Trödler Reklame (Vorschau)
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UHREN<br />
21<br />
cette – ergibt einen schönen Effekt, der<br />
auch teurer war. Mit Schlagworten wie „außergewöhnlich<br />
in Form und Stil", „vornehme<br />
Eleganz" oder „kultivierte Häuslichkeit"<br />
umwarb das Unternehmen die anvisierte<br />
Zielgruppe: „Eine reiche Auswahl zugkräftiger<br />
und dem verwöhnten Geschmack anspruchsvoller<br />
Menschen entsprechender<br />
Modelle. Zuverlässige Zeitkünder. Sowohl<br />
für die Dame als auch für den Herrn bestimmt".<br />
Küchen- und Wanduhren<br />
Die Küchen der Vorkriegszeit waren meistens<br />
Wohnküchen, die Uhren für diesen<br />
Raum zeigen sich deshalb dekorativer als<br />
die funktionalen Gehäuse späterer Jahrzehnte.<br />
Es sind Steingutteller in variablen<br />
Formen: rund, dreieckig, sechseckig, vieleckig,<br />
Kubus- und Rechteckformen werden<br />
gerne abgerundet. Die Dekore zeigen<br />
sich mit Goldlinien, Karostreifen und Rosendekor,<br />
Delfter Dekor bedeutet Bildszenen<br />
auf dem Schild, der durch imitierte Birke<br />
begrenzt wird; Holzrahmen sind weiß<br />
lackiert oder Kiefer lasiert. Der Katalog von<br />
1930 weist auf die 8-Tage-Küchenuhrenwerke<br />
hin: „Massiver Satzradtrieb / stabile<br />
Konstruktion / die Feder liegt in einer Kapsel,<br />
wodurch die Räder bei Federbruch<br />
geschützt sind". Küchenuhren der Nachkriegszeit<br />
sind zunächst sachlicher als die<br />
Vorgängermodelle, die Farbtöne bleiben<br />
zart, das Zifferblatt trägt aufgedruckte<br />
Zahlen, wertvollere Ausführungen haben<br />
Messinglünette und bombiertes Glas. Die<br />
Gehäuse bestehen zum Teil aus Pressmasse,<br />
es gibt Holzgehäuse in Hell und<br />
Dunkel (Nussbaum, Rüster, Kirschbaum)<br />
und Steingutgehäuse; häufiger ist ein<br />
Steingutschild, später wird auch Edelkeramik<br />
verwendet. Die Rundformen werden<br />
durch Querformate erweitert, es folgen abgerundete<br />
Rauten- und Trapezformen und<br />
farbige ovale Steingutschilde. Die Farben<br />
bleiben häufig in Pastelltönen, es darf aber<br />
auch ein kräftiges Rot sein. Am Ende des<br />
Jahrzehnts erscheint eine Art umgedrehte<br />
Tropfenform mit eingebautem Barometer<br />
oder herausnehmbarem Kurzzeitmesser.<br />
Ab 1966 gibt es ein querformatiges Modell<br />
mit neben- statt untergestellter Zeitschaltuhr.<br />
Kunststoff-Gehäuse werden<br />
häufiger, bei Mauthe heißt das Material<br />
„Hornitex”. Zu den späten Modellen gehören<br />
querformatige Uhren mit kühlem<br />
Edelstahl-Effekt, mit Batteriewerk und herausnehmbarem<br />
Kurzzeitmesser und rote<br />
Kunststoffgehäuse mit aufgelegter Aluminiumfront.<br />
Der letzte Katalog des Unternehmens<br />
brennt ein Feuerwerk edelkeramischer<br />
Küchenuhren ab, die runden,<br />
rechteckigen, quadratischen, ovoiden<br />
und achteckigen Exemplare sind fantasievoll<br />
und dekorativ ausgeführt.<br />
Bei Wanduhren wurde grundsätzlich Holz<br />
eingesetzt, sei es Echtholz oder Furnier.<br />
Seit den späten Nachkriegsjahren wurde<br />
sukzessiv Kunststoff verwendet. Bei Neuvorstellungen<br />
in den mittleren 30er-Jahren<br />
zeigen sich überwiegend schlicht-elegante<br />
Formen mit sachlichem Silber-Zifferblatt,<br />
eingezogenem Absatz bzw. elegant<br />
geschwungenem Abschluss. Es schleichen<br />
sich immer wieder üppige Ornamentteile<br />
ein. Modelle mit „Messing-Facetteverglasung"<br />
(geschliffenes Glas als<br />
Rand um das Zifferblatt), Chromverglasung<br />
und Chrompendelscheibe gehören<br />
zu den besseren Ausführungen. Neben<br />
den zeitgemäßen Wanduhren wurden historistische<br />
„Renaissance-Regulatoren" angeboten.<br />
Wanduhren wurden bei Mauthe<br />
zunächst als Hängeuhren bezeichnet, unabhängig<br />
davon, ob sie mit goldfarbener<br />
oder brauner Kordel gehängt wurden oder<br />
nicht. Man sprach in diesem Fall auch von<br />
Kordeluhren. Beim Befestigen der Uhren<br />
zeigte sich die Firma erfindungsreich, ob<br />
Ring oder Zierzapfen, Metallhaken oder<br />
-öse oder Lederschlaufen-Aufhänger.<br />
Zum Formenreichtum der Wanduhren gehören<br />
die kubisch-geometrische Basis,<br />
die freieren Formen und ebenso historisierende<br />
Gehäuse, etwa die Kurzpendeluhr<br />
in Nussbaum hell mit knapp sichtbarem<br />
Pendel oder das Regulatoren-Gehäuse in<br />
Nussbaum antik. In den ausgehenden<br />
60er-Jahren kommen die Kordeluhren<br />
außer Mode. Ein Beispiel für den Zeitgeist<br />
der 60er-Jahre stellt das Modell Kupferpfanne<br />
dar, eine umgedrehte Pfanne mit<br />
gehämmertem Mittelteil und Stiel. Seit den<br />
späten 60ern wurde bei Wanduhren verbreitet<br />
Schmiedeeisen verwendet, gerne<br />
in Verbindung mit Kupfer oder / und Messing.<br />
Das Metall war teilweise handgeschmiedet,<br />
die Frontplatte konnte auch<br />
aus Leder oder Hornitex-Kunststoff (in der<br />
Optik „nussbaumartig") sein. Zu den Alternativ-Materialien<br />
gehörte geschliffenes<br />
Aluminium, Holz wurde noch zahlreich verwendet,<br />
so Palisander oder Eiche antik,<br />
auch Teakholz kam zum Einsatz. Seltener<br />
waren Zahlenmarken aus Keramik und<br />
Emailschilder mit aufgelegtem Metall-Zahlenreif.<br />
Mauthe stellte bis zum Produktionsende<br />
elegante Bürouhren her – auch<br />
wenn sie am Schluss unter „Wanduhren”<br />
Stiluhr. Gehäuse Nickel mit diamantverzierten<br />
Seitenteilen. Mehrfarbiges Emailzifferblatt mit<br />
weißen Zahlenmarkierungen, Batteriewerk W 371<br />
(1,5 Volt). 12 x 15,5 cm. Katalog 1972/73, Seite 41,<br />
Nr. 4100/243<br />
Großwecker mit Glocken. Katalog 1970/71, Seite<br />
14, W 70. Links: Gehäuse verkupfert, Leuchtzeiger<br />
und Leuchtmarken. 2. von links: Gehäuse grün, lateinische<br />
Zahlen, Leuchtzeiger und Leuchtpunkte.<br />
Mitte: Gehäuse Kupfer, eine Glocke, Katalog 1972/<br />
73, Seite 27, Nr. 70/311. Als Modell Kuroki bereits<br />
in Katalog 1932. Export-Modell für Spanien oder<br />
Lateinamerika mit Mauthe-Adler. Rechts: Gehäuse<br />
rot, Leuchtzeiger und Leuchtpunkte, weißes Zifferblatt<br />
(auch schwarz erhältlich), in Katalog 1974/<br />
75 als Modell 70/3781. Jeweils 17,5 x 12,5 cm, 1-Tage-Weckerwerk<br />
W 15<br />
liefen: ein kleiner, aber respektabel entworfener<br />
Teil des Programmes. Die zeitlose<br />
Batterie-Bürouhr 4130 von 1964 mit ihrem<br />
runden Metallgehäuse, in Nickel geschliffen,<br />
polierter Front und Strichen statt<br />
Zahlen mit Mittelsekunde steht in krassem<br />
Gegensatz zu vielen im Zeitgeschmack<br />
ausgestatteten Wanduhren.<br />
Info<br />
Literatur: Helmut Kahlert / Werner Pfänder:<br />
Die Uhrenfabrik Friedrich Mauthe in<br />
Schwenningen, in: Uhren 3/1994. – Richard<br />
Mühe / Helmut Kahlert / Beatrice<br />
Techen: Wecker, Furtwangen 1991. –<br />
Anette Wagner: Die Entwicklung der<br />
Schwenninger Uhrenindustrie am Beispiel<br />
der Firma Mauthe, wiss. Hausarbeit, Weingarten<br />
2005<br />
Sammlung: Werner Pfänder hat bei Mauthe<br />
gearbeitet. Nach dem Konkurs hat er<br />
sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte<br />
der Uhrenfabrik zu dokumentieren und<br />
ihre Fabrikate zu sammeln. Die Uhren dieses<br />
Beitrages gehören zu seiner Kollektion.<br />
Sein privates Archiv und Museum in<br />
Schwenningen enthält reiches Material zur<br />
Firmengeschichte und eine über 1.000 Exponate<br />
umfassende Kollektion aus der gesamten<br />
Fertigungspalette. Nach Vereinbarung<br />
kann die Sammlung besichtigt<br />
werden (Telefon: 07720/66974).<br />
Fotos: Hans Jürgen Flamm