Fürsorgeerziehung der 1950er und 1960er Jahre - Kinderheime in ...
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Erwägungen Bedenken erhoben. Wir lassen sie uns zur ernsten Prüfung dienen, s<strong>in</strong>d<br />
aber <strong>der</strong> Ansicht, dass die Betonung <strong>der</strong> ‚Würde’ <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen nicht<br />
übertrieben werden darf <strong>und</strong> Gefahren <strong>der</strong> Züchtigung sich vermeiden lassen, wenn<br />
man das Recht dazu nur dem Lehrer <strong>und</strong> dem Hausvater überträgt. Das Recht zur<br />
Züchtigung muss durch väterliche Liebe erworben werden, <strong>und</strong> die schöne Vorschrift<br />
<strong>der</strong> Württemberger Schulordnung von 1730 [!] soll uns mahnen: ‚Man umb<strong>in</strong>de die<br />
Rute mit Seufzen zu Gott!’ Der bloße physische Schmerz, den lieblose Hand zufügt,<br />
richtet Zorn an o<strong>der</strong> erzeugt knechtische Furcht.“<br />
Gewalt wird hier religiös überhöht; das göttliche Gebot <strong>der</strong> Nächstenliebe dient als<br />
unüberbietbare Legitimation gewaltsamer Erziehung.<br />
Angesichts <strong>der</strong> seit Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts ausgebildeten Strukturen <strong>der</strong><br />
Fürsorgeerziehung <strong>in</strong> Deutschland wurde mit solchen Argumentationsmustern die<br />
„Subkultur <strong>der</strong> Gewalt“ stabil erhalten. Vom Erzieher wurde erwartet, dass er sich –<br />
ohne das notwendige pädagogische Handwerkszeug, mit e<strong>in</strong>er viel zu großen<br />
Gruppe konfrontiert – mit Strenge, hartem Durchgreifen <strong>und</strong> auch körperlicher Gewalt<br />
Respekt verschaffte, die Ordnung aufrechterhielt. Der Hausvater for<strong>der</strong>te dieses<br />
Verhalten, die Leitung deckte es im E<strong>in</strong>vernehmen mit <strong>der</strong> aufsichtführenden<br />
Behörde, die religiöse Geme<strong>in</strong>schaft, <strong>der</strong> die Erzieher angehörten, verlangte<br />
Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten <strong>und</strong> legitimierte die Gewalt gegen die<br />
Zögl<strong>in</strong>ge als „liebevolle Zucht“ im S<strong>in</strong>ne „tätiger Nächstenliebe“. In Freistatt wurde<br />
nicht systematisch – etwa im S<strong>in</strong>ne Foucaultscher Sozialdiszipl<strong>in</strong>ierung – die<br />
herrschende Norm durch Gewalt <strong>in</strong> die Körper von Unterschichtjugendlichen<br />
e<strong>in</strong>geschrieben. Die Subkultur <strong>der</strong> Gewalt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freistätter Erziehungsarbeit kann<br />
aber als systemisch bezeichnet werden, <strong>in</strong> sofern, als das Zusammenspiel von<br />
„strukturellen Zwängen“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er spezifischen diakonischen Mentalität e<strong>in</strong>en<br />
Rahmen schuf, <strong>in</strong>nerhalb dessen für die Diakone, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die „jungen<br />
Brü<strong>der</strong>“, kaum e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Verhaltensoption offen blieb, als sich dem autoritären<br />
Erziehungsstil mit nahezu militärischem Drill, e<strong>in</strong>em auf Anweisung <strong>und</strong> Gehorsam<br />
gründenden Machtgefälle <strong>und</strong> drakonischen Sanktionen gegen jede Form<br />
abweichenden Verhaltens zu fügen. Jugendhilfe muss aber stets so strukturiert se<strong>in</strong>,<br />
dass sie gewalttätiges Verhalten von Mitarbeitenden nicht zulässt o<strong>der</strong> doch<br />
unterb<strong>in</strong>det.<br />
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