Trödler Reklame (Vorschau)
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UHREN<br />
19<br />
Uhrmacherkunst im Jahr 1880. Die Arbeitsabläufe<br />
in den Fabriken erforderten<br />
Pünktlichkeit, Weckeruhren wurden ein<br />
unumgängliches Haushaltsutensil. Zwischen<br />
1890 und 1914 sanken die Uhrenpreise<br />
rasch, eine Folge der industriellen<br />
Fertigung nach amerikanischem System<br />
mit vereinfachter Bauweise wie durchbrochene<br />
Platinen und Hakengang; andererseits<br />
stieg das Realeinkommen allmählich<br />
an und in vielen Arbeiterhaushalten wurde<br />
eine zweite Uhr möglich, häufig war es der<br />
Babywecker als transportable Schlafzimmer-<br />
und zugleich Küchenuhr. Der Babywecker<br />
stammt aus den Vereinigten Staaten,<br />
er hat sich als Gattungsbegriff in<br />
Deutschland seit 1890 durchgesetzt und<br />
besteht aus Blechgehäuse, Amerikanerwerk,<br />
zwei Füßen für den Stand und aufgesetzter<br />
Glocke. In den Jahrzehnten vor<br />
dem Ersten Weltkrieg hat die deutsche Uhrenindustrie,<br />
vor allem aus Schramberg<br />
und Schwenningen, „die Weckerproduktion<br />
mengenmäßig stark ausgeweitet und<br />
hinsichtlich Technologie und Produktivität<br />
Weltmaßstäbe gesetzt, so dass (…) sogar<br />
der US-amerikanische Binnenmarkt beliefert<br />
werden konnte". Das Standard-Weckerwerk<br />
hat sich „zwischen 1880 und<br />
1970 nicht mehr grundlegend geändert<br />
(...) Der Rückwandglockenwecker, bei<br />
dem eine besonders gestaltete Rückwand<br />
den Resonanzboden bildet, entstand um<br />
1910 und behielt seine Grundform bei bis<br />
zur ‘Quarzrevolution’ in den 1970er-Jahren".<br />
Nach 1900 und vor allem zwischen den<br />
Weltkriegen kam ein neuer Weckertyp auf<br />
den Markt, der „Nippwecker” mit Qualitätswerk<br />
in kleinen Stilgehäusen, „die<br />
durch Design und erlesenes Material bestechen:<br />
Email auf Silber in vielen Farben,<br />
teils auch mit Metalleinlagen, guillochierter<br />
Untergrund, Schildpatt oder Elfenbein".<br />
In die gleiche Entwicklungsreihe, allerdings<br />
seltener in der Qualität, gehören die<br />
Reisewecker im Lederetui. Sie entstanden<br />
in den 1920er-Jahren, wurden aber erst<br />
Portaluhr. Messinggehäuse feinstgedreht, Vorderkante<br />
und Zierband diamantgedreht, Zahlenreif<br />
Fischsilber, dunkle nussbaumfarbene Holzteile.<br />
Batteriewerk W 370, alternativ 8-Tage-1/2-Stunden-Schlagwerk<br />
auf Glocke. Katalog 1968/69, Seite<br />
24, Nr. 4100/88<br />
nach 1950 richtig beliebt, ihre Form verkleinerte<br />
sich sukzessiv. Mit „Stilwecker”<br />
wird eine Gruppe von Uhren in sehr unterschiedlichen<br />
Formen bezeichnet, die sich<br />
manchmal nicht so leicht – etwa von Tischoder<br />
Nippuhren – abgrenzen lassen. Zumeist<br />
sind Verarbeitung und Werk höherwertig<br />
und die Materialien aufwändiger.<br />
Bis in die 1950er-Jahre wurden bei Weckern<br />
„Radium"-Zahlen und -zeiger verwendet,<br />
ein Leuchtstoff mit radioaktiven<br />
Substanzen, die längst verboten sind. Der<br />
Mauthe-Katalog von 1932 stellt Modelle<br />
mit und ohne Radium vor, so den Dominator<br />
bzw. Dominator Radium. Im Katalog<br />
1964 steht erneut ein Großwecker Dominator<br />
mit Nickelgehäuse, der nur für den<br />
Export bestimmt ist, nun allerdings ohne<br />
gefährdende Zusätze.<br />
Wecker wurden nach und nach miniaturisiert.<br />
Große besaßen einen Durchmesser<br />
zwischen 13 und 18 cm, Metallexemplare<br />
sogar bis 23 cm (später genügte ein Maß<br />
von 10 cm für die Bezeichnung „Großwecker”;<br />
Kleinwecker wie das Modell Tamburin<br />
von 1932 hatten einen Durchmesser<br />
von 9 cm. Das Schlagwerk wurde optischen<br />
und klanglichen Veränderungen<br />
unterworfen: „Wecker mit ein bis zwei Glocken<br />
waren populär, bevor auf Schlagfedern<br />
im Inneren umgestellt wurde", sagt<br />
Werner Pfänder und erklärt den Begriff<br />
„Moment- oder Bügelabsteller”, ein Bügelgriff,<br />
der den Wecker abgestellt, wenn<br />
man den Bügel umlegt. Und ein „Leisegänger”<br />
besitzt das übliche Uhrwerk, allerdings<br />
mit dem Kunststoffanker Pertinax,<br />
der das gewohnte Tick-Tack leiser stellte.<br />
1933 stellt Mauthe einen Synchron-Wecker<br />
im Stilgehäuse vor, doch hat sich dieser<br />
elektrische Uhrentyp auf dem deutschen<br />
Markt nicht sehr verbreitet.<br />
In den Wirtschaftswunderjahren nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg erreichen die Reisewecker<br />
im farbigen oder ledernen Etui ihre<br />
größte Beliebtheit. Im Katalog von<br />
1952/53 offeriert Mauthe Stil- und Miniaturwecker,<br />
Großwecker und Reisewecker,<br />
außerdem sind Stiluhren, Küchenuhren,<br />
Bürouhren/Wohnraumuhren, Wanduhren,<br />
Schreibtischuhren und Tischuhren im Angebot.<br />
Mit der Verbreitung elektrischer<br />
Wecker geht die Verwendung von Kunststoff<br />
einher, „allmählich werden nicht nur<br />
Gehäuseteile, sondern ganze Gehäuse<br />
und schließlich Bestandteile der Weckerwerke<br />
aus Kunststoff gefertigt". Mit diesem<br />
Katalog wurde die neue Miniaturwecker-<br />
Serie Colibri eingeführt. Das Modell Liliput<br />
ist mit 7 x 6 cm noch etwas kleiner und<br />
hat keine massive Rückwandglocke. 1958<br />
folgt der Colibretta-Wecker mit halbflachem<br />
1-Tage-Weckerwerk, das Gehäuse<br />
mit abgerundeten Ecken und nach oben<br />
sich verbreiternd ist mit Metall- oder Kartonzifferblatt<br />
lieferbar. Mit 9,8 x 8,7 cm gehört<br />
das Modell Piano zu den Großweckern<br />
mit massiver Rückwandglocke, als<br />
Piano Intervall besitzt es einen Leisegang<br />
und kann auf Repetition umgestellt werden.<br />
Diese Dekade liebte die weichen<br />
eleganten Formen; sind sie quadratisch<br />
oder hochrechteckig, dann meist mit<br />
geschwungenem Abschluss, asymmetrische<br />
und konisch zulaufende Gehäuse<br />
gehören zum Angebot. Wecker gibt es mit<br />
und ohne Griff, die Uhren stehen auf Sockeln,<br />
gedrückten Füßen, Zapfen, Kugeln<br />
und massiven schwarzen bzw. pastellfarbigen<br />
Sockeln. Ein Schlag auf ein oder<br />
zwei Glocken findet sich Mitte der 50er-<br />
Jahre nur noch selten.<br />
1959/60 erscheint ein neues Modell: Marguerite.<br />
Zur Ausstattung gehören Rahmen<br />
Wanduhr. Handgeschmiedet, Kupferzifferblatt<br />
antik gehämmert mit eingezogenen Verzierungen,<br />
hochgetriebene Zahlenmarken, Batteriewerk W<br />
370. Katalog 1968/69, Seite 44, Nr. 4130/207<br />
Wanduhr. Mauthe Electric. Handgeschmiedet, mit<br />
Holzseitenteilen, geprägtes Zifferblatt mit Ziffern-<br />
Medaillons. Lässt sich durch Werk 371 nach 1971<br />
datieren<br />
Wanduhr. Schmiedeeisen, silberfarben aufgehellt,<br />
Mittelteil Edelkeramik, geprägte goldfarbene Zahlen.<br />
Batteriewerk 1,5 Volt. Ø 33 cm. Fast identisch<br />
Katalog 1974/75, Seite 47, Nr. 4130/306