SOZIALE TECHNIK 1/14
SOZIALE TECHNIK ist die einzige Zeitschrift im deutschsprachigen Raum, die über umwelt- und sozialwissenschaftliche Technikforschung berichtet. Die Themen umfassen Technologie & Politik, Umwelt & Energie, Neue Biotechnologien und Frauen & Technik. SOZIALE TECHNIK informiert seit mehr als 20 Jahren über aktuelle Themen in den Bereichen umwelt- und sozialverträgliche Technikgestaltung, Technikbewertung und Technikfolgenabschätzung.
SOZIALE TECHNIK ist die einzige Zeitschrift im deutschsprachigen Raum, die über umwelt- und sozialwissenschaftliche Technikforschung berichtet. Die Themen umfassen Technologie & Politik, Umwelt & Energie, Neue Biotechnologien und Frauen & Technik.
SOZIALE TECHNIK informiert seit mehr als 20 Jahren über aktuelle Themen in den Bereichen umwelt- und sozialverträgliche Technikgestaltung, Technikbewertung und Technikfolgenabschätzung.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Neue Biotechnologien<br />
schen Sequenzierens wird deutlich, wenn<br />
man sich das Humangenomprojekt in Erinnerung<br />
ruft: die erste Sequenzierung eines<br />
menschlichen Genoms war noch auf zehn<br />
Jahre konzipiert, wurde im Jahr 2001 abgeschlossen<br />
und kostete rund 3 Milliarden US-<br />
Dollar. Bereits 2009 konnten 20 menschliche<br />
Genome pro Tag um 50.000 US-Dollar<br />
mittels der so genannten next generation<br />
sequencing technology sequenziert werden.<br />
Experten sehen aber noch kein Ende dieser<br />
Entwicklung und schätzen die Kosten pro<br />
Genomsequenzierung durch so genanntes<br />
third generation sequencing auf weniger als<br />
1.000 US-Dollar. Kurzum, die Kombination<br />
von neuen Technologien und frei zugänglichen<br />
Datenbanken – gespeist mit hoch-qualitativen<br />
Genominformationen – hat es der<br />
Forschung ermöglicht, wesentlich rascher<br />
als bisher zu Ergebnissen zu kommen<br />
(Mayrhofer, Zatloukal 2013, 13, weiterführend<br />
dazu: Mayrhofer, Zatloukal 2010).<br />
Nicht zuletzt aufgrund der großen Innovationsschritte,<br />
die in der Sequenziertechnologie<br />
gemacht wurden, finden genetische<br />
Analyseverfahren mehr und mehr<br />
Eingang in die klinische Praxis. Große Potenziale<br />
lassen sich gegenwärtig im Bereich<br />
der Diagnostik erkennen. Insbesondere<br />
gilt das für d ie eingangs schon<br />
erwähnte Tumordiagnostik.<br />
Der Umgang mit Daten<br />
Eine wesentliche Implikation der dargestellten<br />
Entwicklungen im Bereich des genetischen<br />
Sequenzierens ist das Entstehen von<br />
enormen Datenmengen. Die so gewonnenen<br />
Daten können ohne die Verwendung<br />
von leistungsstarken Computersystemen<br />
nicht mehr prozessiert werden. Daher ist die<br />
interdisziplinäre Zusammenarbeit in der<br />
modernen genetischen Forschung unverzichtbar<br />
geworden. Die ForscherInnen der<br />
Medizinischen Universität Graz werden bei<br />
der Erforschung von Tumorheterogenität<br />
durch eine Arbeitsgruppe der Technischen<br />
Universität Graz unterstützt. Letztere entwickelt<br />
computergestützte Instrumente zur<br />
Darstellung genetischer Daten. Der Umgang<br />
mit genetischen Daten ist aber auch eine<br />
Frage für SozialwissenschaftlerInnen. ForscherInnen<br />
des IFZ sind ebenfalls in das interdisziplinäre<br />
Team des erwähnten Projekts<br />
eingebunden. Sie untersuchen, wie die<br />
neuen diagnostischen Methoden von den<br />
am Forschungsprozess beteiligten Akteursgruppen<br />
wahrgenommen und eingeschätzt<br />
werden. Von besonderem Interesse ist in<br />
diesem Zusammenhang die Perspektive von<br />
PatientInnen. Erwartet können darüber hinaus<br />
auch Veränderungen im Arzt-Patienten-Verhältnis<br />
werden. Im ärztlichen Gespräch<br />
muss erklärt werden, wie die eingesetzten<br />
Diagnose- und Therapieverfahren<br />
für den jeweiligen Patienten und die jeweilige<br />
Patientin relevant sind. Ebenso zentral<br />
ist das ärztliche Gespräch im Kontext medizinischer<br />
Forschung, denn es ist eine Voraussetzung<br />
dafür, dass medizinische Forschung<br />
auf Basis der Zustimmung von PatientInnen<br />
durchgeführt werden kann.<br />
Die Erwartungen in die moderne medizinische<br />
Forschung sind nach wie vor groß. Die<br />
Zukunft wird zeigen, ob und in welcher<br />
Form neue Sequenziertechnologien in der<br />
klinischen Praxis für die Diagnose und Behandlung<br />
von Krebserkrankungen fruchtbar<br />
gemacht werden.<br />
Anmerkung<br />
1 Moderne Sequenziermethoden erlauben<br />
es, große Teile des humanen Genoms für<br />
die klinische Diagnostik und die Forschung<br />
verfügbar zu machen, indem sie<br />
die Nukleotid-Abfolge in einem DNA-Molekül<br />
bestimmen. Es gibt heute mehrere<br />
Verfahren zum Ablesen der Sequenzinformation<br />
von einem DNA-Molekül. Die nach<br />
Friedrich Sanger entwickelten Verfahren<br />
werden als next generation sequencing bezeichnet.<br />
Literatur<br />
• Anonym: Der Heterogenität von Darmkrebs<br />
auf der Spur, in: Der Standard, 15. Juni 2012.<br />
• Collins, Francis S.: Has the revolution<br />
arrived? In: Nature 464/2010, 674-675.<br />
• Fröhlich, Kurt : Neue Chancen für Krebspatienten,<br />
in: Steiermark Report 2012.<br />
• Mayrhofer, M. Th., K. Zatloukal: Forschung<br />
an menschlichem Gewebe: Biobanken zwischen<br />
Forschungsfreiheit und Kontrolle. In:<br />
U. Körtner, Ch. Kopetzki, C. Druml (Hg.):<br />
Humanforschung aus ethischer und rechtlicher<br />
Sicht. Schriftenreihe „Ethik und Recht in<br />
der Medizin“. Wien, New York: Springer<br />
2010, S. 177-186.<br />
• Mayrhofer, Michaela Th., Kurt Zatloukal:<br />
Gewebebanken: Chancen und Risiken für die<br />
Genomforschung. In: Nova Acta Leopoldina<br />
NF 117/2013, Nr. 396, S. 1-13.<br />
• Statistik Austria 2012: Pressemitteilung<br />
10.540-116/10; http://www.statistik.at/<br />
web_de/presse/071153 [last access 22.1.20<strong>14</strong>]<br />
• UCSC, Genome Bioinformatics: Sequence<br />
and Annotation Downloads<br />
http://hgdownload.soe.ucsc.edu/down<br />
loads.html [last access 22.1.20<strong>14</strong>]. ■<br />
Bezahlte Anzeige<br />
Soziale Technik 1/20<strong>14</strong><br />
18