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SOZIALE TECHNIK 1/14

SOZIALE TECHNIK ist die einzige Zeitschrift im deutschsprachigen Raum, die über umwelt- und sozialwissenschaftliche Technikforschung berichtet. Die Themen umfassen Technologie & Politik, Umwelt & Energie, Neue Biotechnologien und Frauen & Technik. SOZIALE TECHNIK informiert seit mehr als 20 Jahren über aktuelle Themen in den Bereichen umwelt- und sozialverträgliche Technikgestaltung, Technikbewertung und Technikfolgenabschätzung.

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Neue Biotechnologien<br />

Vom Nutzen neuer Technologien der<br />

Genomforschung in der klinischen Praxis<br />

Genetische Sequenziertechnologien: Chancen für die Tumordiagnostik<br />

Die Genomforschung hat nicht nur bahnbrechende Erkenntnisse in der Wissenschaft<br />

des Lebens hervorgebracht, sondern es wurden auch Technologien<br />

von enormer Leistungsfähigkeit entwickelt. Das Potenzial dieser Entwicklungen<br />

ist noch lange nicht ausgeschöpft. Die Hoffnung, dass sie sich für die<br />

Diagnose von Krebserkrankungen nutzen lassen, ist besonders hoch.<br />

Michaela Theresia Mayrhofer<br />

ist promovierte Politikwissenschaftlerin, Soziologin<br />

und Historikerin mit Abschlüssen von den Hochschulen<br />

der Universität Wien und dem Ecole des Hautes<br />

Etudes en Sciences Sociales Paris. Mitarbeit an nationalen<br />

und internationalen Projekten mit dem Forschungsschwerpunkt<br />

Biobanken und Governance.<br />

Nach Forschungsaufenthalten in Belgien, Frankreich<br />

und der Schweiz seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

an der Medizinischen Universität Graz.<br />

E-Mail: michaela.mayrhofer@medunigraz.at<br />

Bernhard Wieser<br />

habilitierte sich an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt<br />

im Fach Technik- und Wissenschaftsforschung.<br />

Seit 1999 forscht er am IFZ mit internationaler<br />

Erfahrung aus Forschungsaufenthalten in<br />

Dänemark, USA und Großbritannien. Bernhard<br />

Wieser ist Assoziierter Professor am Institut für<br />

Technik- und Wissenschaftsforschung der Alpen-<br />

Adria-Universität Klagenfurt. Arbeitsschwerpunkte:<br />

ethische, legale und soziale Aspekte der Genomforschung<br />

und ihrer Anwendung im Bereich der genetischen<br />

Diagnostik.<br />

E-Mail: bernhard.wieser@aau.at<br />

Todesursache Krebs<br />

Krebs ist nach Herz-Kreislauferkrankungen<br />

die zweithäufigste Todesursache in Österreich<br />

und fordert jedes Jahr mehr als<br />

20.000 Todesopfer (Statistik Austria 2012).<br />

Bei Frauen kommt Brustkrebs am häufigsten<br />

vor, bei Männern Prostatakrebs. An<br />

zweiter Stelle steht bei beiden Geschlechtern<br />

das Dickdarmkarzinom. Insgesamt<br />

werden in Österreich jedes Jahr bis zu 4.600<br />

Fälle von Dickdarmkarzinomen diagnostiziert.<br />

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund<br />

wird die Dringlichkeit deutlich, mit der medizinische<br />

Forschung nach besseren Diagnose-<br />

und Therapiemöglichkeiten sucht.<br />

Gerade die Genomforschung hat hier verheißungsvolle<br />

Versprechen gemacht. Der<br />

Grund dafür liegt darin, dass Tumore aus<br />

Zellen mit mutierter DNA bestehen.<br />

Heterogene Tumore<br />

Die Krebserkrankung entsteht nach heutigem<br />

Wissen aus einer einzigen mutierten<br />

Krebsstammzelle, die sich immer wieder<br />

teilt. Ein daraus entstehender, bösartiger<br />

Tumor ist jedoch nicht notwendigerweise<br />

ein homogener Zellklumpen, sondern vielmehr<br />

ein Mosaik aus unterschiedlich hoch<br />

differenzierten Tumorzellen mit einer Vielzahl<br />

an weiteren genetische Veränderungen<br />

in den betroffenen Zellen. Aus dieser<br />

relativ neuen Erkenntnis schließen ForscherInnen,<br />

dass die Heterogenität des Tumorgewebes<br />

ein maßgeblicher Grund dafür<br />

ist, warum Therapien mitunter nicht<br />

zum gewünschten Heilungserfolg führen.<br />

Für die Behandlung von Krebserkrankungen<br />

ist es daher von größtem Interesse,<br />

mehr über die genetische Heterogenität<br />

von Tumoren herauszufinden (Anonymus,<br />

Der Standard 2012).<br />

Genau hier liegt der zentrale Ansatzpunkt<br />

eines neuen Forschungslabors am Institut<br />

für Pathologie der Medizinischen Universität<br />

Graz. In diesem Labor wird modernste<br />

Sequenziertechnik (Next-Generation-Sequenzing)<br />

1 zur Erforschung und Diagnose<br />

von Tumorheterogenität eingesetzt.<br />

Prof. Höfler, Projektleiter eines einschlägigen<br />

Forschungsprojektes, ist überzeugt,<br />

dass es die genaue Kenntnis über Homooder<br />

Heterogenität eines Tumors sowie<br />

über dessen genetische Stabilität ermöglichen<br />

kann, auf eine Chemo- oder Strahlentherapie<br />

zu verzichten – eine für viele PatientInnen<br />

mit großen Nebenwirkungen<br />

verbundene Therapie. Bislang war der Erfolg<br />

einer Chemo- oder Strahlentherapie<br />

recht ungewiss, wie Dr. Kashofer, ein weiterer<br />

Forscher des Grazer Teams, ergänzt.<br />

„Auf Basis der neuen, erwarteten Ergebnisse<br />

hoffen wir, über die Gefahr von Tochtergeschwüren,<br />

den Metastasen, bessere Voraussagen<br />

treffen zu können“, zeigt sich Prof.<br />

Höfler im Steiermark Report vorsichtig optimistisch<br />

(Fröhlich 2012). Diese neuen<br />

Perspektiven in der Diagnose von Krebserkrankungen<br />

können als Ergebnisse des Humangenomprojektes<br />

gesehen werden.<br />

Vom Humangenomprojekt zur<br />

klinischen Anwendung<br />

Innerhalb der letzten Jahre führten neue Sequenziertechnologien<br />

zu einer enormen Effizienzsteigerung<br />

der Genomsequenzierung.<br />

Dies wurde einerseits durch das Humangenomprojekt<br />

bedingt, welches eine wesentliche<br />

Katalysatorrolle in der Entwicklung der<br />

Sequenziertechnologie spielte. Zudem sanken<br />

die Kosten der Genomsequenzierung<br />

durch technischen Fortschritt um mehr als<br />

das 10.000-fache. Diese Kostenreduktion<br />

und die verbesserten Technologien ermöglichten<br />

es in der Folge, dass in der Zwischenzeit<br />

die Sequenzierung von über 60<br />

Säugetierarten abgeschlossen werden<br />

konnte (vgl. UCSC). Ebenso gelang es, auf<br />

Basis dieser technologischen Entwicklungen<br />

im HapMap-Projekt (2002-2005) einen Katalog<br />

der häufigsten Genomvariationen des<br />

Menschen innerhalb von nur drei Jahren<br />

anzulegen (Collins 2010). Die enorme Beschleunigung<br />

und Verbilligung des geneti-<br />

Soziale Technik 1/20<strong>14</strong><br />

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