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Fürsorgeerziehung der 1950er und 1960er Jahre - Kinderheime in ...

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Funktion zukommt, dass sie die Rest- <strong>und</strong> Randgruppe, das Auffangbecken des<br />

Systems <strong>der</strong> Dase<strong>in</strong>sversorgung unehelicher K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> unserer Gesellschaft abgibt.“<br />

In <strong>der</strong> Studie werden Heime gefor<strong>der</strong>t, „die dem unehelichen K<strong>in</strong>de das familienhafte<br />

Daheim geben können: das bleibende Daheim, die bleibenden Menschen. Hier<br />

erhebt sich die For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>er bleibenden Heimat für das uneheliche K<strong>in</strong>d,<br />

ausgestattet mit e<strong>in</strong>em Recht des K<strong>in</strong>des auf diese se<strong>in</strong>e Heimat“.<br />

Die Zeitschrift „Unsere Jugend“ widmete Mitte 1966 den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heimerziehung<br />

hospitalisierten K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die zum großen Teil unehelich Geborene waren, e<strong>in</strong><br />

Schwerpunktheft, <strong>in</strong> dem das ganze Ausmaß <strong>der</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigungen, die diese<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> für ihr Leben mitnehmen mussten, deutlich wird. In den fünfziger <strong>Jahre</strong>n hatte<br />

bereits die Psychoanalytiker<strong>in</strong> <strong>und</strong> Psychiater<strong>in</strong> Annemarie Dührsen <strong>in</strong> ihrer<br />

empirischen Untersuchung „Heim- <strong>und</strong> Pflegek<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> ihrer Entwicklung“ auf das<br />

Schicksal dieser K<strong>in</strong><strong>der</strong> h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Das Jugendamt wurde auch <strong>in</strong> nicht ger<strong>in</strong>gem Ausmaß von Eltern <strong>und</strong> Elternteilen,<br />

an<strong>der</strong>en Verwandten des K<strong>in</strong>des <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Inhabern <strong>der</strong> elterlichen Gewalt, zum<br />

Beispiel vom Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht bestellten E<strong>in</strong>zelvormün<strong>der</strong>n. bei Erziehungso<strong>der</strong><br />

Versorgungsschwierigkeiten um die Heimunterbr<strong>in</strong>gung von<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n/Jugendlichen ersucht.<br />

Wenn das Jugendamt „Heimunterbr<strong>in</strong>gung“ für erfor<strong>der</strong>lich hielt, musste entschieden<br />

werden, auf welcher rechtlichen Gr<strong>und</strong>lage sie erfolgen sollte. Für Neugeborene,<br />

Vorschulk<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Schulk<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> ersten Klassen wurde überwiegend die<br />

kommunale Unterbr<strong>in</strong>gung gewählt, das heißt im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz bis<br />

1961 im Rahmen <strong>der</strong> Erziehungsfürsorge nach den sogenannten Reichsgr<strong>und</strong>sätzen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Reichsfürsorgepflichtvere<strong>in</strong>barung. Die Kosten dafür mussten von den<br />

Bezirksfürsorgeverbänden beziehungsweise den kommunalen Jugendämtern<br />

übernommen werden. In den „Erläuterungen zum Reichsjugendwohlfahrtsgesetz“<br />

von Muthesius (1950) heißt es:<br />

„Bevor die Jugendämter Anträge auf Fürsorgeerziehung nach § 63 RJWG stellen, ist<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e sorgfältig zu prüfen, ob das Ziel nicht im Zusammenwirken mit den<br />

Eltern, dem gesetzlichen Vertreter o<strong>der</strong> sonstigen Familienangehörigen,<br />

gegebenenfalls mit Hilfe des § 1666 BGB, durch Maßnahmen <strong>der</strong><br />

Erziehungsfürsorge erreicht werden kann. Diese Prüfung muss zum Ziel haben, die<br />

Fürsorgeerziehung auf die Fälle zu beschränken, <strong>in</strong> denen Fürsorgeerziehung nötig<br />

ist, weil wegen des Grades <strong>der</strong> Erziehungsgefährdung Maßnahmen <strong>der</strong><br />

Erziehungsfürsorge nicht ausreichen. Bei dieser Prüfung muss die Tatsache völlig<br />

ausscheiden, dass die Kosten e<strong>in</strong>er Fürsorgeerziehung überwiegend nicht von dem<br />

Bezirksfürsorgeverband, son<strong>der</strong>n von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Träger übernommen werden,<br />

während die Kosten <strong>der</strong> Erziehungsfürsorge <strong>in</strong> aller Regel den<br />

Bezirksfürsorgeverband treffen. Das Schicksal des M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen darf nicht durch<br />

Erziehungsmaßnahmen bestimmt werden, die <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie nach<br />

verwaltungsmäßigen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e kostenrechtlichen Gesichtspunkten ausgewählt<br />

s<strong>in</strong>d. Vielmehr dürfen für diese Auswahl nur die erzieherischen Notwendigkeiten des<br />

E<strong>in</strong>zelfalls entscheidend se<strong>in</strong>.“<br />

Diese Ermahnungen beziehen sich auf die vor allem bei kle<strong>in</strong>eren<br />

f<strong>in</strong>anzschwächeren Kommunen geübte Praxis, für kle<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> schon<br />

Fürsorgeerziehung beziehungsweise Freiwillige Erziehungshilfe zu beantragen, weil<br />

dann die Kosten vom Landeshaushalt übernommen werden mussten. Diese weit<br />

verbreitete Praxis wurde auch auf Fachtagungen des AFET immer wie<strong>der</strong> beklagt<br />

<strong>und</strong> kritisiert. Im Jugendwohlfahrtsgesetz von 1961 regelten die §§ 5 <strong>und</strong> 6 die<br />

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