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Berlin.Friedrichstraße Ausgabe 4/2013 (Vorschau)

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people | Interview<br />

→ Wie gut kennen Sie inzwischen die Stadt?<br />

Wie war es für Sie, sich hier einzuleben?<br />

Man ist sehr schnell zu Hause. Man fühlt, dass<br />

man in Europa ist. <strong>Berlin</strong> ist eine Stadt, wo<br />

alles einfach ist: die Verbindungen, die Funktionalität,<br />

die Vielfalt. Es passieren überall so<br />

viele Dinge, dass man gar nicht alles entdecken<br />

kann. Ich muss ehrlich zugeben, dass<br />

meine Frau bisher viel mehr entdecken konnte<br />

als ich und dies nicht zuletzt wegen der<br />

tollen Organisation des Auswärtigen Amtes<br />

»Willkommen in <strong>Berlin</strong>«, bei der sie von Ratgebern<br />

für Frauen von Diplomaten profitiert<br />

hat. Auch hat sie jetzt selbst eine »deutsche<br />

Konversationsgruppe« für Frauen von Diplomaten<br />

gegründet. Wir haben hier eine sehr<br />

nette Nachbarschaft und der <strong>Berlin</strong>er macht<br />

die Kontaktaufnahme einfach. Die Grünflächen<br />

in dieser Stadt sind einfach fantastisch,<br />

zur Erholung sehr gut geeignet und deshalb<br />

so gut besucht. Es ist ein Geschenk, in <strong>Berlin</strong><br />

zu leben.<br />

→ Wie erleben Sie die Stadt und die <strong>Berlin</strong>er?<br />

Die Stadt <strong>Berlin</strong> funktioniert besser als andere<br />

europäische Hauptstädte, weil sie »polyzentrisch«<br />

ist, also mehrere Zentren besitzt. Man<br />

hat nicht das Gefühl, immer nach Mitte oder<br />

ins Stadtzentrum und abends zurück nach<br />

Hause zu müssen, wie das zum Beispiel in<br />

Brüssel der Fall ist. Das liegt auch daran, dass<br />

jeder Bezirk seine eigene Dynamik und ein<br />

eigenes Handelszentrum besitzt.<br />

Das Bemerkenswerteste am <strong>Berlin</strong>er ist<br />

seine Lässigkeit – alles funktioniert irgendwie.<br />

Es gibt viel Unangepasstheit, die der Stadt<br />

ein jugendliches Flair im täglichen Leben gibt.<br />

Was mich immer wieder beeindruckt, ist die<br />

Intensität, mit der die <strong>Berlin</strong>er feiern können,<br />

sei es bei einer Sportveranstaltung oder anderen<br />

großen Festen, wie beispielsweise auf<br />

der Biermeile. Und die frenetische Begeisterung,<br />

die bei Sport- und anderen Ereignissen<br />

im Olympia-Stadion herrscht und die ich bis<br />

in meine Residenz in Charlottenburg hören<br />

kann. Nicht zuletzt sollte man auch die Silvesterfeier<br />

am Brandenburger Tor erwähnen, wo<br />

sich etwa eine Million Menschen, Touristen<br />

und <strong>Berlin</strong>er, gemeinsam versammeln, um<br />

das neue Jahr zu begrüßen.<br />

→ Was sind Ihre liebsten Plätze/Theater/<br />

Restaurants etc. in der Stadt?<br />

Unsere Botschaft liegt glücklicherweise in<br />

der Nähe des Gendarmenmarktes. Und wenn<br />

ich morgens zur Botschaft fahre, komme ich<br />

Chefredakteur Frank Nehring und Janine Pirk-Schenker im Gespräch mit Botschafter Renier Nijskens.<br />

immer am Brandenburger Tor vorbei. Dabei<br />

bekomme ich immer noch eine Gänsehaut,<br />

wenn ich an die historischen Ereignisse denke.<br />

Zu meiner Entspannung gehe ich gern ins<br />

Grüne, an die Seen oder auch in den Botanischen<br />

Garten in Dahlem. Die Themen-Ausstellungen<br />

im Deutschen Historischen Museum<br />

faszinieren mich immer wieder. Und erst<br />

die vielen künstlerischen Darbietungen in der<br />

Philharmonie oder im Konzerthaus: einfach<br />

grandios!<br />

Was die Restaurants betrifft, möchte ich<br />

gerne Neues in dieser Stadt entdecken, wo die<br />

Kreativität im gastronomischen Bereich doch<br />

erstaunlich hoch und sehr erschwinglich ist.<br />

→ Es heißt, Belgien hat die höchste Dichte von<br />

Restaurants mit Michelin-Sternen im Verhältnis<br />

zu den Einwohnern. Wir denken sofort an<br />

Pralinen, belgische Waffeln, delikaten Käse,<br />

Kriek, … Vermissen Sie diese Esskultur in<br />

Deutschland?<br />

Ich möchte zu allererst feststellen, dass in<br />

<strong>Berlin</strong> viele gute belgische Produkte erhältlich<br />

sind. Und was wir hier nicht finden, lassen wir<br />

regelmäßig aus Belgien kommen. Außerdem<br />

achte ich stets darauf, unseren Gästen ein<br />

Menü anzubieten, dass der belgischen Gastronomie<br />

zur Ehre reicht. Ich denke da zum<br />

Beispiel an Kochen mit Bier, an die enorme<br />

Vielfalt von belgischem Käse, an Schlemmernachtische<br />

usw. Aber eines ist sicher: Die<br />

deutsche Küche kennt eine außergewöhnliche<br />

Kreativität. Die jungen Küchenchefs werten<br />

ihren Einfallsreichtum auf, in dem sie den<br />

Geschmack betonen und Gerichte kreieren,<br />

die nicht nur sehr gut aussehen, sondern auch<br />

sehr gut schmecken. Also, um es kurz zu sagen,<br />

ich vermisse nichts.<br />

Steckbrief<br />

Renier Nijskens<br />

• 1949 geboren in<br />

Dinant, Belgien<br />

• verheiratet, zwei verheiratete Kinder<br />

• Studium der Politik- und Sozialwissenschaften<br />

an der Katholischen Universität Löwen,<br />

Schwerpunkt: Internationale Beziehungen<br />

• 1976 –1987: Verschiedene diplomatische<br />

Positionen in Kinshasa, Kuwait, Tunis und<br />

Ottawa<br />

• 1987–1990: Botschafter von Belgien in<br />

Niger und Burkina Faso<br />

• 1990 –1994: Direktor der Abteilung Naher<br />

Osten und Nordafrika im belgischen Außenministerium<br />

• 1994 –1998: Botschafter von Belgien in<br />

Kenia und Uganda/Sondergesandter für die<br />

Region der Großen Seen<br />

• 1998 –2000: Botschafter von Belgien in<br />

Korea<br />

• 2000 –2004: Botschafter von Belgien im<br />

Kongo<br />

• 2007–2011: Direktor der Abteilung Asien<br />

und Ozeanien bzw. Afrika im belgischen<br />

Außenministerium<br />

• seit März 2011: Botschafter von Belgien in<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

• Fremdsprachen: Englisch, Französisch,<br />

Niederländisch, Deutsch, Arabisch und<br />

Portugiesisch<br />

→ Herr Botschafter, wir danken Ihnen für das<br />

Gespräch.<br />

Das Interview führten Frank Nehring und<br />

Janine Pirk-Schenker.<br />

Fotos: Thorsten George<br />

12 <strong>Berlin</strong>.<strong>Friedrichstraße</strong> Nr. 4 <strong>2013</strong>

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