doppelpunkt: - ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift Braunschweig
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lage bei angestellten Ärzten Bestechlichkeit<br />
strafrechtlich verfolgt werden kann,<br />
bei freiberuflich tätigen Ärzten aber nicht.<br />
Diese Ungleichbehandlung ist vor allem<br />
dann absurd, wenn beispielsweise in medizinischen<br />
Versorgungszentren angestellte<br />
und freiberufliche Ärzte Tür an Tür derselben<br />
Tätigkeit nachgehen. Hinzu kommt,<br />
dass berufsrechtliche Sanktionen nur dann<br />
erfolgen, wenn Ermittlungen der Staatsanwaltschaften<br />
auch zu Anklagen und Verurteilungen<br />
führen. Da infolge des BGH-<br />
Beschlusses in vielen Fällen die Ermittlungen<br />
wegen der fehlenden Strafbarkeit eingestellt<br />
wurden, unterbleiben in diesen<br />
Fällen in der Regel auch berufsrechtliche<br />
Sanktionen. Der gerne vorgebrachte Hinweis<br />
auf bestehende Regelungen im Berufsrecht<br />
und im Sozialgesetzbuch ist daher<br />
wenig überzeugend, weil diese letztlich<br />
nicht mehr sind als stumpfe Schwerter.<br />
Wir brauchen daher dringend eine klare<br />
gesetzliche Regelung, die Korruption im<br />
Gesundheitswesen generell unter Strafe<br />
stellt. Patientinnen und Patienten müssen<br />
sich jederzeit darauf verlassen können,<br />
dass die Entscheidungen über Diagnostik<br />
und Therapie ausschließlich aus medizinischen<br />
Gründen getroffen werden. Alleine<br />
der Verdacht, Zuwendungen an den behandelnden<br />
Arzt könnten die Auswahl eines<br />
Medikamentes beeinflussen, untergräbt<br />
das Vertrauensverhältnis zwischen<br />
Arzt und Patient. Nicht die Bestrafung von<br />
korrupten Ärzten schadet dem Berufsstand<br />
und dem Arzt-Patienten-Verhältnis,<br />
sondern die fehlende Regelung und die<br />
andauernde Debatte darüber.<br />
„Kooperation erwünscht“<br />
Der Kampf gegen Korruption bedeutet<br />
aber nicht, dass eine enge Kooperation der<br />
Akteure im Gesundheitswesen nicht erwünscht<br />
wäre. Im Gegenteil: Ärzte, Pflegekräfte<br />
und andere Gesundheitsberufe sind<br />
bestrebt, die Kooperation voranzutreiben<br />
und auch der Gesetzgeber versucht seit geraumer<br />
Zeit, die richtigen Rahmenbedingungen<br />
für eine solche am Patienten orientierte<br />
Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe<br />
zu schaffen. Dazu zählen zum Beispiel<br />
die Integrierte Versorgung, Disease-Management-Programme,<br />
die Zusammenarbeit<br />
in Ärztenetzen oder die Modellprojekte<br />
zur Übertragung von Heilkunde auf Angehörige<br />
der Alten- und Krankenpflegeberufe.<br />
Trotz der positiven Entwicklung der<br />
vergangenen Jahre sind weitere Schritte zu<br />
einer intensiveren Kooperation der Berufsgruppen<br />
im Gesundheitswesen und zu einer<br />
multiprofessionellen Primärversorgung<br />
mit einer neuen Aufgabenverteilung nötig.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass es uns in Zukunft<br />
nur mit mehr Kooperation – auch<br />
zwischen ärztlichen und nichtärztlichen<br />
Professionen – gelingen wird, immer älter<br />
werdende Patienten mit mehreren Erkrankungen<br />
zu versorgen. Wir werden es uns<br />
auch nicht mehr leisten können, angesichts<br />
des Fachkräftemangels im Gesundheitssystem<br />
mögliche Ressourcen durch Kooperation<br />
brachliegen zu lassen.<br />
„Vertrauen zurückgeben“<br />
Der Gesetzgeber muss jetzt handeln: Kooperation<br />
muss gestärkt und Korruption<br />
wirksam bekämpft werden, um im Wettbewerb<br />
die vielen ehrlichen ärztlichen und<br />
nichtärztlichen Leistungserbringer vor den<br />
wenigen korrupten zu schützen. Vor allem<br />
aber muss der Gesetzgeber handeln, um<br />
Patientinnen und Patienten die Sicherheit<br />
und das Vertrauen zurückzugeben, dass für<br />
ihre Behandlung allein medizinische Gründe<br />
ausschlaggebend sein dürfen.<br />
(Die Redaktion des „<strong>doppelpunkt</strong>es“ hat<br />
verschiedene politische Verantwortungsträger<br />
unterschiedlicher Parteien gebeten, zu<br />
dem Thema „Korruption“ Stellung zu beziehen.<br />
Wir danken Carola Reimann für ihre<br />
Stellungnahme.)<br />
20 <strong>doppelpunkt</strong> 1/ 2013