27.02.2014 Aufrufe

Manuskript zum Download

Manuskript zum Download

Manuskript zum Download

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

kultische, reflektierende Kontexte; eine Art natürlicher Verwandtschaft gewisser<br />

Intervallfolgen mit bestimmten Artikulationen – all das mag es geben. Es bleibt aber trotzdem<br />

immer ein ungutes Gefühl zurück, der Impuls, Einspruch zu erheben: Binden sich<br />

artikulatorische Details zwangsläufig und so direkt an so klar umrissene assoziative Kontexte?<br />

Musikbsp. 1:<br />

Claudio Monteverdi: Madrigal “Hor che'l ciel e la terra” (Anfang) 1‟30“<br />

La Venexiana<br />

Glossa Music GCD 920928<br />

Sprecher 2:<br />

Der ordnende Geist setzt also beim einzelnen Ton an, das heißt, er ordnet Töne einer<br />

einheitlichen Gesamtvorstellung unter, indem er Töne aus der Idee hervorgehen läßt. Töne<br />

existieren demnach in einer ‚totalen‟ Musik als notwendige Folge des immanenten<br />

Ordnungsprinzips, das aus der Idee abgeleitet ist. Ordnungsprinzipien traditionellen<br />

Handwerks sind daraufhin zu prüfen, inwieweit sie heute noch brauchbar sind.<br />

…<br />

Es lässt sich weitgehend denken, dass die vollkommene Vorstellung einer Tonordnung in der<br />

Idee für ein Werk eine ihr allein zugeordnete Organisation der Töne (als einzelne, und<br />

untereinander) hervorruft, die nur hier und nirgendwo anders ihren Sinn erfüllt.<br />

Karlheinz Stockhausen, Situation des Handwerks, Paris 1952<br />

Sprecher 1:<br />

Wo bleiben hier Kult, Grazie und Übermut? Im gleichen Jahr wie Hermann Keller schreibt<br />

Karlheinz Stockhausen seinen Aufsatz, der den Untertitel ‚Kriterien der punktuellen Musik‟<br />

trägt. Hier lebt der Ton nicht mehr in und durch die Beziehung zu seinen direkten Nachbarn,<br />

sondern kraft des übergeordneten Ordnungsprinzips. Die Berührung der Töne untereinander<br />

entzieht sich völlig dem Fokus des Komponisten, dessen Aufmerksamkeit der Integration in<br />

die Struktur gilt. Rhythmus und Artikulation verkommen <strong>zum</strong> keimfreien, quasi<br />

ansteckungslosen Nebeneinander der Töne, Widerspruchsfreiheit ersetzt die Empfindung von<br />

Nähe und Distanz. Für einen integralen kompositorischen Ansatz wie den des frühen<br />

Stockhausen macht eine Eigendynamik musikalischer Parameter wenig Sinn. Der Weg zur<br />

vollkommenen Organisation verbietet nicht nur solche Fremdkörper, sondern auch und<br />

allemal jegliche assoziativen Kontexte wie die, von denen Hermann Keller spricht.<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!