der Französischen Revolution erfolgen (Abb. Lektüreheft S. 35). Insbesondere<br />

gemeinsame Überlegungen zum Zusammenhang von Freiheit und Gleichheit bereiten das<br />

Verständnis des sprachlich schwierigen Textes vor. Alternativ könnte ein vergleichbarer<br />

Einstieg über die Karikatur S. 37 erfolgen.<br />

Aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrades des Textes empfiehlt sich eine satzweise<br />

Vorerschließung. Wenigstens für den ersten Satz, noch besser aber für den Text insgesamt<br />

sollte eine strukturelle syntaktische Analyse erfolgen (vgl. Aufgabe 17). Auch wenn der Text<br />

eine in sich geschlossene Einheit darstellt, kann folgende Gliederung vorgenommen werden:<br />

• Z. 1-7: Unbegrenztes Freiheitsstreben bringt das Volk gegen die Träger der staatlichen<br />

Gewalt (magistratus et principes) auf.<br />

• (Z. 7f.: Einschub: Dialogelement Scipio – Laelius)<br />

• Z. 8-14: Schlussfolgerung (ergo ... sequuntur): Angriff auf gehorsame Bürger;<br />

Vert<strong>aus</strong>chung aller Grenzen zwischen magistratus und privata<br />

• Z. 14-26: Konsequenz (ut necesse sit): völlige Freiheit, mit <strong>dem</strong> Ergebnis<br />

(konsekutives ut) einer gesamtgesellschaftlichen Umkehrung der<br />

Autoritätsverhältnisse (unter Berücksichtigung der familiae potestas – Stellung von<br />

Sklaven und Frauen)<br />

• Z. 26-30: Konsequenz (ergo...): Anarchie


Lösungsskizze zu den Aufgaben<br />

Aufgabe 17: Satzschaubild<br />

Cum enim, inquit, inexplebiles populi fauces exaruerunt libertatis siti<br />

malisque usus ille ministris<br />

non modice temperatam, sed nimis meracam libertatem sitiens h<strong>aus</strong>it<br />

tum magistratus et principes<br />

nisi valde lenes et remissi sint<br />

et large sibi libertatem ministrent<br />

insequitur, insimulat, arguit,<br />

praepotentes, reges, tyrannos vocat.<br />

[...]<br />

Eos,<br />

qui pareant principibus<br />

agitari ab eo populo<br />

et servos voluntarios appellari;<br />

eos autem,<br />

qui in magistratu privatorum similes esse velint,<br />

eosque privatos,<br />

qui efficiant,<br />

ne quid inter privatum et magistratum differat,<br />

efferunt laudibus,<br />

mactant honoribus,<br />

ut necesse sit<br />

in eius modi re publica plena libertatis esse omnia,<br />

ut et privata domus omnis vacet dominatione<br />

et hoc malum usque ad bestias perveniat,<br />

denique ut pater filium metuat,<br />

filius patrem neglegat,<br />

absit omnis pudor,<br />

ut plane liberi sint,<br />

[ut] nihil intersit,<br />

[utrum] civis [sit] an peregrinus<br />

magister ut discipulos metuat<br />

et iis blandiatur,<br />

spernantque discipuli magistros,<br />

adulescentes ut senum sibi pondus adsumant,<br />

senes autem ad ludum adulescentium descendant,<br />

ne sint iis odiosi et graves;<br />

ex quo fit,<br />

ut etiam servi se liberius gerant,<br />

uxores eo<strong>dem</strong> iure sint quo viri,<br />

inque tanta libertate canes etiam et equi,<br />

aselli denique libere sic incurrant,<br />

ut iis de via decendendum sit.<br />

Ergo ex hac infinita, inquit, licentia haec summa cogitur<br />

ut ita fastidiosae mollesque mentes evadant civium,<br />

ut,<br />

si minima vis adhibeatur imperii,<br />

irascantur et perferre nequeant;<br />

ex quo leges quoque incipiunt neglegere,<br />

ut plane sine ullo domino sint.<br />

Klärung der Satzstruktur,<br />

Einordnung der Partizipialkonstruktionen,<br />

magistratus et principes:<br />

Akkusativobjekt zu<br />

insequitur...<br />

praepotentes ... vocat als<br />

zweite Aussage des tum-<br />

Satzes identifizieren<br />

eos ... agitari ... et<br />

appellari: aci/indirekte<br />

Rede (Hinweis bzw.<br />

Wiederholung)<br />

zunächst Erschließung und<br />

Übersetzung bis mactant<br />

honoribus<br />

dann Erschließung und<br />

Übersetzung des restlichen<br />

Satzes<br />

Beachtung der<br />

Aneinanderreihung<br />

konsekutiver Nebensätze<br />

ut plane liberi sint (Angabe<br />

18 berücksichtigen)<br />

ne...: abhängiger Finalsatz<br />

ex quo fit:<br />

Schlussfolgerung für den<br />

Bereich der familia<br />

Ergo / ex quo: doppelte<br />

Schlussfolgerung


Aufgabe 18: absolute Freiheit und ihre politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen<br />

absolut gesetzte, grenzenlose Freiheit<br />

• v.a. wenn „Politiker“ <strong>dem</strong> nach Freiheit dürstenden Volk in dieser Hinsicht zu viele<br />

Zugeständnisse machen<br />

• inexplebiles populi fauces exaruerunt libertatis siti; non modice temperatam, sed nimis<br />

meracam libertatem; plena libertatis esse omnia; ut plane liberi sint; infinita licentia; ut<br />

plane sine ullo domino; vgl. Kap. 4, Lektüreheft S. 31, Z. 35-37: libido/ effrenata insolentia<br />

multitudo<br />

↓<br />

Auswirkungen im Hinblick auf das<br />

Gemeinwesen<br />

• Angriffe auf magistratus et principes<br />

(Träger der staatlichen Gewalt), die die<br />

Freiheitsforderungen des Volkes nicht<br />

bedienen (Bezeichnung als praepotentes,<br />

reges, tyranni)<br />

• Ablehnung von Menschen, die die<br />

Autorität solcher principes akzeptieren<br />

(Bezeichnung als servi voluntarii)<br />

• überschwängliches Lob auf solche<br />

„Politiker“, die keinen Unterschied<br />

zwischen privatus und magistratus<br />

machen<br />

↓<br />

keine Staatsgewalt (vis imperii) wird ertragen<br />

Gesetze werden ignoriert<br />

↓<br />

Anarchie (plane sine ullo domino)<br />

↓<br />

Auswirkungen im Hinblick auf die<br />

rechtliche und gesellschaftliche Ordnung<br />

• Auflösung der traditionellen<br />

Autoritätsstrukturen (plena libertatis esse<br />

omnia): Häuser ohne die Autorität des<br />

pater familias (Väter / Söhne, Fehlen von<br />

pudor > ut plane liberi sint)<br />

• kein Unterschied zwischen cives und<br />

peregrini<br />

• Umkehrung des Verhältnisses zwischen<br />

Lehrer und Schülern, zwischen alt und<br />

jung<br />

• Ergebnis, dass Sklaven sich freier<br />

(liberius) als geziemend verhalten,<br />

Frauen dieselben Rechte haben wie die<br />

Männer, ja sogar die Tiere frei<br />

daherlaufen und eine Gefahr darstellen<br />

Ciceros (Platons) Ansicht ist vor <strong>dem</strong> Hintergrund eines aristokratisch geprägten<br />

Freiheitsbegriffs der Oberschicht und einem zugespitzten absoluten Freiheitsbegriff zu<br />

verstehen.<br />

Aufgabe 19: Grenzen individueller Freiheit in einer <strong>dem</strong>okratischen Gesellschaft?<br />

Freiheit und Gleichheit beschränkt sich in unserem Zusammenhang auf den öffentlichen<br />

Bereich der <strong>dem</strong>okratisch verfassten Gesellschaft. Es geht einerseits um das Verhältnis von<br />

Freiheit und Grenzen, andererseits von Freiheit und Gleichheit.<br />

• Ciceros (Platons) zuspitzende Sicht problematisiert das Fehlen (natürlicher)<br />

Autoritäten, das auf ein zügelloses Freiheits- und letztendlich Gleichheitsverlangen<br />

des Volkes zurückgeht.<br />

• Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte macht deutlich, dass es für<br />

individuelle Freiheiten durch<strong>aus</strong> Grenzen gibt, die in den gleichen Rechten der<br />

anderen bestehen und gesetzlich fixiert sein müssen.


Folgende Aspekte können erörtert werden (einen Zugang zur Problematisierung im Unterricht<br />

bietet neben den angegebenen Texten auch die Karikatur, Lektüreheft S. 37):<br />

• Unbegrenztes individuelles Streben nach Freiheit ist für den einzelnen möglicherweise<br />

in bestimmten Situationen wünschenswert, weil es <strong>dem</strong> persönlichen Vorteil dient.<br />

• Es stellt sich aber das Problem des Missbrauchs von Freiheit, wenn persönliche<br />

Freiheit zu Lasten anderer geht und bedeutet, dass ein Vorteil auf Kosten anderer<br />

erstrebt wird (z.B. „Ellenbogengesellschaft“; Profitmaximierung mit großen Risiken<br />

für Betroffene im Bankenwesen, durch Unternehmer, die Arbeiter „<strong>aus</strong>beuten“).<br />

‣ Hier sind Wege und Möglichkeiten der Einschränkung von Freiheit im Sinn der<br />

Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte zu diskutieren und Konfliktlinien<br />

individueller Freiheit in einer <strong>dem</strong>okratisch verfassten Gesellschaft zu erörtern.<br />

• Gleichheit, die im Sinn des Textes (!) die Aufhebung jeder Ungleichheit bedeutet,<br />

erscheint ebenfalls problematisch.<br />

• Insofern ist der Begriff „Gleichheit“ genauer zu definieren und zu überlegen, was<br />

Gleichheit für Menschen bedeutet und welche Konsequenzen diese nach sich ziehen<br />

muss; hier eröffnet sich das Spannungsfeld zwischen (liberalem) Verständnis von<br />

Gleichheit vor <strong>dem</strong> Gesetz und (sozialem) Verständnis von materieller Gleichheit.<br />

Auch Aspekte wie Chancengleichheit und Gerechtigkeit können an dieser Stelle in<br />

Betracht gezogen werden.<br />

Lektürehinweis zu Platons radikal-egalitärem Demokratieverständnis: A. Demandt, Der Idealstaat, Die<br />

politischen Theorien der Antike, Köln /Weimar / Wien 2000, S. 87-89.


7. Freiheit ohne Grenzen?<br />

Aufgabe 20: Dahrendorf zum Verhältnis von Freiheit und Gleichheit<br />

Ralf Dahrendorf ist Vertreter des Liberalismus. Der Liberalismus räumt individuellen<br />

Freiheitsrechten gegenüber kollektiven und staatlichen Rechten den Vorrang ein. Das Recht<br />

auf Leben, Freiheit und Eigentum versteht er als der staatlichen Existenz vorgeordnet<br />

(Locke). Als Grundrechte sind allen Bürgern die gleichen Freiheiten vor Eingriffen in die<br />

Privatsphäre zugestanden, als Bürgerrechte allen Bürgern dieselben politischen<br />

Partizipationsrechte gewährt. Der Staat ist insofern nötig, als er die Rahmenbedingungen für<br />

die individuellen Freiheiten gewährt.<br />

• Im Zusammenhang mit der Gültigkeit der Menschen- und Bürgerrechte geht<br />

Dahrendorf von der Vereinbarkeit von Freiheit und Gleichheit <strong>aus</strong>.<br />

• Darüber hin<strong>aus</strong> ist für ihn in einer freien Gesellschaft Gleichheit nicht denkbar,<br />

weil hier nicht von einer gleichen Verteilung der Güter <strong>aus</strong>gegangen werden kann.<br />

Wirtschaftliche und soziale Ungleichheit hält er für durch<strong>aus</strong> erträglich, ja sogar als<br />

Vor<strong>aus</strong>setzung und Motivation zu positiver Veränderung.<br />

• Dahrendorf geht von einem Primat der Freiheit vor der Gleichheit <strong>aus</strong>.<br />

• Allerdings sieht er die Notwendigkeit einer moderaten staatlich kontrollierten<br />

Chancengleichheit als Vor<strong>aus</strong>setzung, die eine einseitige Ungleichheit im Sinn von<br />

Ungerechtigkeit vermeidet.<br />

Aufgabe 21: Freiheit<br />

Die Kombination von „Freiheit von etwas“ und „Freiheit zu etwas“ verhindert eine<br />

individualistische, verantwortungslose Lebensweise des Einzelnen, der nur auf seine<br />

persönlichen Rechte besteht. Gleichzeitig wird auf diese Weise jeder Zwang unterbunden und<br />

letztlich verantwortungsbewusste Freiwilligkeit gewünscht.<br />

Politisches, ökologisches, soziales, kirchliches etc., oder auch gar kein Engagement; freie<br />

Berufs- und Wohnortwahl; freie Wahl der Lebensform – viele Bereiche lassen sich nennen, in<br />

denen beide Freiheitsaspekte zu sehen sind. Die Schüler werden einerseits die Freiheit von<br />

ideologischen oder politischen Vorgaben und unabänderlichen gesellschaftlichen Zwängen<br />

erkennen und wertschätzen. Freiwilligkeit steht im Vordergrund, Fähigkeiten und Interessen<br />

werden berücksichtigt, die eigene Mündigkeit wird ernst genommen. Freiheit von und Freiheit<br />

zu entspricht den individuellen Unterschieden ebenso wie einer pluralistischen<br />

gesellschaftlichen Realität und der Vielfalt von Bedürfnissen. Freiheit von und Freiheit zu<br />

macht zu mündigen Bürgern, stellt die Frage nach persönlicher Verantwortung, auch wenn<br />

vielleicht aktuell eine praktische Umsetzung (noch) nicht erfolgt.<br />

Platons bzw. Ciceros Engführung auf den Aspekt der „Freiheit von etwas“ genügt zu einem<br />

adäquaten Verständnis von Freiheit nicht. Missverstandene Freiheit führt diesen Grundwert<br />

letztendlich ad absurdum. Berücksichtigt werden muss hier das antike Verständnis von<br />

Freiheit als „Oberschichtenphänomen“...<br />

Der gesamte Themenkomplex legt Bezüge zum Politikunterricht nahe und kann anhand der<br />

Oberstufenbücher im Fach Politik vertieft werden.


8 Welche Verfassung ist die beste? – Das Ideal der<br />

Mischverfassung<br />

Thema, Gliederung und Vorbereitung<br />

Cicero beendet das Gespräch des ersten Vormittags. Er fasst allerdings seine bisherigen<br />

Überlegungen nicht einfach zusammen, sondern präsentiert jetzt sein Verfassungsideal unter<br />

Berücksichtigung aller zuvor erarbeiteten Kriterien für einen guten Staat (rep. 1,69f.): die<br />

Mischverfassung, die positive Merkmale aller drei Staatsformen vereint und vor einem<br />

(entartenden) Verfassungskreislauf schützt. Insofern handelt es sich um ein zentrales Kapitel<br />

für das Staatsverständnis Ciceros. Noch bleibt er bei einer allgemeinen theoretischen<br />

Darstellung stehen (Z. 1-17), kündigt dann aber den entscheidenden Schritt seiner<br />

Überlegungen an: Er werde am Beispiel des römischen Staates zeigen, dass hier die beste<br />

Verfassung gegeben sei. Ciceros Idee der Mischverfassung enthält Berührungspunkte mit<br />

Aristoteles’ und Dikaiarchos’ Vorstellungen, besonders ist jedoch gerade in der Anwendung<br />

auf Rom Polybios’ Einfluss hervorzuheben, der Roms politischen Aufstieg und Macht mit den<br />

institutionellen Besonderheiten seiner Verfassung begründet (und nicht mit der traditionellen<br />

römischen Begründung, die die mores als Vor<strong>aus</strong>setzung für Roms Größe sieht).<br />

Zum Einstieg ist eine zusammenfassende Wiederholung der bisherigen<br />

Verfassungsdiskussion hilfreich, weil sie ein zügiges Übersetzen und inhaltliches Verständnis<br />

der Mischverfassung erleichtert. Bei der Übersetzung ist die Verwendung des Aci und des<br />

Gerundivums sowie die Struktur der Sätze zu beachten (Z. 28-39 bereits kolometrisch<br />

gesetzt).<br />

Die Erarbeitung des Textes kann in vier Übersetzungseinheiten erfolgen:<br />

• Z. 1-4: Schlussfolgerung (Quod cum ita sit) zum Abschluss des ersten Gesprächs <strong>aus</strong><br />

<strong>dem</strong> bisher gesagten: Es gibt drei Verfassungsformen, Scipios Präferenz liegt (wie<br />

bereits erkannt) bei der Monarchie, das beste ist jedoch die Mischverfassung.<br />

• Z. 4-7: Begründung (enim) in drei parallel gebauten Kola mit den Grundmerkmalen<br />

der drei Verfassungsformen.<br />

• Z. 7-17: Fortsetzung der Begründung für das beschriebene Ideal, weil auf diese Weise<br />

jede Entartung vermieden wird und jeder seinen Platz innerhalb der gegebenen<br />

Ordnung hat.<br />

• Z. 18-42: In der abschließenden Anrede an die Zuhörer erfolgt der Hinweis auf die<br />

Fortsetzung des Themas (am Nachmittag), dass Scipio nämlich die römische<br />

Republik als Muster für die beste Verfassung darstellen und damit die ihm von<br />

Laelius gestellte Aufgabe erfüllen wird.<br />

Lösungsskizze zu den Aufgaben<br />

Aufgabe 22: Ciceros Vorstellungen vom idealen Staat<br />

• Ciceros ideale Verfassungsvorstellung ist die Mischverfassung (aequatum et<br />

temperatum ex tribus ... modis, Z. 3f.; iuncta moderateque permixta constitutio, Z.<br />

13f.).<br />

• Sie besteht <strong>aus</strong> einer angemessenen Vereinigung des monarchischen (quiddam ...<br />

praestans et regale, Z. 4f.), des aristokratischen (aliud auctoritati principum<br />

inpartitum ac tributum, Z. 5f.) und des <strong>dem</strong>okratischen Elements (quasdam res<br />

servatas iudicio voluntatique multitudinis, Z. 6f.).


• Dies allein garantiere die Gerechtigkeit (aequabilitas wegen der liberi, Z. 8f.) und<br />

Stabilität des Staates (firmitudo) durch Vermeiden der Entartung (Z. 9ff.).<br />

• Wenn jeder in seinem Stand bleibe, gebe es keinen Grund für eine negative<br />

Veränderung (Z. 12-17).<br />

• Dauerhaftigkeit, Stabilität, die Erhaltung des eigentlichen Staatszwecks ist der Grund<br />

aller Staatsformen und ihrer Regierungen (des consilium) (vgl. Kap. 1).<br />

• Die drei alternativen Staatsformen können zwar dafür sorgen, jedoch nicht in<br />

Vollkommenheit, weil sie in sich nicht vollkommen sind (vgl. Kap. 3) und weil nach<br />

Cicero immer das Problem der Entartung, d.h. der Verschlechterung, besteht (vgl.<br />

Kap. 4).<br />

• Sind jedoch alle drei Elemente sinnvoll und im richtigen Maß (Cicero legt darauf<br />

Wert) in der Verfassung eines Staates vereint, dann gelingt genau dadurch eine<br />

Stabilisierung am besten, zumal wenn von allen Verantwortlichen die gegebene<br />

Ordnung berücksichtigt wird. In diesem Fall ist das monarchische Element für die<br />

Entscheidungen verantwortlich, das aristokratische Element berücksichtigt die<br />

Existenz der „Besten“ und ihres verantwortlichen Einsatzes für die res publica und das<br />

<strong>dem</strong>okratische Element gibt <strong>dem</strong> Volk politische Entscheidungsbefugnisse, d.h.<br />

Freiheit und Verantwortung.<br />

• Cicero ist sich freilich auch der Tatsache bewusst, dass in der historischen Realität<br />

auch die Mischverfassung keine absolute Stabilität garantiert. Wenn das politische<br />

Führungspersonal vitia aufweist – aber nur dann –, ist ein Umsturz nicht<br />

<strong>aus</strong>zuschließen (magna principum vitia, Z. 14f.). Bleibt aber jeder innerhalb seinem<br />

Rang, gibt es keinen Grund für einen Wechsel der Verfassung (ubi in suo quisque est<br />

gradu firmiter collocatus, Z. 15f.).<br />

Hierzu: A. Demandt, Der Idealstaat, Die politischen Theorien der Antike, Köln /Weimar / Wien 2000,<br />

S. 211f. (Polybios), 231 (Cicero).<br />

Zu den antiken Erklärungsmodellen für Roms Größe: J. Bleicken, Die Verfassung der Römischen<br />

Republik, Paderborn 7 2008, S. 267-269.<br />

Aufgabe 23: Abschluss der Verfassungstheorie<br />

Die abschließenden Ausführungen sind führen den Vortrag wieder in die eigentliche<br />

Gesprächssituation zurück.<br />

• Cicero bekräftigt, dass keine verfassungsmäßige Ordnung irgendeines Staates mit der<br />

seit Generationen von den Vätern tradierten res publica vergleichbar ist (Z. 23-27).<br />

• Erst wenn er Rom als modellhaft für seine Vorstellung vom besten Staat vorgestellt<br />

hat, hat er Laelius’ Wunsch erfüllt (Z. 28-42).<br />

• Beachtenswert ist die Betonung dieser Aussagen:<br />

o Sic ... decerno, sic sentio, sic adfirmo (Z. 23: dreifache einleitende<br />

Bekräftigung)<br />

o nullam omnium rerum publicarum ...conferendam esse cum ea, quam patres<br />

nostri nobis ... reliquerant.(Z. 24-27)<br />

o Quam ... optimam esse ostendam (Z. 28-35)<br />

o expositaque ad exemplum nostra re publica (Z. 36)<br />

o accomodabo ad eam ... orationem, quae est mihi habenda de optimo civitatis<br />

statu


Diese Stelle führt zur historischen Relevanz von De re publica zurück. Cicero will nicht<br />

einfach eine theoretische Abhandlung geben, sondern – wie einleitend her<strong>aus</strong>gearbeitet –<br />

einen aktuellen Diskussionsbeitrag zur Entwicklung der römischen Verfassung bieten<br />

(Lektüreheft S. 12f.). Deshalb ist seine Überzeugung, die von den Vätern überlieferte<br />

römischen Republik sei der beste Staat, bereits hier ein Appell, zu diesem Modell in der<br />

politischen Praxis zurückzukehren.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> weist Scipio / Cicero auf die Fortsetzung des Werkes hin.

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