Qualitätssicherung im Pflegekinderwesen - Jugendwohlfahrt
Qualitätssicherung im Pflegekinderwesen - Jugendwohlfahrt
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Innere Eignungsvoraussetzungen<br />
Die nachfolgenden Kriterien bezüglich der Persönlichkeit<br />
der Werber und ihrer spezifischen Verhaltensweisen sind<br />
als Leitfragen gedacht; ihre Beurteilung erfolgt in einer<br />
Gesamtsicht. Im Sinne des Vieraugenprinzips und einer<br />
mehrprofessionellen Sichtweise wird bei jeder Überprüfung<br />
2 auch eine Expertise des Psychologischen Fachdienstes<br />
eingeholt.<br />
Motivation für die Aufnahme eines Pflegekindes<br />
• Soziales Engagement, aber kein (spontanes)<br />
Helfen-Wollen aus Mitleid<br />
• Vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema<br />
„Pflegeelternschaft“ (befristete Dauer)<br />
• Bewusstsein, dass ein Pflegekind nicht der<br />
Ersatz für ein gewünschtes leibliches Kind ist<br />
• Realistische Erwartungshaltungen hinsichtlich<br />
des Kindes und des Zusammenlebens<br />
• Keine festen Wunschvorstellungen und Erwartungen an<br />
das Kind, die es überfordern oder instrumentalisieren<br />
• Umgang mit der Möglichkeit einer Ablehnung als<br />
Pflegewerber/innen – Reaktionen<br />
Grundsätze für die psychologische Überprüfung<br />
von Pflegewerber/innen<br />
• Die beauftragten Fachexperten/innen erstellen auf<br />
Grundlage der Fragestellungen des/der Sozialarbeiters/in<br />
eine fachliche Expertise. Im Vordergrund<br />
steht der Befund und nicht Interventionsvorschläge.<br />
Die Auswahl der Methode ist abhängig von der<br />
Fragestellung des/der Sozialarbeiters/in an den/die<br />
Fachexperten/in und obliegt dessen/deren fachlicher<br />
Entscheidung.<br />
30 31<br />
Persönliche Geschichte<br />
• Eigene Kindheit, Erfahrungen, Familiensystem, um<br />
u. a. daraus Erziehungsvorstellungen und Erziehungsstile<br />
ableiten zu können<br />
• Traumatische Erlebnisse, Verarbeitung<br />
Persönlichkeit/Eigenschaften<br />
• Stabilität, Ausgeglichenheit, Zufriedenheit, positive<br />
Lebenseinstellung<br />
• Psychische Gesundheit<br />
• Psychische Belastbarkeit, Durchhaltevermögen<br />
in Stresssituationen<br />
• Konfliktlösungskompetenz, Berücksichtigung unterschiedlicher<br />
Interessen in sozialen Konfliktsituationen<br />
• Offenheit, über eigene Probleme reden können<br />
• Geistige Flexibilität, Toleranz<br />
• Reflexionsfähigkeit (z. B. bezüglich Veränderung der<br />
Familienverhältnisse, der Partnerschaft durch die<br />
Aufnahme eines Pflegekindes)<br />
• Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit, soziale<br />
Kompetenz<br />
Werthaltungen<br />
• Akzeptanz der österreichischen Rechtsnormen<br />
(gewaltfreie Erziehung, Kinderrechte ...)<br />
Erziehungsverhalten/Erziehungsfähigkeit<br />
• Elterliche Fürsorge<br />
• Feinfühligkeit; Einfühlungsvermögen; Fähigkeit,<br />
das Kind emotional gut zu versorgen, ihm Schutz,<br />
Sicherheit und Geborgenheit zu geben<br />
• Verlässlichkeit und Orientierung für das Kind<br />
• Vermittlung von Regeln und Werten<br />
• Reflexionsfähigkeit hinsichtlich des eigenen<br />
Erziehungsverhaltens<br />
• Erziehungsstil/Erziehungsvorstellungen: Umgang mit<br />
Konflikten, Strenge und Verwöhnung, eher sozialintegrativer<br />
Stil (offen, tolerant, unterstützend, das<br />
Kind in seinen Bedürfnissen ernst nehmend, liebevolle<br />
Konsequenz, Kind hat gewisses Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht<br />
usw.)<br />
• Erziehungsziele – vereinbar mit der Erziehung zur<br />
Selbstverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit<br />
• Erfahrungen <strong>im</strong> Umgang mit Kindern<br />
• Förderung des Kindes; anregende, familiäre Lebensumwelt<br />
(Spielmaterialien, Unternehmungen usw.)<br />
• die Zugehörigkeit zu Religionsgemeinschaften, die<br />
das Wohl und/oder die Entwicklung der Kinder<br />
gefährden, ist ein Grund für Nicht-Eignung (z. B.<br />
Akzeptanz der Züchtigung als Erziehungsmittel, Verweigerung<br />
best<strong>im</strong>mter medizinischer Behandlungen)<br />
Stabile Lebensverhältnisse<br />
• Fördernde Familienbeziehungen bei<br />
den Pflegewerber/innen<br />
• Stabile Partnerschaft: Dauer der Partnerschaft,<br />
gemeinsame Erfahrungen, gegenseitiger Respekt,<br />
Verständnis, Toleranz usw.<br />
• Strukturierter Tagesablauf<br />
Auseinandersetzung mit der Herkunft des Kindes<br />
• Achtung des Herkunftssystems<br />
• Offenheit, Toleranz und Akzeptanz gegenüber der<br />
Herkunft des Kindes und best<strong>im</strong>mten Problemlagen<br />
der Erziehungsberechtigten<br />
• Bereitschaft zur Förderung von Kontakten zwischen<br />
dem Kind und dem Herkunftssystem<br />
Realistische Einschätzung der eigenen Möglichkeiten<br />
und Grenzen; Bereitschaft, Hilfen in Anspruch zu<br />
nehmen<br />
Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit JW und Herkunftssystem;<br />
Gesprächs- und Kooperationsbereitschaft<br />
Fachliche Vorbereitung<br />
Praxiserfahrungen zeigen, dass eine umfassende Vorbereitung<br />
potentieller Pflegepersonen auf ihre anspruchsvolle<br />
Aufgabe eine wichtige Grundlage für das gute Gelingen<br />
von Pflegeverhältnissen ist. Zur Sicherstellung der<br />
Fachlichen Vorbereitung sind von Pflegewerber/innen<br />
themenbezogene Module <strong>im</strong> Ausmaß von insgesamt<br />
44 Einheiten zu absolvieren, die regelmäßig <strong>im</strong> Auftrag<br />
des Öffentlichen <strong>Jugendwohlfahrt</strong>strägers angeboten<br />
werden. Das Kursangebot wurde <strong>im</strong> Vergleich zu den<br />
bisherigen Regelungen etwas gestrafft und soll noch<br />
Verfahren der psychologischen Untersuchung<br />
• Vorbesprechung mit dem/der Sozialarbeiter/in und<br />
Erhalt eines Datenblattes von dem/der Sozialarbeiter/<br />
in über die Pflegewerber/innen inklusive konkreter<br />
Fragestellung bezüglich innerer Eignungsvoraussetzungen<br />
• Anzahl der Termine mit den Pflegewerber/innen:<br />
in der Regel zwei Termine<br />
• Strukturiertes Gespräch mit den Pflegewerber/<br />
innen nach einem einheitlichen Gesprächsleitfaden<br />
hinsichtlich der inneren Eignungsvoraussetzungen,<br />
inklusive Fragebogen zu Erziehungsvorstellungen und<br />
Erziehungsverhalten<br />
• Durchführung von Tests, wenn notwendig und abhängig<br />
von der Fragestellung des/der Sozialarbeiters/in;<br />
unsystematische Verhaltensbeobachtung<br />
• Schriftliche Rückmeldung an den/die Sozialarbeiter/in<br />
und Nachbesprechung<br />
stärker auf die speziellen Anforderungen der Vorbereitung<br />
auf Pflege und Erziehung <strong>im</strong> Rahmen einer Maßnahme<br />
der <strong>Jugendwohlfahrt</strong> ausgerichtet werden.<br />
Vor Umsetzung der neuen Regelungen ist noch das bestehende<br />
Konzept des Freien <strong>Jugendwohlfahrt</strong>strägers,<br />
der per Bescheid mit der Durchführung der Fachlichen<br />
Vorbereitung betraut ist, entsprechend anzupassen.<br />
Künftig sind folgende Module vorgesehen:<br />
Einheiten á 50 Min.<br />
Modul 1: Rechtliche Grundlagen – Rolle der <strong>Jugendwohlfahrt</strong> und der Helfersysteme 8<br />
Modul 2: Perspektive Kind 14<br />
Modul 3: Perspektive Pflegefamilie 12<br />
Modul 4: Perspektive Herkunftsfamilie 6<br />
Modul 5: Bilanz und Reflexion des Seminars 4<br />
Rahmenbedingungen für die Fachliche Vorbereitung<br />
• Alle Pflegewerber/innen durchlaufen unabhängig<br />
von ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung die<br />
gesamte Fachliche Vorbereitung. Ausnahmen sind<br />
nicht vorgesehen. Die Fachliche Vorbereitung muss<br />
grundsätzlich vor der Aufnahme eines Pflegekindes<br />
absolviert werden. Familien, die Kinder aus dem<br />
näheren sozialen Umfeld aufnehmen, wird die begleitende<br />
Teilnahme an der Fachlichen Vorbereitung<br />
empfohlen.<br />
• Nachdem in die Eignungsüberprüfung beide Partner<br />
eines Pflegewerber/innen-Paares einzubeziehen sind,<br />
wenn ein gemeinsamer Haushalt besteht, haben sich<br />
auch beide fachlich vorzubereiten. Die Teilnahmebestätigung<br />
ist paarweise auszustellen.<br />
• Die Absolvierung der Module dient der Fachlichen<br />
Vorbereitung der Pflegewerber/innen auf ihre Aufgabe.<br />
Anstöße zur persönlichen Weiterentwicklung sind<br />
wünschenswert, stehen jedoch nicht <strong>im</strong> Vordergrund.<br />
• Der mit der Durchführung der Fachlichen Vorbereitung<br />
Beauftragte hat die Vortragsinhalte sowie auszugebende<br />
schriftliche Unterlagen mit der Abteilung<br />
<strong>Jugendwohlfahrt</strong> abzust<strong>im</strong>men.<br />
• Aktive Pflegepersonen aus dem näheren sozialen<br />
Umfeld, die in der Folge generell als Pflegepersonen<br />
gewonnen werden können, haben die Fachliche Vorbereitung<br />
nachzuweisen.<br />
• An Fehlzeiten <strong>im</strong> Rahmen der Fachlichen Vorbereitung<br />
werden max<strong>im</strong>al vier Einheiten (insgesamt)<br />
toleriert; darüber hinaus versäumte Inhalte sind<br />
nachzuholen, bevor die Eignung positiv beurteilt<br />
werden kann.<br />
• Rückmeldungen seitens des Ausbildungsträgers über<br />
besondere Vorkommnisse oder Wahrnehmungen der<br />
Trainer/innen, die für die Beurteilung der fachlichen<br />
Eignung von besonderer Bedeutung sein können,<br />
dienen als Grundlage für ein gemeinsames Gespräch<br />
des/der zuständigen Sozialarbeiters/in mit den Pflegewerber/innen<br />
und gegebenenfalls dem/der Trainer/in.<br />
2<br />
Ausnahme bei Pflegepersonen <strong>im</strong> näheren sozialen Umfeld möglich