Journal Dampf & Heißluft Sonderheft "Dampf auf Tour" Dampf auf Tour Sonderheft (Vorschau)
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Maschinentelegraf und Bedienstand<br />
unter Deck: die Stephenson-Steuerung<br />
ermöglicht problemloses Umschalten von<br />
Vorwärts- <strong>auf</strong> Rückwärtsfahrt<br />
Stilvoll ausgestalteter Salon mit Bar und Sitzecke<br />
überaltert war (nur 17 Prozent der eingesetzten Energie<br />
kommen an der Schraube an!), kam es schließlich für<br />
seine eigentliche Aufgabe nicht mehr in Frage. Um das<br />
seltene Schiff, das in den 1960er Jahren von Kohlebefeuerung<br />
<strong>auf</strong> Öl umgestellt wurde, vor der Verschrottung<br />
zu bewahren, bot das Bundesverkehrsministerium sein<br />
letztes <strong>Dampf</strong>schiff in der Flotte zum Verk<strong>auf</strong> an. Die<br />
Schiffergilde Bremerhaven e. V., ein gemeinnütziger Verein<br />
zum Erhalt traditioneller Berufsschiffe, k<strong>auf</strong>te den<br />
<strong>Dampf</strong>-Eisbrecher mit Unterstützung der Stadt Bremerhaven.<br />
So begann seit dem Sommer 1990 eine neue<br />
Karriere für den betagten <strong>Dampf</strong>er.<br />
Dazu heißt es in der Broschüre „Die Museumsflotte der<br />
Schifffahrts-Compagnie Bremerhaven e. V.“: „Im Juni 1990<br />
trat der <strong>Dampf</strong>er ,Wal‘ seine Reise von Rendsburg nach<br />
Bremerhaven an und wurde binnen eines halben Jahres<br />
restauriert und in wichtigen Bereichen auch umgebaut.<br />
Eine ehrenamtliche Crew bemüht sich mit sichtbarem und<br />
erlebbarem Erfolg darum, den <strong>Dampf</strong>er mit seiner reizvollen<br />
und interessanten Ausstattung in Maschine, Nautik<br />
und Wohnbereichen nicht nur zu erhalten, sondern<br />
auch Freunde traditioneller Schifffahrt bei kurzen und<br />
längeren Törns miterleben zu lassen, was ein altes<br />
<strong>Dampf</strong>schiff Besonderes zu bieten hat.“ Ziele sind zum<br />
Beispiel die Weser, Helgoland, der Hamburger Hafengeburtstag,<br />
die Kieler Wochen sowie diverse maritime Feste<br />
an Nord- und Ostsee. Da der „Wal“ also häufig <strong>auf</strong> Fahrt<br />
ist, empfiehlt es sich <strong>auf</strong> jeden Fall vorher anzufragen, ob<br />
das Schiff an der Ostkaje im Neuen Hafen liegt und zu<br />
besichtigen ist.<br />
Ein Rundgang durch das <strong>Dampf</strong>schiff, zumal mit individueller<br />
und sachkundiger Führung, ist wirklich ein Erlebnis.<br />
Das Äußere des Schiffes wird geprägt durch die<br />
weit ausladende Brücke, die sich fast über die gesamte<br />
Breite des Schiffes erstreckt, und den markanten gelbschwarzen<br />
Schornstein. Auf der Brücke sind historische<br />
und moderne Instrumente versammelt. Die nautische<br />
Ausrüstung mit zwei Radargeräten Typ Atlas 4500, zweimal<br />
UKW, Kreiselkompass, Magnetkompass, Echolot,<br />
Nautex, drei Handfunkgeräten und Mobil-Telefon sowie<br />
die Sicherheitsausrüstung entsprechen den Anforderungen<br />
der „Gemeinsamen Sicherheitskommission für historische<br />
Wasserfahrzeuge“ (GSHW), Gruppe C. Das Schiff<br />
bietet einen Salon für maximal 30 Personen, 1 Mannschaftsmesse<br />
für 16 Personen und 1 Kombüse. Es verfügt<br />
über 17 Kabinen mit überwiegend fließend Wasser.<br />
<strong>Dampf</strong>betriebene Steuerung der<br />
Ruderanlage<br />
Antriebswelle zur Schiffsschraube im Heck:<br />
wichtig ist eine gute Lagerung für einen<br />
ruhigen L<strong>auf</strong><br />
Alle Decks sind mit Duschen und WCs ausgestattet und<br />
eine moderne vollbiologische Fäkalienanlage ist installiert.<br />
Besonders interessant sind natürlich die Maschinenräume<br />
des „Wal“. Über schmale Eisentrittleitern (natürlich im<br />
„Rückwärtsgang“) sind alle Bereiche einigermaßen gut<br />
zugänglich. Alles wirkt für ein <strong>Dampf</strong>schiff recht geräumig,<br />
was sicher auch am beträchtlichen Tiefgang von<br />
5,25 Metern liegt. Eine Dreifach-Expansions-<strong>Dampf</strong>maschine<br />
mit Stephenson-Kulissensteuerung ermöglicht<br />
problemloses Umschalten von Vorwärts- <strong>auf</strong> Rückwärtsfahrt<br />
und erbringt eine Leistung von 880 kW (1200 PS).<br />
Das Schiff (Länge über alles 49,96 m, Breite 12,30 m)<br />
erreicht eine Geschwindigkeit von 10 Knoten. Da es für<br />
den Nord-Ostsee-Kanal gebaut und somit als Binnenschiff<br />
konzipiert ist, ist es nur begrenzt hochseetauglich. Daher<br />
ist eine Ausfahrt bei Windstärken über 5–6 nicht zu empfehlen.<br />
Die Kesselanlage wurde 1964 <strong>auf</strong> Befeuerung mit leichtem<br />
Heizöl umgestellt. Zwei halbautomatische Wasserrohr-Seeschiffsdampfkessel<br />
erbringen jeweils 6000 kg/h<br />
<strong>Dampf</strong>leistung. Außerdem verfügt das Schiff über 3<br />
Generatoren: 2 x Cummins- 1 x Faryman-Diesel. Die<br />
58 <strong>Dampf</strong> <strong>auf</strong> <strong>Tour</strong>