3 / 2013 - Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis
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Kundenbindung im Handwerk<br />
Wenn der Metzgermeister zum Grillseminar lädt<br />
Interview mit Prof. Dr. Birgit Ester vom Institut für Technik der<br />
Betriebsführung in Karlsruhe<br />
Berlin. Eine treue Stammklientel ist<br />
das Kapital jedes Unternehmens. Kundenbindungsmanagement<br />
gewinnt deshalb<br />
auch im Handwerk zunehmend an<br />
Bedeutung. Prof. Dr. Birgit Ester, Leiterin<br />
des Karlsruher Forschungsinstituts ITB,<br />
rät Betrieben, weniger auf reine Preispolitik<br />
zu setzen, sondern ihre Kundschaft<br />
emotional an sich zu binden: mit Maßnahmen,<br />
die begeistern und Qualität<br />
erfahrbar machen. Und mit Kreativität<br />
beim Finden neuer Wege, um mit dem<br />
Kunden in Kontakt zu treten.<br />
Frau Prof. Ester, Sie beschäftigen sich<br />
seit Jahren mit erfolgreicher Betriebsf̈hrung<br />
im Handwerk. Welche Herausforderungen<br />
sehen Sie f̈r die Betriebe?<br />
Schnelle und adäquate Reaktionen<br />
auf die Marktentwicklung: Kunden, Konkurrenten,<br />
Politik, Gesellschaft. Arbeitsund<br />
Gesundheitsschutz ist dabei ein<br />
wichtiges Thema aktuell und in Zukunft.<br />
Ebenso wie IT-Sicherheit und der demograische<br />
Wandel im Handwerk. Einen<br />
weiteren Block von Themen könnte man<br />
vielleicht am besten unter dem Stichwort<br />
„Positionierung“ zusammenfassen: Wo<br />
steht das Handwerk und wie deiniert<br />
sich der einzelne Betrieb im Hinblick auf<br />
Dienstleistungsgestaltung, Nachhaltigkeit,<br />
Internationalisierung und Kooperation?<br />
Aktuell haben Sie auch den Juryvorsitz<br />
beim Wettbewerb „Sterne des<br />
Handwerks“ ̈bernommen, der sich<br />
in diesem Jahr dem Thema „Kundenbindung“<br />
widmet. Welche Rolle spielt<br />
Kundenbindung in einem modernen<br />
Handwerksbetrieb?<br />
Eine wichtige und leider oft noch<br />
unterschätzte. Bestandskunden zu halten<br />
ist immer preiswerter, als neue Kunden<br />
zu gewinnen. Außerdem kommen<br />
zufriedene Kunden nicht nur immer wieder.<br />
Sie bringen oft auch neue Kunden<br />
mit.<br />
Ist das Internet hier eher Chance oder<br />
Risiko?<br />
Durch das Internet sind Preise und<br />
Leistungen viel transparenter und vor<br />
allem vergleichbarer geworden. Die<br />
Konkurrenz wird größer, die Bindung<br />
an einen Anbieter nimmt tendenziell<br />
ab. Loyalität ist nicht selbstverständlich.<br />
Der Handwerksbetrieb muss daher noch<br />
stärker auf Qualität als Diferenzierungsmerkmal<br />
setzen – und auf Kundenbindung.<br />
Das Internet bietet neue Wege<br />
zum Kunden und die Möglichkeit, viele<br />
Kunden und potenzielle Kunden gleichzeitig<br />
zu erreichen. Das ist mit Sicherheit<br />
eine große Chance. Und die sollte man<br />
nutzen.<br />
Die Bandbreite an Gewerken ist sehr<br />
groß. Die Kundschaft eines Friseurs<br />
spricht man sicher mit anderen Angeboten<br />
an als die eines Dachdeckers. Sehen<br />
Sie dennoch Aspekte, die grundsätzlich<br />
für Kundenbindung im Handwerk<br />
gelten?<br />
Grundsätzlich geht es darum, Begeisterung<br />
beim Kunden hervorzurufen<br />
und Qualität erfahrbar zu machen. Es<br />
gibt verschiedene Kategorien, in denen<br />
sich Maßnahmen bewegen können. In<br />
der Kategorie „Produkt“ ist Give-away<br />
etwas, das im wahrsten Sinne des Wortes<br />
immer ankommt. Allerdings sollten<br />
sie überlegt eingesetzt werden. Hier<br />
dürfen Betriebe gerne kreativ sein und<br />
vor allem auch einen direkten Bezug zu<br />
ihrem Gewerk herstellen oder auch eine<br />
Kostprobe ihres Könnens geben: der Friseur<br />
mit einer speziellen Haarplege oder<br />
der Schreiner mit einer selbst gemachten<br />
Stiftebox. Es gibt viele originelle Möglichkeiten,<br />
dem Kunden etwas mit auf<br />
den Weg zu geben, durch das er sich gerne<br />
an den Betrieb erinnert.<br />
Andere Maßnahmen bedienen das<br />
weite Feld „Beratung/Service“: Warum<br />
nicht den Kunden – bevor er telefonisch<br />
nachfassen muss unaufgefordert ̈ber<br />
den Bearbeitungsstatus seines Auftrags<br />
informieren? Oder f̈r Stammkunden<br />
erweiterte Öfnungszeiten anbieten?<br />
Weiterbildungsangebote geben dem<br />
Kunden die Möglichkeit, eine emotionale<br />
Bindung aufzubauen. Der Metzger, der<br />
Grillseminare für seine Stammkunden<br />
anbietet, hat endlich mal die Männer mit<br />
im Boot. Wenn er seine Events dann noch<br />
über Facebook kommuniziert, nutzt er<br />
auch die vorhin angesprochenen Chancen<br />
des Internets optimal aus. Jedes<br />
Gewerk, das nah am Endkunden ist, kann<br />
hier etwas tun. Damit wird gleichzeitig<br />
Know-how transportiert und Kompetenz<br />
vermittelt. Außerdem können so Preise<br />
erklärbar gemacht werden. Wer bei<br />
einem Frisuren-Workshop oder einem<br />
Schreiner-Seminar selber Hand anlegt<br />
und sieht, dass ein fertiges Produkt in<br />
vielen Arbeitsschritten entsteht, wird viel<br />
eher den Wert einer Arbeit schätzen.<br />
Sie haben gerade von Maßnahmen<br />
zur emotionalen Bindung gesprochen.<br />
Davon unterscheiden lassen sich ja solche<br />
aus dem Bereich der Preispolitik.<br />
Wie ẅrden Sie die Bedeutung dieser<br />
Letzteren bewerten?<br />
Als Teil eines Maßnahmenpakets<br />
können spezielle Vorzugsangebote für<br />
Stammkunden sicher funktionieren.<br />
Kundenbindung allein über einen Preiswettkampf<br />
macht allerdings wenig Sinn.<br />
www<br />
24 HANDWERK<br />
www.die-innungsfachbetriebe.de<br />
Quelle: Jürgen Nießen / pixlio.de