Modell AVIATOR Yakpot Carden-Yak (Vorschau)

Szene | Šíp-Lehre
Weg damit?
Michal Šíp über die Entsorgung von schönen Dingen
Ich habe Schätze in meinen Modellen, über die ich eigentlich
lieber schweigen sollte. Denn sie sind so unverschämt
alt, dass ich Gefahr laufe, dafür selber ungefragt in ein Al -
ten pflegeheim eingewiesen zu werden. So habe ich beispielsweise
einen Hangsegler, in dem Servos von Brand-
Elektronik sind. Der Firmenname klingt für die heutigen
Youngsters ähnlich wie Zuban-Zigaretten oder Kathreiner
Malzkaffee. Damals, Ende der Siebziger im letzten Jahrhundert,
gab es diese Servos als Bausätze für etwa 30,– Mark.
Als Student habe ich sie gern zusammengelötet. Nun sind
sie schon immer in jenem Hangsegler, der in Norddeutschland
logischerweise nur etwa alle sieben Jahre in die Luft
kommt. Die Servos sind also rund dreißig Jahre alt und vielleicht
fünf Stunden gelaufen. Sind sie alt, Schrott oder sehr
gut in Form? Ich bin doppelt so alt und viel mehr gelaufen.
Wer gehört hier entsorgt?
Neulich entdeckte ich in einer Schublade schöne rote
MPX-Profiservos aus irgendeinem meiner Scale-Großsegler
der 1980er-Jahre. Die Segler wurden immer weniger geflogen,
weil die F-Schlepperei infolge der allgemeinen Segler-
Elek trifizierung nach und nach ausstarb. Wer sich die
Na se nicht absägen wollte, kam nicht mehr in die Luft.
Auch die se Servos sind bei mir kaum gelaufen. Sind sie
noch gut, gar Profis, oder nur noch Schrott?
Ach ja, und die Empfänger! Klar, auch ich bin längst bei
Gigahertz angekommen. Aber nicht ganz. So habe ich richtig
schöne 35-MHz-PCM-Empfänger, damals Hightech in
Vollendung, so etwas wie heute „LCD-Full-HD in 3D“.
Auch die Empfänger sind Jahrhunderte alt, genauer gesagt,
aus dem letzten Jahrhundert. Wegwerfen? Nein, ich fliege
sie weiter. Und dann habe ich Empfänger, die ich einfach
nicht finde. In Modellen, die ich irgendwann ausgerüstet
habe und die viele Verstecke bieten.
Vielleicht geht es Ihnen genauso so. Bei mir ist es immer
das Gleiche: Zwei Wochen nach dem Erstflug weiß ich
nicht mehr, welcher Empfänger wo im Modell sitzt, welche
Servos ich eingebaut oder wie ich die Anlenkung verlegt
habe. So ging es mir immer, auch viel früher, im letzten
Jahrhundert. (Das nur am Rande, wenn Sie jetzt an mögliche
Demenz denken.)
Heute weiß ich bei einem solchen Flieger:
Der Empfänger funktioniert, er ist irgendwo
im Rumpf, hinten, unten, tief oben oder
was weiß ich, wo untergebracht, und
nach den vielen Jahren will ich ihn
eigentlich genauso wenig sehen wie
mich selber im Spiegel. Aber die Frage
bleibt: Wann wird ein Empfänger
richtig alt? Unser Küchenradio ist
auch ein Empfänger, ein tolles
Grundig-Gerät, Baujahr vielleicht
1985. Der Verkäufer meinte da -
mals: Nehmen Sie Grundig, die haben
die besten Lautsprecher. Recht hatte er. Das heute
noch elegante Radio hat einen so wunderbaren Klang, da
können die Schnickschnack-Plastikkästen gar nicht mithalten.
Auch nicht die für die edlen Küchen der modernen
Singles, nur weil sie dann 600,– Euro kosten.
Das möchte ich also wissen: Nach wie vielen Jahrzehnten
zerbröselt ein Quarz? Wann driften Bauteile auseinander
und wann wird der Empfänger vielleicht zum Scanner, der
einfach alles empfängt, was sich so im Äther tut, nur nicht
meine Steuerbefehle? Und wenn ein Servo jahrelang in der
Schublade ruht: Ist es neuwertig oder werden die Rädchen
brüchig, die der verrostete Mabuchi über dem verrotteten
Poti dann ohnehin nicht mehr bewegen kann? Ich weiß, es
gibt Experten, die sagen: Nach drei Jahren muss alles aus
dem Flieger raus, durch Neues ersetzt werden. Vielleicht
sind sie ein bisschen firmengesponsert. Es gibt auch die
eso terische Truppe von Feng Shui, die letztendlich dasselbe
empfiehlt: Entrümpeln, immer wieder entrümpeln, weg mit
allem und neu anfangen. Aber es gibt die alten Techniker
und die jungen PC-Freaks, die etwas anderes sagen: Never
change a running system! Das gefällt mir viel besser.
Für meine Modelle. Und für mich.
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