Eulenspiegel Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört (Vorschau)
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ch und Pannen<br />
stab sah. Dass bettelnde Hutzel-Omas nur selten<br />
im Besitz von Aktienpaketen und Villen in<br />
der Schweiz sind, wollen wir zugunsten des Trauerfalls<br />
Schickedanz mal verdrängen.<br />
So wie die Pleitiers auch gerne verdrängen,<br />
<strong>was</strong> mit ihren Konkurs-Opfern passiert. Der Drogerie-Ramscher<br />
Schlecker wurde sogar Weltmeister<br />
in Vergesslichkeit: Zuerst war ihm entfallen,<br />
dass pro Filiale mehr als ein einziger Mitarbeiter<br />
vonnöten sein würde, dann konnte er<br />
sich nicht mehr an die Erfindung des Telefons<br />
erinnern und ließ die Angestellten nur mit Winkzeichen<br />
kommunizieren. Auch der korrekten<br />
Höhe von Tariflöhnen konnte er sich partout nicht<br />
entsinnen: Trotzdem tat er so, als zahle er sie,<br />
weshalb Schlecker und Gattin zur Gedächtnisauffrischung<br />
zehn Monate auf Bewährung verliehen<br />
wurden. Aber die therapeutische Wirkung<br />
hielt nicht lange an: Außer den Bilanzen fiel ihnen<br />
bald schon wieder nichts ein. Doch im Jahr<br />
2012 konnten sie die auch vergessen: Trotz Knickrigkeit<br />
fehlten ihrem Laden anderthalb Milliarden<br />
– und das, obwohl Schlecker gerade eine<br />
Igelstation eingerichtet hatte! Aber egal, befand<br />
die Familie: Deckel drauf und rasch noch ein<br />
paar Häuser und Grundstücke beiseite gebracht.<br />
Der brave Drogist denkt an sich selbst ja auch<br />
nicht zuletzt. Dass er da nicht auch noch an<br />
13 500 arbeitslose Angestellte denken kann, ist<br />
ja verständlich. Wenn schon vergesslich, dann<br />
richtig!<br />
Das haben sich wohl auch die Kunden gesagt,<br />
als sie den Praktiker-Baumarkt vergaßen. Erst<br />
hatten sie jahrelang »20 Prozent auf alles« eingesackt,<br />
aber dann war plötzlich ihr Schäferhund<br />
eingeschnappt. »Außer Tiernahrung« hieß<br />
es nämlich, und an dieser Stelle versteht der<br />
Germane ebenso wenig Spaß wie seine vierbeinige<br />
Wurst: Billig muss es sein, aber gefälligst<br />
mit Töle! Doch das gab selbst Praktiker nicht<br />
her: Seine Rendite lag schon unter zehn Prozent,<br />
und so kam der Laden am Ende auf keinen grünen<br />
Zweig mehr. Kein Wunder, denn das Gartencenter<br />
war im Pleiteverkauf längst leergeräumt.<br />
Wie man richtig billig zur Sache geht, zeigt<br />
uns dagegen der Suhrkamp-Verlag. »Hier wurde<br />
Geld veruntreut!«, schreit der eine Gesellschafter<br />
unablässig, worauf die andere Gesellschafterin<br />
zurückbrüllt: »Hier werden Kompetenzen<br />
überschritten!« »Missmanagement!«, tönt der<br />
Erste daraufhin, worauf die Zweite im Gegenzug<br />
heult: »Geschäftsschädigendes Verhalten!« Und<br />
so steigert sich das Stück in immer neue Akte<br />
und Wendungen. Dolche blitzen, Sabber spritzt,<br />
und alle Zuschauer zittern. Die Hauptdarsteller<br />
Barlach und Berkéwicz beharken sich so rüde,<br />
wie man es von Vertretern einer führenden deutschen<br />
Kulturinstitution erwarten darf. Wahrscheinlich<br />
stellen sie sich auch noch Beine und<br />
beschmieren dem jeweils Anderen die Türklinke<br />
mit Zahnpasta. Das kann noch ein paar Monate<br />
weitergehen, aber irgendwann kommt garantiert<br />
das große Finale. Darauf freuen wir uns schon,<br />
denn dann dürfen wir abermals Zeuge werden,<br />
wie einem Großen der Hahn zugedreht wird. Dafür<br />
sorgen dann schon die Banken.<br />
Dass das Wort »Bankrott« zur Hälfte aus<br />
»Bank« besteht, kann ja kein Zufall sein.<br />
Reinhard Ulbrich<br />
Illustrationen: Michael Garling<br />
EULENSPIEGEL 11/13 33