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3 / 2013 - Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis

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Faszination Handwerk<br />

Stellungnahme zur Aufrechterhaltung des Meisterbriefs<br />

Im Koalitionsvertrag, der am 27. November, vorgestellt wurde, heißt es<br />

„Wir wollen ein starkes Handwerk. Deutschland wird die europäische Diskussion ̈ber eine verstärkte Öfnung des<br />

Dienstleistungsbinnenmarktes konstruktiv begleiten. Wir werden allerdings unverändert darauf hinwirken, dass der<br />

Meisterbrief nicht durch Maßnahmen des europäischen Binnenmarktes beeinträchtigt wird und erhalten bleibt.“<br />

Foto: Rolf Göbels, WHKT<br />

Reiner Nolten ist seit 2002 als<br />

Hauptgeschäftsführer des<br />

Westdeutschen Handwerkskammertages<br />

tätig.<br />

Die Sätze scheinen<br />

unzusammenhängend.<br />

Sie sind verwirrend.<br />

Doch<br />

sie haben eine<br />

deutliche und<br />

wichtige Botschaft.<br />

Der<br />

Fortbestand<br />

eines starken<br />

Handwerks in<br />

Deutschland<br />

hängt erheblich<br />

von aktuellen europapolitischen Entwicklungen<br />

ab.<br />

Die Europäische Kommission, das<br />

Europäische Parlament und der Rat, also<br />

die Mitgliedstaaten, haben verabredet,<br />

sämtliche Berufszugangsbeschränkungen<br />

zu überprüfen und diese nach Möglichkeit<br />

abzubauen. „Berufszugangsbeschränkungen“<br />

meint Regelungen, die<br />

die Ausübung eines Berufs an den Besitz<br />

einer besonderen Qualiikation knüpfen.<br />

Die Meisterplicht im Handwerk ist qualiikationsgebunden.<br />

Sie ist eine solche<br />

Regelung.<br />

Warum die Kritik an Qualiikationserfordernissen<br />

wie der Meisterplicht? Die<br />

Antwort auf diese Frage ist aus Handwerkssicht<br />

schwer nachvollziehbar, aber<br />

wir müssen uns mit ihr auseinandersetzen.<br />

Die zentrale These lautet: der Verzicht<br />

auf Regulierung, also die Abschaffung<br />

der Meisterplicht, fördert Wachstum<br />

und Beschäftigung. Mehr Menschen<br />

inden Arbeit, Dienstleistungen werden<br />

billiger, so dass die Nachfrage steigt,<br />

grenzüberschreitendes Arbeiten wird<br />

einfacher usw.<br />

Im Handwerk wissen wir aus Erfahrung,<br />

dass Deregulierung keineswegs<br />

zwingend zu Wachstum und<br />

Beschäftigung führt. Die Handwerksnovelle<br />

liefert dafür ein Beispiel. Doch dieses<br />

Wissen hilft uns nicht. Die Lage ist<br />

komplizierter. Das muss man verstehen,<br />

um die aktuell drohenden Gefahren richtig<br />

einschätzen zu können.<br />

Wichtig für die aktuelle Situation ist<br />

die Krise. In den vergangenen Jahren<br />

haben die EU und der Internationale<br />

Währungsfonds Krisenländer wie Griechenland,<br />

Spanien und Portugal verplichtet,<br />

ihre Arbeitsmärkte zu reformieren.<br />

Um Wachstum, Beschäftigung und<br />

Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, müssen<br />

sie zum Teil mehr als 100 Berufe liberalisieren.<br />

Die Bundesregierung hat die<br />

Reformen in diesen Ländern stets mitgetragen.<br />

Genau das könnte uns jetzt zum<br />

Verhängnis werden. Maßgeblich sind<br />

zwei Erwägungen. Erstens: Wenn Liberalisierung<br />

Wachstum fördert, warum dann<br />

nur in den Krisenländern liberalisieren?<br />

Könnten vergleichbare Reformen in<br />

Deutschland nicht das Binnenwachstum<br />

belügeln und Handelsbilanzüberschüsse<br />

Foto: Rolf Göbels, GFWH GmbH<br />

verringern? Der Exportüberschuss ist<br />

manch anderem Staat ein Dorn im Auge.<br />

Und zweitens: Trotz der Reformen in den<br />

Krisenländern können deren Arbeitsmärkte<br />

nicht sämtliche Arbeitslose aufnehmen.<br />

Mit dem Verzicht auf Qualiikationsanforderungen<br />

verbindet sich die<br />

Hofnung, Arbeitslose aus den Krisenländern<br />

könnten in Deutschland Arbeit inden.<br />

Ohne Meisterplicht – so die These<br />

- könnten sich insbesondere die vielen<br />

früher in der Baubranche Beschäftigten<br />

in Deutschland niederlassen.<br />

Die Bundesregierung steht unter<br />

erheblichem Rechtfertigungsdruck:<br />

politisch und rechtlich. Europäisches<br />

Semester, die Berufsanerkennungs- und<br />

Dienstleistungsrichtlinie sind weitere<br />

Einfallstore, die Meisterplicht kritisch zu<br />

hinterfragen. Der Rechtfertigungsdruck<br />

ist ernst zu nehmen. Anders als im Handwerk<br />

verbreitet kolportiert – ist dafür<br />

nicht nur die Europäische Kommission<br />

verantwortlich. Eine Reihe anderer Mitgliedstaaten<br />

will die Liberalisierung der<br />

www<br />

4 HANDWERK<br />

www.die-innungsfachbetriebe.de

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