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News & trends EU-Report<br />
„Made in Germany“<br />
in Gefahr?<br />
Die EU-Kommission plant, das bisher<br />
freiwillige Herkunftssiegel „Made in“<br />
verpflichtend vorzuschreiben und die<br />
letzten wesentlichen Bearbeitungsschritte<br />
ausschlaggebend für die<br />
Länderangabe zu machen.<br />
Johannes Fritsche<br />
Die neue Regelung betrifft nicht<br />
nur die deutsche Industrie,<br />
sondern stigmatisiert auch<br />
produzierende Drittländer, die<br />
erheblich darunter litten, wenn<br />
deren Produkte nicht mehr<br />
gekauft würden.“<br />
Wolf-Rüdiger Baumann ■ Hauptgeschäftsführer<br />
beim Gesamtverband der<br />
deutschen Textil- und Modeindustrie e.V.<br />
D<br />
ie EU-Kommission schafft es immer<br />
wieder, mit ihren Gesetzesinitiativen<br />
einen empfindlichen Nerv<br />
des EU-Mitgliedstaates Deutschland zu<br />
treffen. Ein aktuelles Beispiel ist die<br />
„Made in Germany“-Kennzeichnung –<br />
Käufer in aller Welt, zumal in China,<br />
schätzen es als Qualitätssiegel. Für die<br />
betroffenen Unternehmen hört dann<br />
auch der Spaß auf, wenn es angetastet<br />
wird. In den Augen der Unternehmensverbände<br />
hat die EU-Kommissionen genau<br />
dies mit den im Februar vorgeschlagenen<br />
und bis 2015 umzusetzenden<br />
neuen Vorschriften zur Produktsicherheit<br />
und Marktüberwachung getan.<br />
Was ist das Ursprungsland?<br />
Strittig ist vor allem die „Made in“-Kennzeichnung<br />
des Ursprungslandes eines<br />
Produktes. Bislang war diese freiwillig,<br />
im Vorschlag zur Produktsicherheitsverordnung<br />
des Industriekommissars<br />
Antonio Tajani wird sie an neuen Zollvorschriften<br />
festgemacht und verpflichtend<br />
vorgeschrieben. Bisher darf das<br />
Label „Made in Germany“ dann verwendet<br />
werden, wenn das Produkt seine<br />
wesentlichen Eigenschaften in Deutschland<br />
erhalten hat. Das Entscheidende<br />
an der Neuregelung ist, dass nun die<br />
letzten wesentlichen Be- und Verarbeitungsschritte<br />
ausschlaggebend für die<br />
Länderangabe sind. Begründet wird dieser<br />
Vorstoß mit dem Wunsch nach mehr<br />
Produktsicherheit für den Verbraucher.<br />
„Wenn aus einem hochwertigen Stoff<br />
aus Deutschland in Tunesien ein Anzug<br />
genäht wird, ist dem Verbraucher<br />
nicht geholfen, wenn ‚Made in Tunesia‘<br />
draufsteht“, kritisiert Dr. Wolf-Rüdiger<br />
Baumann vom Gesamtverband der<br />
deutschen Textil- und Modeindustrie<br />
den EU-Vorschlag.<br />
Die „Made in“-Kennzeichnungspflicht<br />
des Kommissionsvorschlags hätte zwar<br />
zur Folge, dass der Verbraucher über<br />
wichtige Schritte der Vorproduktion informiert<br />
wird. „Aber letztlich ist doch<br />
ebenso entscheidend, von welchem Produktionsstandort<br />
aus das Unternehmen<br />
die Hauptverantwortung hinsichtlich<br />
Sicherheit und Qualität für das Produkt<br />
übernimmt. Entscheidende Schritte der<br />
Endfertigung oder auch Produktentwicklung<br />
müssen weiterhin maßgeblich für<br />
die ‚Made in‘-Kennzeichnung bleiben“,<br />
fordert Markus Ferber als Sprecher des<br />
Parlamentskreises Mittelstand der CDU/<br />
CSU-Gruppe (PKM Europe) im EU-Parlament.<br />
Nach der Vorlage Mitte Oktober<br />
im Binnenmarktausschuss wird der<br />
Kommissionsvorschlag voraussichtlich<br />
im Dezember im Plenum diskutiert.<br />
Schaden für die Marke<br />
Deutschland<br />
Erst um die Jahreswende hatte die EU-<br />
Kommission einen ähnlichen Vorschlag<br />
zurückziehen müssen, weil er bei den<br />
Mitgliedsstaaten keine Mehrheit fand. Es<br />
sei „zumindest befremdlich“, dass die<br />
EU-Kommission erst im Januar einen<br />
Vorschlag zur „Made in“-Kennzeichnung<br />
zurückgenommen habe, „um kurz darauf<br />
eine verschärfte Version vorzulegen“,<br />
kommentiert Eric Schweitzer,<br />
Präsident des Deutschen Industrie- und<br />
Handelskammertages (DIHK). Das Vorhaben<br />
der EU-Kommission höhle die<br />
Qualitätsbezeichnung für deutsche Produkte<br />
faktisch aus.<br />
Dass die EU-Kommission kurze Zeit<br />
nach Ablehnung eines ähnlichen Vorschlages<br />
einen erneuten Vorstoß unternimmt,<br />
geht nach Einschätzung des<br />
Textilverbands-Hauptgeschäftsführer<br />
Baumann von Italien aus: „EU-Kommissar<br />
Tajani bedient die Forderungen seiner<br />
Landsleute. Das Herkunftsland sagt<br />
nichts über die Produktsicherheit aus.<br />
Tatsächlich ist der Verbraucherschutz<br />
nur der Deckmantel. Es geht um handelspolitischen<br />
Protektionismus zum<br />
Schutz nicht mehr konkurrenzfähiger<br />
Industrien.“ [ rm ]<br />
18 <strong>Business</strong>&<strong>IT</strong> 11.2013